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New Work
TRÄUMEN. DENKEN. WOLLEN. TUN. – Die Zukunft der Arbeit nennt sich Lebenszeit

TRÄUMEN. DENKEN. WOLLEN. TUN. – Die Zukunft der Arbeit nennt sich Lebenszeit

Tina Bauer | 07.03.18

Die New Work Experience 2018 in der Hamburger Elbphilharmonie gab uns am 6. März jede Menge Impulse für unser künftiges Arbeitsleben und zeigte auf, dass starre Strukturen in der Zukunft keinen Platz mehr haben.

Wir befinden uns mitten in einer Revolution, die unser aller Leben nachhaltig verändern wird. Globalisierung und Digitalisierung führen zu einer neuen Art von Arbeitswelt, die wir begreifen und ergreifen müssen. Dabei haben starre Strukturen in Unternehmen nichts mehr verloren, Mitarbeiter müssen individuell geführt werden und Künstliche Intelligenzen übernehmen Teile unserer Arbeit. Bedeutet New Work für uns mehr Freiheit oder verschmelzen Arbeit und Freizeit untrennbar miteinander? Diesen und vielen weiteren Fragen ist die New Work Experience am 6. März in Hamburg nachgegangen.

Arbeitszeit und Freizeit sind die falschen Begriffe

Wenn der über 70-jährige Top Manager Götz Werner, Gründer und Aufsichtsratsmitglied der Drogeriekette dm und Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens, über New Work spricht, dann sollte man diesem Mann tunlichst zuhören. Der unkonventionelle Führungsstil Werners hat bereits viel Aufmerksamkeit erlangt. Statt eines autoritären Konzepts hielt er stets an Dialogischer Führung fest, die sich aus den Grundwerten Verständnis und Respekt konstituiert. Dialog vor Anweisung. Er sieht in seinen Mitarbeitern keine Personalkosten, sondern Kreativposten mit Mitarbeitereinkommen. Wenn also einer mit so einer Biographie in einer ausverkauften Elbphilharmonie vor den Besuchern steht, dann hört man ihm zu. „Wenn Sie einen Burnout wollen, dann rate ich Ihnen: Tun Sie ständig Dinge, die Sie nicht wollen“, sagt er. Wir teilen unsere Zeit in zwei Einheiten: Arbeitszeit und Freizeit, doch wäre Lebenszeit laut Werner der bessere Begriff. Sein Credo ist es, seine Lebenszeit nur mit dem zu verbringen, was er will.

Götz Werner hat dm gegründet und ist für seinen unkonventionellen Führungsstil, der auf Dialog statt Autorität beruht, bekannt. © T. Bauer | OnlineMarketing.de

Und was ist mit dem bedingungslosen Grundeinkommen? Auch hierzu hat Werner eine ansehnliche Meinung: Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen hat niemand mehr eine Ausrede nicht zu arbeiten. Warum? Weil er zu jeder Arbeit, die ihm missfällt, nein sagen kann. Es gibt keine Möglichkeit mehr in die beliebte Opferrolle zu schlüpfen. Jeder kann machen, was er will und nicht, was er wollen soll und sich einen Job suchen, den er gern ausführt – der für ihn sinnstiftend ist.

Die Führungsetagen sind gefragt

Wir bewegen uns mit angezogenem Tempo auf eine Zeit zu, die viele Möglichkeiten aber auch Risiken birgt. Eine voranschreitende Digitalisierung und die Globalisierung führen auch zu einer gesellschaftlichen Veränderung. Unsere Work-Life-Balance droht aus dem Gleichgewicht zu geraten. Droht? New Work bedeutet eben auch eine Aufweichung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit hin zu dem Begriff Lebenszeit, wo beides nicht mehr trennbar ist. Flexibles Arbeiten von Zuhause beispielsweise gibt uns viele Freiheiten. Die Mutter kann sich nachmittags um das Kind kümmern und arbeiten, wenn es schläft. Aber was wird dann aus der Life-Balance? Bedeutet ein flexibles Arbeiten nicht auch ständige Erreichbarkeit, arbeiten zu unorthodoxen Zeiten und wie gestaltet sich die Teamarbeit? Wann soll man noch abschalten und Arbeit Arbeit sein lassen? New Work bedeutet eben auch, dass jeder Mitarbeiter individuell behandelt werden muss. Jeder sollte weiterhin die Möglichkeit haben, in den Strukturen zu arbeiten, die für ihn den besten Fit haben. Wenn es für eine Mutter die beste Lösung ist zu arbeiten, wenn die Kinder im Bett sind, heißt das nicht, dass es auch für andere Mütter gut ist.

Hier müssen die Führungsetagen der Unternehmen in Aktion treten und sich der neuen Zeit anpassen. Noch immer sträuben sich viel zu viele Arbeitgeber gegen agiles Arbeiten. „Home Office? Da arbeitest du doch eh nicht!“ – wer so denkt, sollte sich schleunigst in Führungssachen weiterbilden. Mitarbeiter, die im Büro nichts tun, werden dies selbstverständlich auch im Home Office nicht. Fraglich, ob der Mitarbeiter dann der richtige für den Job ist. Anderen aber die Mündigkeit abzusprechen und zu unterstellen, zuhause läge man nur auf der faulen Haut, erscheint anmaßend, nicht?

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Ji-Hae Park lebt für ihre Musik, Freizeit und Urlaub kennt sie nicht. © T. Bauer | OnlineMarketing.de

Ji-Hae Park ist nun nicht gerade das, was man landläufig unter einer New Workerin versteht. Die begnadete Violinistin spielt auf einem mehr als 200 Jahre alten Instrument, gibt 140 Konzerte im Jahr, hat Weltruhm für ihre Virtuosität erlangt und füllt Hallen auf der ganzen Welt mit tausenden Menschen. Doch auch bei ihr sind Arbeit und Freizeit so sehr miteinander verschmolzen, dass hier ebenfalls Lebenszeit der zutreffendere Begriff wäre. Park hat ihr Leben ihrer Musik geopfert, Urlaub und Freizeit sind für sie Fremdwörter. Schaut man ihr bei ihrer Arbeit zu, sieht man wie sie sich darin verliert und in der Musik aufgeht. Was sie tut, tut sie aus vollem Herzen – und nicht, weil sie muss und das merkt und sieht man ihr an. Obwohl ihre Violine ihr Lebensinhalt ist und sie jede Minute ihrer Freizeit mit dem Üben verbringt, gab es eine Zeit, in der sie nicht spielte. Die Depression, die ihren Schleier über ihr ausbreitete lähmte sie. Sie tat Dinge, die ihr nicht gefielen, die sie jedoch tun musste. Doch hat die schlimmste Zeit ihres Lebens dabei geholfen, ihr Leben glänzender zu machen. „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“, sagte die in Deutschland geborene und in Seoul lebende Südkoreanerin vor Publikum und regte damit viele zum Nachdenken an. Heute macht sie auch ausschließlich Dinge, die sie mit Sinn erfüllen. Park erfüllt ihr Leben mit Dingen, die ihr „Blut vor Freude höher kochen lassen“. Park sieht man den Wandel an. Sie wirkt auch nach außen glücklich und ausgelassen. Was sie tut, macht sie freiwillig und sie geht darin auf. Ist das nicht unser aller übergeordnetes Ziel?

Es geht darum Erfüllung zu finden, etwas zu tun, das man tun will. Natürlich wird das auch mit New Work nicht jedem Menschen ermöglicht werden können. Aber es wird mehr Menschen ermöglicht und das ist sehr viel besser als gar nichts. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre ein Schritt in die richtige Richtung, um mehr Menschen einer Arbeit zuführen zu können, die für sie sinnstiftend ist.

„Arbeit und Gesellschaft neu denken“ – Richard David Precht, deutscher Philosoph, auf der NWX18. © T.Bauer | OnlineMarketing.de

Was wir künftig nicht mehr gebrauchen können, sind starre Unternehmensstrukturen, die jeden einzelnen Mitarbeiter in dieselbe Rolle zu pressen versuchen, dabei aber nicht bemerken, dass sie den Mitarbeitern überhaupt nicht gerecht wird. Die Menschen suchen heute schon nach dem Sinn der Arbeit. Die Mentalität ist bereits vorhanden, die Gesellschaft entwickelt sich allmählich dahin. Doch am Ende wird die Revolution sehr viel langsamer vonstattengehen, als wir bislang annehmen. Denn Demokratie ist mit Absicht langsam – eine Errungenschaft, auf die wir stolz sein können, so Philosoph Richard Precht. An der Demokratie wird es also weniger scheitern, als an Politikern, die seit 20 Jahren nichts anderes gemacht haben und abgeschliffen sind wie ein Flusskiesel.

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