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Gerichtsurteil: Urlaubstage verfallen nicht mehr automatisch

Gerichtsurteil: Urlaubstage verfallen nicht mehr automatisch

Selina Beck | 26.09.22

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Der Resturlaub von Arbeitnehmer:innen verfällt nicht mehr automatisch.

Es ist ein Urteil, das für viele Arbeitnehmer:innen ein sehr positives Signal ist: Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil verkündet, dass Urlaubstage nicht mehr automatisch nach drei Jahren verfallen. Firmen müssen ab sofort die Arbeitnehmer:innen darüber informieren, wenn ihre Urlaubstage bald verfallen.

Hinweis kann per Brief oder E-Mail erfolgen

Rechtlich gilt, dass Urlaubsansprüche nach drei Jahren verjähren. Laut des Bundesurlaubsgesetzes muss der bezahlte Urlaub in der Regel im laufenden Urlaubsjahr genommen werden. Wegen betrieblicher oder persönlicher Gründe können noch verbliebene Urlaubstage im Ausnahmefall auch bis Ende März des Folgejahres in Anspruch genommen werden. Danach verfiel der nicht genommene Urlaub.

Der Europäische Gerichtshof hat nun festgelegt, ab wann die Frist beginnt. Die Entscheidung: Sie beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die Angestellten über die Frist informiert werden. Wenn sie nicht über die Frist informiert werden, bleibt ihr Urlaubsanspruch bestehen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits 2019 festgelegt, dass der Urlaub nicht verfallen kann, wenn die Arbeitgeber:innen ihre Beschäftigten nicht darüber aufgeklärt haben, dass noch Urlaub besteht, der eventuell bald verfällt. Die Benachrichtigung darf in Briefform oder als E-Mail verfasst werden, sie muss jedoch individuell für jeden Beschäftigten mit der genauen Anzahl der Resturlaubstage und dem Verfallsdatum verfasst werden. Wie oft und wann Vorgesetzte darüber informieren müssen, wurde noch nicht entschieden.

Klage kam von Steuerfachangestellter

Die Klage kam von einer Steuerfachangestellten aus Deutschland, die bis 2017 in einer Kanzlei gearbeitet hatte, wo sie laut eigener Aussage viele Urlaubstage einige Jahre lang nicht nehmen konnte, weil es zu viel Arbeit gab. Ihre Vorgesetzten forderten sie weder dazu auf, Urlaub zu nehmen, noch erklärten sie, dass ihr nicht beantragter Urlaub verfallen könnte.

Als das Arbeitsverhältnis 2017 endete, bekam sie eine finanzielle Entschädigung für 14 nicht genommene Urlaubstage in diesem Jahr. Die Steuerfachangestellte klagte daraufhin die Abgeltung von weiteren 101 Urlaubstagen vor Gericht ein. Ihr:e Arbeitgeber:in argumentierte, dass die Urlaubsansprüche inzwischen verjährt seien.

Der Fall kam schließlich vors Bundesarbeitsgericht, das den Europäischen Gerichtshof um eine Vorentscheidung bat. Dort wurde geprüft, ob die Verjährungsfrist von drei Jahren im deutschen Recht mit dem Europarecht vereinbar ist.

Die Richter:innen entschieden, dass die Verjährungsfrist unproblematisch ist – sie kann aber erst zu dem Zeitpunkt beginnen, an dem die Unternehmen auf die Frist hingewiesen haben. Wenn die Arbeitnehmer:innen über den baldigen Verfall der Urlaubstage nicht informiert werden, bleibt der Anspruch über drei Jahre hinaus bestehen.

Die Klägerin erhält eine Nachzahlung für 76 Urlaubstage von etwa 17.400 Euro plus Zinsen.

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