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Digitalisierung
Gibt es Millennials und Gen Z gar nicht?

Gibt es Millennials und Gen Z gar nicht?

Maja Hansen | 15.11.18

Unterscheiden sich Gen Y und Z wirklich so maßgeblich von anderen jungen Generationen? Ein Soziologe untersuchte entsprechend und meint: Nein.

Die Babyboomer, die 68er, die Millennials und die Gen Z. Diesen verschiedenen Generationen werden gesellschaftlich – besonders im Hinblick auf den Arbeitsmarkt  – verschiedene Eigenschaften und Lebensvorstellungen zugeschrieben. Dabei mussten sich allerdings schon viele Generationen mit stigmatisierten Vorurteilen auseinandersetzen. So galt schon mehr als eine Generation als zu verwöhnt oder karrierefeindlich. Doch diese ganzen Generationen mit ihren spezifischen Merkmalen gebe es gar nicht, so der Soziologe Martin Schröder aus Marburg. Die F.A.Z. berichtet, dass der Wissenschaftler entsprechende Daten ausgewertet hat und keine Unterschiede zwischen verschiedenen Generationen feststellen konnte. Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst erklärt dieser:

Die beruhigende Nachricht ist: Die heute jugendlichen Menschen machen im Laufe ihres Lebens Änderungen durch wie alle anderen auch. Sie ticken wie die Jugendlichen vor 30, 40 Jahren.

„Gen Y denkt wie so ziemlich alle anderen Generationen vor ihr“

Aber warum sind Millennials und Gen Z zu solchen Buzzwords geworden? Jeder kennt die Begriffe und die damit einhergehenden Zuschreibungen. Schröder erklärt die Popularität dieser Generationsbetitelungen damit, dass ein gigantischer Markt mit Studien und Ratgeberliteratur für Arbeitgeber dahinter stehe. Der Wissenschaftler meint fortführend, dass die junge Generation bei ihren Einstellungen „viel akuter“ beobachtet werde als ältere Personen in der Gesellschaft. Wenn junge Arbeitnehmer sich eine ausgeglichene Work-Life-Balance wünschen, wird diese Forderung bewusster wahrgenommen. Er fährt fort:

Aber es könnte sein, dass das alle wollen. Es interessiert nur keinen, wenn das ein 55-Jähriger fordert.

Für seine Erhebung untersuchte der Soziologe Daten des „Sozio-ökonomischen Panels“, für das seit 1984 jährlich 10.000 bis 20.000 Deutsche befragt werden. Anhand dieser Daten kam er zu dem Ergebnis, dass die Generation Y genauso denken würde, wie alle anderen Generationen vor ihr.

Kritischer Blick: Generationszuschreibungen lesen sich wie Horoskope

Insgesamt kritisiert Schröder die Zuschreibungen für die verschiedenen Generationen. Diese seien seiner Meinung nach zu nebulös. In diesem Zusammenhang führt er soziologische Literatur an. In diesen Texten gilt die Gen Y als ausgesprochen karriereorientiert, aber gleichzeitig als Generation, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtiger sei als ein Vorankommen auf der Karriereleiter. Sie lege „viel Wert auf Emotionen“ oder wolle „Strategien der Zukunft neu definieren“. Der Soziologe mahnt: Solche Zuschreibungen lesen sich wie ein Horoskop.

Der Marburger Wissenschaftler glaubt, dass Unterschiede in den Wert- und Lebensvorstellungen nicht zwangsweise mit den Generationen einhergehen, sondern eher durch andere Faktoren bedingt sind. Dazu zählen laut Schröder:

  • Bildungsniveau
  • Geschlecht
  • Aufwachsen in Ost- oder Westdeutschland

Schröder ist der Überzeugung, dass wir alle anders sind, wenn wir uns in jungen Jahren befinden. Unsere Einstellungen würden sich auch ändern, wenn wir älter werden.

Kritik an Generationszuschreibungen gerechtfertigt?

Schröder scheint auf alle Fälle Recht zu haben, wenn er meint, dass die Literatur und Artikel rund um die Millennials und Gen Z boomen. Vor allem für Arbeitgeber lassen sich zahlreiche Guides finden, wie sich Unternehmen auf die jungen Generationen vorbereiten können. Es wird herausgearbeitet, was für die neuen Generationen einen guten Arbeitsplatz ausmacht und zusätzlich wird in den meisten Fällen hervorgehoben, dass Gen Y und Gen Z eine hohe Motivation an den Tag legen. Dennoch bleibt es schwierig so allgemeingültige Aussagen zu treffen. Denn so wie der Soziologe Schröder es auch hervorhebt, scheint Flexibilität für die jungen Generationen zwar ein ausschlaggebendes Kriterium zu sein, vielleicht ist es aber auch eher ein Faktor der heutigen Zeit und ist demnach älteren Mitarbeitern genauso wichtig wie den jungen Angestellten.

Natürlich gibt es für jede Generation prägende Erlebnisse und Entwicklungen, über die sich diese definieren lassen. Diese Einflüsse, zum Beispiel Aufwachsen mit digitalen Medien, wirken sich auf die Arbeitsweise und die Kommunikation der jeweiligen Generation aus. Und da die Digital Native-Generationen sich ihres Wissens und der Fähigkeit Technik zu handeln bewusst sind, können sie auf dem digitalen Arbeitsmarkt Ansprüche stellen. Denn im Gegensatz zu älteren Angestellten müssen sie seltener Fortbildungen machen, denn der alltägliche Gebrauch von sozialen Medien und das digitale Aufwachsen hat den jungen Generationen bereits das nötige Wissen beschert.

Dennoch bleibt es strittig, ob hohe Motivation gerade eine exklusive Zuschreibung für Gen Y ist. Denn so wie der Marbuger Wissenschaflter Schröder meint: Junge Generationen ticken weitestgehend ähnlich. So ist es nicht besonders überraschend, dass die meisten Menschen mit Anfang 20 eine hohe Motivation an den Tag legen, nach Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung streben und den Anspruch haben, etwas zu verändern. Denn so wie das Leben selbst, bleiben auch die Arbeitswelt und die Arbeitsweisen nicht konstant, sondern sind ein lebendiger, dynamischer Prozess. Und ja, dieser Prozess mag durch die gesellschaftlich gegebenen Zustände, aber auch durch die Forderungen und Innovationslust der jungen Generationen geprägt werden. Es gilt aber, die Stigmatisierung der Generationen, die Zuschreibung der Eigenschaften, zu überdenken. Denn womöglich – so hat Schröder es herausgearbeitet – stimmen die jeweiligen jungen Generationen in vielen Ansichten, Werten und Vorstellungen, die an die derzeitige gesellschaftliche Lage angepasst werden, überein.

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