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Büroalltag
Politik wird am Arbeitsplatz mehr und mehr zum Tabuthema

Politik wird am Arbeitsplatz mehr und mehr zum Tabuthema

Nadine von Piechowski | 02.06.20

Eine Studie des Unternehmens Glassdoor hat ergeben, dass fast die Hälfte der Befragten Politik am Arbeitsplatz als unangebrachtes Gesprächsthema empfindet.

Nur 30 Prozent der Berufstätigen in Deutschland sprechen regelmäßig über politische Themen bei der Arbeit. Das fand eine neue Studie des Unternehmens Glassdoor heraus. Das Markt- und Meinungsforschungsunternehmen YouGov Deutschland befragte hierfür zwischen dem 10. und 12. März 2020 1.066 Berufstätige.

Gespräche mit Kollegen: Menschen, die in Ostdeutschland leben sprechen häufiger über Politik

Einzelne Gruppen sprechen deutlich mehr über Politik bei der Arbeit als die durchschnittlichen 30 Prozent. Auch ergab die Studie, dass Männer mit 38 Prozent häufiger über politische Themen sprechen als Frauen. Hier sind es nur 21 Prozent. Auch zwischen den Parteien gibt es Unterschiede: So sind laut Glassdoor-Studie FDP-Wählende besonders mitteilungsbedürftig. 40 Prozent von ihnen sprechen regelmäßig über Politik im Arbeitsumfeld. Bei der CDU/CSU sind es nur 34 Prozent, bei der SPD 32 Prozent, bei Zugehörigen der Linken sind es 33 Prozent, bei den Grünen 25 Prozent und gerade mal 28 Prozent der AFD-Anhänger sprechen mit Arbeitskollegen über Politik. Auch regional gibt es Unterschiede: So sprechen ganze 40 Prozent der in Ostdeutschland lebenden Menschen bei der Arbeit über politische Themen. Unter den westdeutschen Berufstätigen beträgt dieser Anteil lediglich 28 Prozent. Hinzu kommt, dass das das politische Mitteilungsbedürfnis tendenziell mit dem Lebensalter zunimmt. Während von den 18-24-Jährigen nur jeder Vierte politische Themen anspricht, liegt dieser Anteil bei den 45-54-Jährigen immerhin bei 32 Prozent.

Knapp die Hälfte aller Befragten sieht Politik als Tabuthema auf der Arbeit

44 Prozent der Berufstätigen in Deutschland empfinden es als unangebracht, im Job über Politik zu sprechen. Von den weiblichen Befragten erklären sogar 54 Prozent politische Themen zum Tabu, während sich dieser Anteil bei Männern nur auf 40 Prozent beläuft. Unter Linke-Anhängern ist die Vermeidung von politischen Themen am geringsten ausgeprägt. Nur 33 Prozent von ihnen wünschen eine klare Trennung zwischen Beruf und Politik (CDU/CSU: 45 Prozent, SPD: 45 Prozent, Grüne: 46 Prozent, FDP: 44 Prozent und AFD: 45 Prozent). Insgesamt sehen 47 Prozent der Befragten keinen Anlass, im Job auf politische Gespräche zu verzichten. 

39 Prozent der deutschen Berufstätigen sind laut der Umfrage in den letzten fünf Jahren zurückhaltender geworden, was politische Themen im Arbeitsumfeld angeht. Unter AFD-Wählern ist dieser Anteil mit 55 Prozent besonders hoch. Fast die Hälfte der deutschen Berufstätigen (49 Prozent) hat ihr Kommunikationsverhalten in der Hinsicht in den letzten fünf Jahren nicht angepasst.  

Kann Politik zum Karrierekiller werden?

Nur 28 Prozent aller Befragten gehen davon aus, dass es ihre Karriere beeinträchtigen könnte, wenn sie offen über politische Themen sprechen würden. AFD-Wähler sind offenbar besonders besorgt. Von ihnen gehen im Vergleich zum Durchschnitt fast doppelt so viele (57 Prozent) davon aus, dass es ihnen schaden könnte. Bei Anhängern der FDP sind gerade mal 19 Prozent dieser Ansicht (CDU/CSU: 25 Prozent, SPD: 26 Prozent , Linke: 29 Prozent und Grüne: 22 Prozent). Ähnlich sorglos zeigt sich die Generation Z: Nur 19 Prozent der Befragten unter den 18-24-Jährigen gehen von Konsequenzen aus. Dieser Anteil klettert bei den 25-34- und 45-54-Jährigen auf 30 Prozent. Insgesamt gehen 58 Prozent der Befragten davon aus, dass sie sich ohne jegliche Nachteile im Berufsleben politisch äußern können. Allerdings halten sich 40 Prozent aller deutschen Berufstätigen mit politischen Äußerungen zurück, um es sich nicht mit der Chefin oder dem Chef zu verscherzen. 

„Gleich und gleich gesellt sich gern”: Das gilt nicht am Arbeitsplatz

46 Prozent aller Befragten sind mit dem politischen Standpunkt der Kollegen weitgehend vertraut. Während 52 Prozent der in Ostdeutschland lebenden Menschen ihre Mitarbeitenden politisch einordnen können, sind dazu nur 44 Prozent der Westdeutschen in der Lage. Entsprechend ihres höheren politischen Mitteilungsbedürfnisses im Job, kennen auch mehr Männer (54 Prozent) als Frauen (37 Prozent) die politischen Präferenzen der anderen Mitarbeitenden.

Bemerkenswert: Nur 20 Prozent der Befragten finden es wichtig, dass die Kollegen die eigene politische Einstellung teilen. Dieser Anteil ist bei den 18-24-Jährigen mit 29 Prozent besonders hoch und nimmt mit zunehmendem Alter tendenziell ab. Grüne-Wähler zeigen mit einem Anteil von 17 Prozent das geringste Interesse an einer gemeinsamen politischen Einstellung (CDU/CSU: 21 Prozent, SPD: 18 Prozent, Linke: 20 Prozent, FDP: 23 Prozent, AFD: 23 Prozent).

Fast die Hälfte für eine gesellschaftliche Positionierung des eigenen Arbeitgebers

Rund 48 Prozent der Befragten finden es wichtig, dass sich der eigene Arbeitgeber zu gesellschaftlichen Fragestellungen positioniert. Unter SPD- und CDU-Anhängern ist der Anteil dieser Gruppe mit mit 60 Prozent und 56 Prozent am höchsten. Nur rund ein Drittel der AFD-Wähler (34 Prozent) erwartet eine solche Positionierung vom eigenen Arbeitgeber. Während 54 Prozent der Männer darauf wert legen, beträgt dieser Anteil unter den weiblichen Befragten nur 41 Prozent. 

Die deutschen Berufstätigen zeigen sich ein Stück weit gespalten in der Frage, ob politische Themen an den Arbeitsplatz gehören oder nicht. Dass nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil der Befragten Nachteile bei einer politischen Meinungsäußerung befürchtet, ist die positive Nachricht. Beunruhigend ist, dass ein großer Teil der Berufstätigen in den letzten fünf Jahren vorsichtiger geworden ist, sich zu politischen Themen im Arbeitsumfeld zu äußern. Das legt den Schluss nahe, dass die aufgeheizten gesellschaftlichen Debatten der letzten Jahre auch eine Fortsetzung im Arbeitsleben gefunden haben, aber zu Gunsten des Betriebsfriedens oder der eigenen Karriere nicht ausgefochten werden,

erläutert Felix Altmann, Arbeitsmarktexperte bei Glassdoor. 

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