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Büroalltag
Der Traum vom Arbeiten am Strand: Ein Leben zwischen Mythos & Realität

Der Traum vom Arbeiten am Strand: Ein Leben zwischen Mythos & Realität

Tina Bauer | 16.06.17

Nadine lebt den Traum des ortsunabhängigen Arbeitens: Sie lebt als Deutsche auf Bali und ist dort als Freelancerin tätig. Im Interview erzählt sie uns, welche Herausforderungen dies mit sich bringt und inwieweit sich die Realität vom Wunschdenken unterscheidet.

Das ortsunabhängige Arbeiten ist für viele ein Traum, den man sich nie zuvor einfacher verwirklichen konnte als heutzutage. Die digitale Vernetzung bietet uns Möglichkeiten, mit denen wir auch vom anderen Ende der Welt mit unseren Auftraggebern kommunizieren können.

Aber welchen Herausforderungen müssen Digitale Nomaden sich stellen? Und ist dieses Leben wirklich so traumhaft und bunt, wie es in der Vorstellung der meisten existiert? Wir haben Nadine Mandrella dazu befragt, die sich nach ihrem Studium gegen einen Nine-to-Five-Job und feste Strukturen entschieden und stattdessen den Sprung ins kalte Wasser gewagt hat. Sie lebt als Freelancerin derzeit auf Bali und gibt im Interview Einblicke in ein selbstbestimmtes Leben im Paradies und damit den Traum vieler Arbeitnehmer. Auf Ihrem Blog Office Journey berichtet Nadine über ihre Erfahrungen mit dem ortsunabhängigen Arbeiten.

Interview mit Nadine Mandrella, Texterin, virtuelle Assistentin & Digitale Nomadin 

OnlineMarketing.de: Wie kamst du zu dem Entschluss, das sichere Umfeld gegen das Leben als digitale Nomadin zu tauschen?

Nadine Mandrella:  Nach dem Beenden meines Studiums habe ich verschiedene Anläufe gewagt, mich in die Nine-to-Five-Welt zu stürzen und einen „vernünftigen“ Job in einem Büro auszuüben. Mir wurde recht schnell klar, dass es mich nicht glücklich machen wird, mein Leben lang an den Träumen eines anderen zu arbeiten. Ich musste mein eigenes Ding machen. Auch die starren Strukturen und die für mich persönlich bedeutungslosen Tätigkeiten, die ich während meiner Jobs ausführte, konnten irgendwie nicht das sein, womit ich meine wertvolle Lebenszeit verbringen wollte. Hinzu kam die begrenzte Anzahl an Urlaubstagen, die es mir nicht möglich machte, meiner Leidenschaft, dem Reisen, nachzugehen und die Welt zu entdecken. Als ich nach Alternativen zu diesem konventionellen Leben suchte, stieß ich recht schnell auf das ortsunabhängige Arbeiten und die Sache war für mich klar: DAS ist es!

Ausblick auf die für Bali typischen Reisfelder in einem Co-Working-Space in Ubud.
Ausblick auf die für Bali typischen Reisfelder in einem Co-Working-Space in Ubud.

Was sind deine drei wichtigsten Tools, um ortsunabhängig arbeiten zu können?

Ich greife als Texterin und virtuelle Assistentin sehr viel auf Evernote zurück. Mit Evernote erstelle ich mir Pläne und Konzepte, sammle Ideen und strukturiere meine Arbeit. Im Grunde kann man mit Evernote seine Notizen verwalten. Daher kann man es für fast alles einsetzen. Da ich freelance, muss ich für meine Kunden natürlich meine Arbeitszeit dokumentieren. Dies tue ich mit dem Zeitmanagement-Tool Toggl. Hiermit lässt sich genau erfassen, an welcher Aufgabe ich wie lange gearbeitet habe. Ich kann tägliche, wöchentliche oder monatliche Reports erstellen, so dass deutlich wird, wie viele Stunden ich für welchen Kunden tätig war. Dies bildet die Grundlage für meine Rechnungsstellung an meine Kunden. Sind außer mir noch andere Personen in bestimmte Aufgaben involviert, nutze ich Projektmanagement-Tools wie z. B. Slack oder Wunderlist.

Wie kann sich ein digitales Team am besten organisieren?

Die Zusammenarbeit im Team funktioniert durch Projektmanagement-Tools wie z. B. Slack sehr gut. Das Tool bietet eine Plattform, um die gesamte Kommunikation und Aufgabenzuweisung übersichtlich und einfach zu organisieren. Bei komplexeren Dingen setzen wir nach Bedarf Skype-Calls an. Hierbei muss man natürlich ein wenig die unterschiedlichen Zeitzonen bedenken, in denen sich die einzelnen Teammitglieder aufhalten. Schwierigkeiten einen Termin zu finden, hatte ich mit meinen Teams jedoch bisher nie.

Wie gelingt es dir, dich auf deine Arbeit zu konzentrieren, wenn du beispielsweise am Strand sitzt?

Ganz einfach: Ich arbeite nicht am Strand. Niemand tut das. Das ist eins dieser Bilder, die Leute im Kopf haben, wenn sie an digitale Nomaden denken: Jemand der mit Laptop und einer Kokosnuss am Strand sitzt. Völliger Quatsch! Ich arbeite meistens ein paar Stunden am Tag von meiner Unterkunft oder einem Co-Working-Space aus. Die Arbeit hier ist nicht so viel anders als die in einem deutschen Büro. Nachmittags gehe ich dann oft in ein Café und arbeite dort weiter. Für manche Tätigkeiten mag ich es, wenn ich nicht völlige Ruhe um mich herum habe, sondern unter Menschen bin.

Nadine Mandrella bei der Arbeit in den Reisfeldern Ubuds auf Bali
Arbeiten im Café in den Reisfeldern von Ubud, Bali

Wie wird sich der Arbeitsmarkt hinsichtlich ortsunabhängiger Arbeit in Zukunft entwickeln?

Hier kann ich jetzt nur Mutmaßungen anstellen. Ich denke, dass es zukünftig immer mehr Leute geben wird, die eben nicht mehr jeden Morgen in dasselbe Büro gehen, um ihre Arbeit von dort zu verrichten. Ganz einfach, weil die Arbeitswelt sich stark verändert und alles immer mehr digitalisiert wird. Die Anwesenheit in einem Büro wird einfach nicht mehr notwendig sein. Jeder kann seine Arbeit genauso gut von einem anderen Ort aus verrichten. Ob nun jeder um die Welt reisen will, spielt dabei gar keine Rolle. Man kann auch im Home Office in Deutschland arbeiten. Außerdem glaube ich, dass es zukünftig immer mehr Freelancer und weniger Festangestellte geben wird, was den Trend begünstigt. Es ist ja heutzutage schon nicht mehr so, dass man als junger Mensch in ein Unternehmen kommt und dort für den Rest seines Lebens bleibt, so wie es früher einmal war. Heute kann man froh sein, wenn man nach dem Studium überhaupt einen angemessen bezahlten Job findet und sich über einen 1-Jahres-Vertrag freuen. Unternehmen wollen sich größtmögliche Flexibilität bewahren und sich daher nicht langfristig Leute ans Bein binden. Auch diese Tatsache spricht immer mehr für die Zusammenarbeit mit Freelancern.

Was würdest du Geschäftsführern und Personalchefs bezüglich des Digitalen Nomadentums gern ans Herz legen?

Ich würde ihnen raten, mit der Zeit zu gehen und nicht in ihren alten Strukturen zu verharren. Viele gute, qualifizierte, junge Leute legen heute keinen Wert mehr auf ein hohes Einkommen und einen Firmenwagen. Viel wichtiger ist diesen Menschen eine gewisse Selbstbestimmung und Entfaltungsmöglichkeit – und dazu gehört eben auch, selbst entscheiden zu können, zu welcher Tageszeit und von welchem Ort aus gearbeitet wird. Unternehmen die dies ermöglichen, werden meiner Meinung nach langfristig von dem Drive dieser Generation stark profitieren. Glückliche und engagierte Mitarbeiter leisten weit mehr, als Mitarbeiter, die morgens ins Büro gehen und dann acht Stunden auf die Uhr schauen und dabei versuchen, beschäftigt auszusehen.

Der Pool im Co-Working-Space Dojo auf Bali lädt zum Abkühlen ein.
Der Pool im Co-Working-Space Dojo auf Bali lädt zum Abkühlen ein.

Inwieweit profitierst du von dieser Art der Arbeit? Hat sie auch gravierende Nachteile?

Was ich an diesem Lifestyle liebe, ist, dass ich mein eigener Chef bin. Auch wenn ich als Freelancer für Kunden arbeite, habe ich eine sehr große Entscheidungskompetenz und ich muss mir nicht vorschreiben lassen, wie ich wann zu arbeiten habe. Ich suche mir selbst aus, mit welchem Kunden ich zusammenarbeiten möchte und mit welchem nicht. Ich entscheide selbst, wann ich arbeite. Es gibt Tage, da arbeite ich morgens ein paar Stunden, treffe mich dann nachmittags mit Freunden, mache einen Ausflug, gehe Surfen oder tue irgendetwas anderes und setze mich dann abends nochmal an den Laptop. Oder ich unternehme morgens etwas und fange erst am späten Nachmittag an zu arbeiten. Ich teile mir meinen Tag einfach völlig frei ein.

Natürlich ist nicht alles nur Zuckerschlecken und es gibt auch Nachteile. Ich finde jedoch, dass man jeden Nachteil auch positiv sehen kann. Man muss z. B. kontinuierlich Kundenakquise betreiben, wenn man als Freelancer tätig ist – zumindest würde ich das empfehlen. Dies kann man nun negativ sehen und sich darüber beschweren. Ich sehe es eigentlich eher positiv, da sich so natürlich auch immer wieder neue Türen öffnen, von deren Existenz ich sonst nicht mal gewusst hätte. Alles eine Frage der Betrachtungsweise.

Kannst du jedem diesen Schritt empfehlen? Welche Persönlichkeiten eignen sich für so etwas?

Diese Art der Arbeit ist natürlich nicht für jeden etwas. Man muss schon ein verantwortungsbewusster und strukturierter Mensch sein. Ansonsten wird es einem sehr schwer fallen, sich selbst zu motivieren und seinen Arbeitsalltag zu strukturieren. Da ist eben keiner mehr, der dir sagt, wann du was zu tun hast. Damit können einige Menschen nicht umgehen, da sie genau diese vorgegebenen Strukturen brauchen. Außerdem würde ich sagen, dass man eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen muss. Man ist eben selbstständig mit allen Vor- und Nachteilen. Es wird vielleicht Zeiten geben, in denen die Auftragslage nicht besonders gut ist, wenn man als Freelancer arbeitet. Man muss im Grunde ständig Kundenakquise betreiben, um nicht irgendwann ohne Aufträge dazustehen. Wenn man sein eigenes Unternehmen führt, muss man außerdem natürlich unternehmerisches Denken mitbringen. Auch hierzu ist nicht jeder Mensch geboren.

Welche Tipps würdest du Leuten geben, die auch ins Digitale Nomadentum durchstarten wollen?

Überlegt euch vorher, ob ihr für eine solche Tätigkeit gemacht seid. Könnt ihr euch selbstständig motivieren am Laptop zu sitzen, obwohl um euch herum viele Leute Urlaub machen? Seid ihr in der Lage, euren Arbeitsalltag selbst zu strukturieren? Seid ihr bereit, ein stückweit das uns jahrelang antrainierte Sicherheitsdenken abzulegen und oft auch Risiken einzugehen, ohne dass ihr nachts nicht mehr schlafen könnt, weil ihr nicht wisst, wo ihr in einem halben Jahr stehen werdet?

All diese Fragen sollte man sich vorab stellen. Vielleicht kann man auch einen Testmonat einlegen und diesen Lifestyle für einen begrenzten Zeitraum einfach mal ausprobieren, ohne sich endgültig entschieden zu haben und vielleicht in Deutschland Haus und Hof zu verkaufen.

Nadine Mandrella fürhrt als Freelancerin und Digitale Nomaden ein selbstbestimmtes Leben.
Nadine Mandrella fürhrt als Freelancerin und Digitale Nomaden ein selbstbestimmtes Leben.

Wenn ihr – so wie ich – freelancen wollt, überlegt euch, welche Dienstleistungen ihr anbieten könnt. Was könnt ihr gut und was macht euch im besten Fall auch noch Spaß? Sind Leute bereit euch dafür zu bezahlen? Wie könnt ihr erste Kunden gewinnen? Diese grundsätzlichen Überlegungen solltet ihr anstellen, bevor ihr alles hinter euch lasst und in ein „neues Leben“ aufbrecht. Außerdem kann ich jedem empfehlen, einen gewissen finanziellen Puffer parat zu haben. Ich bin z. B. erst nach Südostasien aufgebrochen, als ich finanzielle Rücklagen hatte, von denen ich mindestens sechs Monate in günstigen Ländern hätte leben können. Das nimmt einem enorm den Druck von den Schultern, sofort Geld verdienen zu müssen.

Außerdem möchte ich eins noch klarstellen: Mich kontaktieren immer wieder Leute, die völlig angefixt sind von der Idee, ortsunabhängig arbeiten zu wollen – allerdings einzig und allein aus dem Grund, weil sie vorrangig reisen wollen. Wer einfach nur reisen will, soll Geld sparen und reisen gehen, aber das mit dem Arbeiten vergessen. Reisen und arbeiten gleichzeitig funktioniert nicht. Man kann einfach nicht produktiv sein, wenn man alle drei Tage seinen Ort wechselt. Unterwegs zu arbeiten funktioniert meiner Meinung nach nur, wenn man mindestens zwei Wochen an einem Ort ist. Am Flughafen oder in der Bahn sitzend kann man vielleicht Kleinigkeiten schaffen, aber wirkliche Kundenaufträge wird man so nicht erledigt bekommen. Ich würde also allen Leuten, die mal so für ein Jahr planen „digitaler Nomade“ zu sein und sich die Welt anzuschauen, absolut davon abraten. Nur wenn du es ernst meinst und es dein vorderstes Ziel ist, diesen Lifestyle für dich zu etablieren und selbstbestimmt arbeiten zu können, solltest du es angehen. Reisen sollte nicht dein erster Beweggrund sein. Bei mir hat es sich z. B. so entwickelt, dass ich immer mindestens drei Monate am selben Ort war. Mir geht es nicht darum zu reisen, sondern an Orten wirklich zu leben, in die Kultur einzutauchen, Kontakt zu Einheimischen zu bekommen und dort einen gewissen Alltag zu haben. So bin ich am produktivsten und profitiere einfach am meisten davon.

Vielen Dank für das Interview!

Folgt Nadine auf Instagram und verfolgt ihr Leben als Digitale Nomadin auf Bali:

@Officejourney

Kommentare aus der Community

Thomas am 07.02.2017 um 11:34 Uhr

Hallo,

interessanter Artikel, aber in einem Punkt muss ich widersprechen:
„immer mehr Freelancer und weniger Festangestellte geben wird, was den Trend begünstigt.“

Ich arbeite in einem grossen Technologie-Konzernt und bei uns ist gerade die gegenteilige Richtung eingeschlagen worden: weniger Freelancer zu beschäftigen ( Ziel ist in einigen Bereich 0 % ). Man hab nämlich erkannt, das festangestellte Mitarbeiten besser und auf Dauer günstiger sind. Freelancer sind immer nur Projektbezogen auf Zeitbasis beschäftig, ist das Zeitkondigent aufgebraucht, sind die weg und das ganze KnowHow von denen auch.

Als Angesteller kann ich den Trend nur begrüssen und wenn ich sehe, wie knallhart der Markt bei Freelancer in unsere Branchen mittlerweile geworden ist, kann ich da auch gut drauf verzichten, mich da selber in das Haifischbecken reinzustürzen.
Dann bleibe ich doch lieber im Angestelltenverhältniss, bekomme am 1. meine planbares-festes Gehalt aufs Konto überwiesen und kann trotzdem noch 50% meiner Arbeitszeit z.b. im HomeOffice erledigen. Dank Gleitzeit auch zu mehr oder weniger frei bestimmbaren Zeit, wobei ich es aber vorziehen, den späten Nachmittag / Abend nicht zu arbeiten, sondern lieber morgens früh anfange.

Zudem machen wir täglich die Erfahrung, das die Zusammenarbeit im Team besser funktioniert, wenn alle an einem Ort verfügbar sind und nicht zuhause oder sonstwo arbeiten.

Kleines Beispiel noch von einem Unternehmen hier in Düsseldorf: Die arbeiten nach modernen Arbeitsmethoden, lehnen es aber komplett ab, das ihre Mitarbeiter ausserhalb des Büros arbeiten und die beschäftigen auch keine Freelancer ( ausser wenn die sich Trainer ins Haus holen ).

Antworten
Felix am 06.02.2017 um 12:00 Uhr

Also ich arbeite gern am Strand. Allerdings im Schatten. Sonst blendet die sonne auf dem Bildschirm. Kann doch jeder machen wie er / sie mag :)

@onlinemarketing: das kommentierten hier per Smartphone ist schwer. Durch das sticky Menü sieht man den text gar nicht und schreibt blind

Antworten
Nadine Mandrella am 07.02.2017 um 05:18 Uhr

Hey Felix, jeder hat andere Vorlieben. :) Ich habe auch schon mal in einer Strandbar gearbeitet. Ab und zu ist das eine ganz nette Abwechslung. Ich wollte damit eher sagen, dass wohl niemand sein Büro dauerhaft am Strand aufschlagen wird. ;) Liebe Grüße, Nadine

Antworten
Anton Priebe am 06.02.2017 um 12:06 Uhr

Hi Felix,

danke für den Hinweis! Normalerweise solltest du beim Tippen trotzdem noch so scrollen können, dass der Text lesbar ist. Wir prüfen das :-)

Grüße
Anton

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