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Digitalpolitik
Von Rassismus bis Verschwörungstheorie: Bing liefert unangemessene Suchergebnisse
Die Suche über Bing, Screenshot YouTube, © Bing

Von Rassismus bis Verschwörungstheorie: Bing liefert unangemessene Suchergebnisse

Niklas Lewanczik | 12.10.18

Microsoft reagiert und überarbeitet die Suchergebnisse bei Bing, die einer Analyse zufolge auf verstörende Weise unangemessen sein können.

Wer bei Bing eine Suche startet, muss ich schlimmsten Fall mit mindestens fragwürdigen Suchergebnissen rechnen. Denn bei mancher Suchanfrage wurden zuletzt teils rassistische, teils mehr als unangebrachte Ergebnisse präsentiert. Inzwischen hat Microsoft auf diesen Misstand reagiert; muss die Probleme aber ernsthaft beheben.

Unwürdige Meinungsmache darf nicht bei der Suchmaschine beginnen

Eines der Probleme des Internets ist, dass durch die bodenlose Meinungsvielfalt auch Verschwörungstheorien und Fehlinformationen, schlimmer aber, Rassismus, Misogynie, Hetze, politische Stimmungsmache und Schlimmeres grassieren. Solche Momente dürfen durch gesellschaftsrelevante Schnittstellen wie Suchmaschinen aber keinesfalls unterstützt werden; wenn sie auch einen möglichst mehrdimensionalen Ausschnitt der Realität abbilden sollen.

Bei Microsofts Suchmaschine Bing wurde jedoch festgestellt, dass eine Reihe von Suchanfragen zu fragwürdigen, ja geradezu beschämenden Vorschlägen führte. Chris Hoffman hatte das auf dem Blog How-to-Geek dargestellt. Er stellt klar, dass Bing nicht zu Dingen leiten sollte, die zwar im Web existieren, allerdings unangebracht und gefährlich sind. Gemeint sind irrationale Verschwörungstheorien, rassistische Andeutungen oder das Zurschaustellung beziehungsweise Hervorheben unsittlicher Inhalte. Hoffman suchte über Bing nach dem Begriff Jews (also Juden). Bing Bilder suggerierte, er könnte nach Evil Jews (bösen Juden gesucht haben. Außerdem wurde ihm direkt ein Meme angezeigt, dass den Tod von Juden vermeintlich glorifiziert (hier ist die Perspektive jedoch nicht zweifelsfrei ohne den Kontext zu klären).

Fragwürdige Suchergebnisse bei Bing Bilder und der Suchanfrage nach Jews, Quelle: Chris Hoffman

Ähnlich verstörende Ergebnisse zeigten sich dem Journalisten, wenn er nach Muslims (Muslimen) oder Black People suchte. Die Erfahrung ist auch jetzt noch – nachdem Microsoft Informationen der BBC zufolge bereits Schritte unternommen hat – nachvollziehbar. Wird bei Bing in der Suchleiste nur „Muslime sind“ eingegeben, schlägt das System Anfragen wie „Muslime sind die neuen Juden“, „Muslime sind Dreck“, „Muslime sind die Feinde Europas“ oder „Muslime sind eine Gefahr“ vor.

Unzumutbare Vorschläge der Suchmaschine Bing (mit einem Klick aufs Bild gelangt ihr zur größeren Ansicht), Screenshot Bing

Diese Vorschläge sind gelinde gesagt verantwortungslos, sie sind unzumutbar und sie zeigen eine engstirnige und verächtliche Tendenz, die eine Wurzel gesellschaftlicher Zerrüttung ist. Bei einer ähnlichen Suche nach Juden ist das Bild ähnlich schlimm.

Schlimme Vorschläge der Suchmaschine Bing zu Juden, (mit einem Klick aufs Bild gelangt ihr zur größeren Ansicht), Screenshot Bing

Bei Google etwa tauchen für die gleichen Suchanfragen keine derartigen Vorschläge auf.

Das Problem bei Bing greift tiefer

Wie Hoffman außerdem erkannt hat, sind Verschwörungstheorien bei der Bingsuche sehr prominent platziert. Bei Bing Videos waren solche weite vorn platziert, die zu beweisen vorgaben, dass Michelle Obama eigentlich ein Mann sei.

Verschwörungsvideos zu Michelle Obama bei Bing, Quelle: Chris Hoffman

Dieses Ergebnis konnten wir nicht rekonstruieren; womöglich hat Microsoft hier auch schon einige Arbeit geleistet. Ein weiteres Problem stellt die Safe Search-Funktion dar, die per Voreinstellung auf Mittel eingestellt ist, die sich aber mit einem Klick ausstellen lässt. Dann sind selbst bei kleinen Rechtschreibfehlern schnell pornographische Inhalte in den Suchergebnissen zu finden.

Schlimmer ist allerdings, dass Usern mitunter bei dem Schreibfehler „Gril“ statt „Grill“ in den USA dargestellt wurde, sie hätten nach minderjährigen Mädchen gesucht. Vorschläge wie „Cute Young Girl 16“,  „Cute Young Girl 12“ oder  „Cute Young Girl 10“ waren die Folge. Eine Irreführung, die zugleich verwerflich anmutet.

Eine Menge Ergebnisse bei Bing sind in den SERPs, zumindest aber bei den Vorschlägen, sehr merkwürdig und zum Teil gar unverantwortlich. Als Suchmaschine muss Bing sich der Verantwortung bewusst sein, dass User hierüber Informationen einfordern. Diese dürfen nicht durch Vorurteile geprägt werden. Und sie sollten nicht offensichtlich pornographische oder unsittliche Züge tragen; solange nicht explizit danach gesucht wird. Microsoft muss sich der strengeren Kontrolle Bings also annehmen – und tut dies auch.

We take matters of offensive content very seriously and continue to enhance our systems to identify and prevent such content from appearing as a suggested search. As soon as we become aware of an issue, we take action to address it,

meint Senior Director Jeff Jones. Nach Angaben der BBC scheinen einige der fragwürdigen Ergebnisse bereits angepasst, das heißt entfernt worden zu sein. Auch wenn Bing in Deutschland nur knapp 10 Prozent (mobil nur 0,3 Prozent) Marktanteil genießt, muss den rassistischen und verächtlichen Tendenzen ein Riegel vorgeschoben werden. Außerdem wären bessere Sicherungssysteme für stark pornographische Anspielungen und Inhalte sicher ebenfalls sinnvoll. Nur so kann eine Suchmaschine ihrem eigenen Anspruch und ihrer damit verbundenen gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. So ist zu hoffen, dass Microsoft die punktuellen Probleme gänzlich ausräumen kann; und langfristig für eine stärkere Integrität von Bing eintritt.

Kommentare aus der Community

Freddy am 12.10.2018 um 21:51 Uhr

Wer hat denn nun die Befähigung zur Festlegeung der Zensurvorgaben?
Gibt es da bald klare saubere unvoreingenommene Richtlinien? Sonst zesensiert jeder wie er will.

Antworten
Niklas Lewanczik am 15.10.2018 um 08:12 Uhr

Hallo Freddy,

hier muss sich Microsoft in der Verantwortung sehen. Du hast recht, bei zu diversen Richtlinien könnte die Ausblendung bestimmter Vorschläge willkürlich herrschen. Aber einige Dinge sind schlichtweg zu unterbinden. Dazu gehören Rassismus oder Fehlinformationen. In den Richtlinien für die Bing Ads finden sich beispielsweise Ansätze, die auch für die Suchmaschinenergebnisse gelten sollten:

„Diffamierende, verleumderische, beleidigende oder furchteinflößende Inhalte

Werbung ist dann nicht zulässig, wenn die Anzeigen, Keywords oder Websites rassische oder religiöse Beiwörter beinhalten, physische Gewalt gegen Personen oder Beschädigungen von deren Eigentum befürworten, gegen andere Personen, Unternehmen (und/oder deren Erzeugnisse) oder Gruppen Stellung beziehen, oder wenn sie Behauptungen enthalten, die unzweifelhaft falsch sind.“

Auch gegen Hassreden positioniert man sich in diesen Richtlinien. Ein Unternehmen, dass eine wichtige Suchmaschine wie Bing betreibt, muss sich dieser Aufgabe und Verantwortung stellen; aber eben genauso der Reflexion über die Einordnung der Richtlinien.

Beste Grüße

Antworten
Freddy am 15.10.2018 um 12:08 Uhr

Hallo! Die von Dir genannten Begriffe sind „politisch“ auslegbar und bedeuten für jeden etwas anderes. Eine ethische Anwendung ist nicht garantiert. Für mich unkontrollierte Zensur, die wie bei Facebook gelegentlich zu absurden Ergebnissen führen kann.

Grüsse

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Niklas Lewanczik am 16.10.2018 um 07:48 Uhr

Hallo Freddy,

da benennst du ein wichtiges Problem. Klar ist mancher Begriff nicht eindeutig definiert. Und tatsächlich kann das Reduzieren von Vorschlägen etc. auch zum Verlust von Vielfältigkeit führen. Aber das ist meiner Ansicht nach keine Legitimation, um jegliche Inhalte oder Vorschläge darzustellen, vor allem ohne entsprechende Kontextualisierung.
Und wenn du dir die Vorschläge anschaust, die bei Bing nach der Eingabe von Phrasen wie „Juden sind“ oder „Muslime sind“ auftauchen, dann findest du darin keine Vielfalt von Vorschlägen, sondern eine gefährliche Tendenz zur Ausgrenzung und sogar zum Hass. Solche Ergebnisse zu ändern geht über eine einfache Auslegung hinaus und ist in einem demokratischen Kontext notwendig und indiskutabel.
Hier hat jedes Unternehmen eine schwere Aufgabe, aber genauso die Verantwortung; und man kann sich an den eigenen Unternehmenswerten orientieren, die bei den Werberichtlinien für Bing zum Beispiel definiert sind. Dann ist es auch nicht willkürlich.

Beste Grüße

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