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Mit barrierefreien Videos alle Zielgruppen erreichen
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Mit barrierefreien Videos alle Zielgruppen erreichen

Ein Gastbeitrag von Jürgen Telkmann | 11.08.22

Ab 2025 gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Doch für Unternehmen lohnt es sich bereits jetzt, auf barrierefreien Content zu setzen – auch bei Videoinhalten.

Indem du deinen Bewegtbild-Content barrierefrei zugänglich machst, stellen Marken-Verantwortliche sicher, dass ihre Inhalte und Botschaften bei allen ankommen. Denn eigentlich kann es sich heute keine Marke mehr leisten, bestimmte Zielgruppen per se aus der Kommunikation auszuschließen. Schätzungsweise 30 Prozent der Menschen sind in irgendeiner Form mehr oder weniger auf barrierefreie Webinhalte angewiesen.

Zunächst denkt man dabei an Seh- oder Hörgeschädigte, doch die Zielgruppe für ein barrierefreies Netz schließt weitaus mehr Nutzer:innen ein. Dazu zählen unter anderem Nicht-Muttersprachler:innen und Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Konzentrationsproblemen. Führt man sich dies vor Augen, überrascht es umso mehr, dass nur die wenigsten Webseiten als barrierefrei gelten. Und dabei kann man durch Barrierefreiheit fast ein Drittel mehr Menschen erreichen. Spätestens das sollte Marken-Verantwortlichen doch aufrütteln!

Es tut sich etwas

Barrierefreiheit heißt letzten Endes nichts anderes als das höchste Maß an User Centricity. Oder anders gesagt: Erst, wer seine Inhalte für alle potenziellen Interessent:innen aufbereitet, schöpft seine Zielgruppen zu 100 Prozent aus.

Dass sich in Sachen Barrierefreiheit – speziell bei Bewegtbild – in den letzten Jahren doch etwas tut, lässt sich vereinzelt beobachten, zum Beispiel in der Gaming-Industrie. Die großen Player der Branche haben das immense Potenzial von über sieben Millionen behinderten Gamern alleine in Deutschland erkannt. Sie setzen auf inklusive Teams und Zusammenarbeit mit betroffenen Menschen. Andere positive Beispiele sind Nachrichten in leichter Sprache. Das ZDF, die ARD und andere öffentlich-rechtliche Sendeanstalten setzen dabei bereits auf KI, um entsprechende Tonspuren für möglichst viele Inhalte bereitstellen zu können.

Barrieren einreißen

Wenn es um Online-Videos geht, gibt es hinsichtlich der Barrierefreiheit einige Punkte zu beachten, denn mit einer technisch barrierefreien Implementierung – zum Beispiel auf der Website oder auf einer Social Media Plattform wie YouTube – ist es längst nicht getan. Besonders bei Videos setzt die Inklusion beeinträchtigter Zielgruppen schon in der Konzeptionsphase ein: Gibt es Informationen, die ausschließlich über die Tonspur oder visuell vermittelt werden? Wird leichte Sprache verwendet? Gibt es ausreichend Pausen für Audiodeskription und genügend Platz für Gebärdensprache?

5 Standards für Barrierefreiheit bei Online-Videos

Die folgenden fünf Punkte entlang der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), den Standards für Barrierefreiheit des World Wide Web Consortium (W3C), werfen einen genaueren Blick auf die Fallstricke, die es bei Online-Videos zu beachten gibt:

1. Ein durchdachtes Drehbuch verfassen: Wer bei dem Thema Barrierefreiheit von Anfang an mitdenkt, hat es später leichter. So sind Audiodeskriptionen beispielsweise gar nicht erst notwendig, wenn wichtige Informationen von vornherein im Skript vorgesehen sind. Ist das nicht möglich, erlauben es gut platzierte Pausen, gesprochene Informationen später zu ergänzen. Auch den entsprechenden Platz auf dem Screen für die:den Gebärdensprach-Dolmetscher:in gilt es einzuplanen. Bei der Textkonzeption ist idealerweise auf leichte Sprache zu achten.

2. Das Video richtig einbetten: Das Video muss für Screenreader als solches erkennbar sein. Während man auf Video-Platformen wie Youtube oder Vimeo wenig Einfluss auf die barrierefreie Einbettung hat, so gibt es beim Einbinden von Videos auf der eigenen Website ein paar Punkte zu beachten. Eine Überschrift oder Alternativtexte machen das Video identifizierbar. Für den Player gilt: Fokus, Schaltflächen und Bedienelemente sind gut sichtbar und kontrastreich zu gestalten. Untertitel, Audiodeskriptionen und die Steuerung via Tastatur gehören dabei zu den Standards.

3. Text und Bild ergänzen: Empfehlenswert sind erweiterte Untertitel, die zusätzlich zur Wiedergabe der Sprache auch Geräusche beschreiben. Player, die dynamische Untertitelung anbieten, benötigen eine zeitgesteuerte Textdatei. Oft ist es auch möglich, die Texte den verschiedenen Protagonist:innen im Video zuzuordnen, etwa durch unterschiedliche Farben oder Positionen. YouTube erstellt praktischerweise automatisch generierte Untertitel, die jedoch in jedem Fall zu überprüfen und anzupassen sind. Werden Informationen in Gebärdensprache angeboten, sollten diese auch als separate Datei verfügbar sein.

4. Audio ergänzen: Audiodeskriptionen beschreiben, was im Bild zu sehen ist. Die Informationen werden im Originalton des Videos ergänzt. Die technische Einbindung ist noch verbesserungswürdig, das W3C empfiehlt das HTML 5 „<track>-Element“.

5. Über den Tellerrand schauen: In den sozialen Medien diktieren die jeweiligen Plattformen die Barrierefreiheitsbedingungen. So bietet etwa Instagram Alternativtexte an, zeigt aber nicht, ob diese hinterlegt wurden. Ein „!B“ in der Caption weist darauf hin. Um auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt es sich, zusätzlich den Alternativtext in die Caption oder die Kommentare aufzunehmen. Untertitel sind bei Social-Media-Videos mittlerweile Standard. Wichtig ist hier die Qualität (ausreichend lang sichtbar, kurz und prägnant aber informativ und verständlich, farblich vom Hintergrund abgesetzt). Screenreader lesen Untertitel nicht vor, Menschen mit Sehbeeinträchtigung brauchen also ergänzenden Ton. Auch Hashtags können barrierefrei gestaltet werden, indem jedes Wort am Anfang groß geschrieben wird, sodass Bildschirmleseprogramme diese einzeln erkennen.

Mit kleinen Schritten zum Ziel

Viele Unternehmen engagieren sich bereits in Sachen Barrierefreiheit oder planen, es in naher Zukunft zu tun. Oft verhindern jedoch Unwissenheit oder zu hohe Ansprüche – etwa in Sachen Zertifizierung –, dass Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Vor dem Hintergrund, dass die WCAG in der sogenannten AAA-Kategorie (sehr gute Zugänglichkeit und damit die höchste Barrierefreiheitsstufe) die Umsetzung umfangreicher Accessibility-Kriterien erfordert, verwundert das zögerliche Handeln der Unternehmen weniger. Die Kategorie A hingegen definiert das Mindestmaß an Kriterien für einen barrierefreien Zugang. Wer sich dieses als Ziel steckt, macht sich auf einen gangbaren Weg und hilft dennoch enorm vielen Menschen – und außerdem der eigenen Marke.

Barrierefreiheit ist heute erfolgskritisch! Denn rund die Hälfte der Nutzer:innen tendieren dazu, entweder nicht zu kaufen oder einen anderen Anbieter zu suchen, wenn sie aufgrund von Barrieren einen Online-Kauf nicht abwickeln können. Darüber hinaus ist eine Sicht auf die Welt und die eigene Organisation, die alle Menschen berücksichtigt, in jeder Hinsicht gewinnbringend.

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