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BeReal oder BeFake? So authentisch ist BeReal wirklich
© BeReal Logo, Kerkez via Canva

BeReal oder BeFake? So authentisch ist BeReal wirklich

Caroline Immer | 24.11.22

„Your Friends for Real“: Mit diesem Slogan wirbt BeReal für die App, die anders sein soll als Instagram und Co. Doch wie authentisch sind die Posts auf BeReal wirklich? Anomalien wie BeFake oder BeLate führen die Authentizität auch bei BeReal ad absurdum.

Pure Authentizität – das ist, so angenommen, die Strategie von Gen Zs neuer Trend App, mit der BeReal aktuell Millionen von Nutzer:innen anlockt. Einmal täglich werden die User dazu aufgefordert, einen ungefilterten Schnappschuss aus ihrem Leben zu posten. Die Prämisse: Da der Zeitpunkt, zu dem die Benachrichtigung kommt, jeden Tag variiert, sollen die geposteten Bilder so authentisch wie möglich sein. Ob man gerade mit Freund:innen unterwegs ist, sich auf einem Konzert befindet oder einfach nur im Bett liegt, spielt keine Rolle – eigentlich. Denn in der Realität kann der Schein auf BeReal genauso trügen wie auf Instagram, TikTok und Co. Wir haben uns die Trend App genauer angeschaut.

BeLate? Kein Problem auf BeReal

Mit dem Klick auf die tägliche BeReal-Benachrichtigung bleiben den Usern genau zwei Minuten Zeit, um sowohl ein Bild ihrer Umgebung als auch ihres Gesichts aufzunehmen. Wer die App nutzt, weiß jedoch: Innerhalb dieser 120 Sekunden können beide Bilder beliebig oft gelöscht und neu aufgenommen werden. Wem also der eigene Gesichtsausdruck missfällt, der:die kann diesen ohne Probleme im nächsten Take anpassen – genauso wie den Fokuspunkt des Bildes, welches mit der Rückkamera aufgenommen wird. Damit nicht genug: Nicht direkt auf die Benachrichtigung zu klicken, ist bei BeReal kein Problem – User können ihre Posts auch zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt aufnehmen. Diese werden dann mit dem Wort „Late“ gekennzeichnet.

Das Bedürfnis vieler BeReal User, an manchen Tagen lieber zu einem späteren Zeitpunkt zu posten, ist verständlich. Schließlich kann es frustrierend sein, wenn die App mehrere Tage in Folge genau dann einen Post sehen will, wenn man gerade nichts Interessantes zu zeigen hat – der Rest des Tages jedoch möglicherweise mit verschiedenen Aktivitäten gefüllt ist. Darüber hinaus ist es vielen Menschen schlicht gar nicht möglich, zum Zeitpunkt der Benachrichtigung immer direkt das Handy in die Hand zu nehmen. Wer den Post nachholt, tut dies dann oft lieber in einem ästhetisch ansprechenden Moment.

Durch die Late-Funktion nähert sich BeReal anderen Social Apps an. Allerdings: Auf die Idee, einen „langweiligen“ Moment auf Instagram zu posten, würden nicht viele Nutzer:innen kommen – wer hingegen BeReal so nutzt, wie die App angedacht ist (und das tun nicht wenige User), kann einen erfrischend authentischen Einblick in das eigene Leben gewähren. Ein weiterer Vorteil in Sachen Authentizität: Seit kurzem ist es Usern nicht mehr möglich, das eigene Gesicht bei der Selfie-Aufnahme zu sehen. Wer unzufrieden mit dem Ergebnis ist, kann dieses jedoch nach wie vor löschen und ein neues Bild aufnehmen.

BeFake-Trend auf TikTok und Co.: Lustig oder problematisch?

Das eigene Leben bestmöglich in Szene setzen: Während viele BeReal User diesem Bedürfnis mit der Late-Funktion nachkommen, treiben es einige Nutzer:innen noch weiter. Statt „BeReal“ möchten sie „BeFake“ sein und zeigen auf Social Media mit einem Augenzwinkern ihre Tricks, um ihr Leben interessanter darzustellen, als es ist. Mittlerweile gibt es hierfür sogar eine eigene App:

@briclv the hack to getting cute “BeReals” #bereal #befake #instagramhack #instagramtips ♬ original sound – Ian Asher

Manche Nutzer:innen zeigen ihre Kreativität, indem sie statt von ihrer echten Umgebung einfach ein Bild von einem geöffneten Foto auf ihrem Laptop machen:

@maxgoodrich How to handle morning BeReals without leaving your room #tiktoknow #bereal #befake ♬ unholy sped up – xxtristanxo

Der #BeFake-Trend auf TikTok und Co. wirkt auf den ersten Blick harmlos – schließlich würden die wenigsten User auf die Idee kommen, ihre Freund:innen tatsächlich derart hinters Licht zu führen. Dennoch kann er – insbesondere bei jüngeren Usern – den Eindruck erwecken, dass es nicht ausreichend ist, authentische, aber möglicherweise langweilige Schnappschüsse aus dem eigenen Leben zu teilen.

Die Grundidee ist sinnvoll – aber nicht realistisch

A new and unique way to discover who your friends really are in their daily life,

beschreibt BeReal die eigene App auf der Website des Unternehmens. Warum fällt es vielen Usern so schwer, tatsächlich authentische Einblicke in ihr Leben zu zeigen? Das menschliche Bedürfnis, sich von der besten Seite zu präsentieren, wurde bei vielen Nutzer:innen durch jahrelangen Social-Media-Konsum verstärkt. Wenn BeReal den Usern also die Option bietet, den Schein zumindest etwas zu wahren, indem nicht direkt gepostet, wird diese von vielen auch genutzt.

Nichtsdestotrotz kann BeReal die richtige App sein, um einen zumindest halbwegs authentischen Einblick in das Leben der eigenen Freund:innen zu gewinnen. Ob dies nötig ist, wenn Nachrichten, Bilder und Co. von den Momenten, die für andere wirklich interessant sind, auch per Privat-Chat geteilt werden können, ist Ansichtssache. Darüber hinaus ist es fraglich, ob man jeden geteilten Schnappschuss anderer User auch sehen möchte – so berichtet eine Nutzerin:

It showed me last night that a bunch of our friends were celebrating one of my best friend’s engagements without me […] Literally made me feel worse than Instagram. I was like, What is this alternate reality I’m living in?

Wie interessant ist BeReal für Marketer?

Zum aktuellen Zeitpunkt können in der App keine Werbeanzeigen geschaltet werden – und laut eigenen Angaben möchte BeReal auch in Zukunft keine Ads auf der Plattform. Stattdessen kommen Paid Features und bezahlte Abonnements für BeReal als Monetarisierungsoptionen in Frage. Sollte sich BeReal zu einem späteren Zeitpunkt doch noch für Ads in der App entscheiden, stellt sich die Frage, ob Marketer diese Chance nutzen sollten. So, wie BeReal in der Realität verwendet wird, erinnert die App an Snapchat, Instagram Stories oder einen privaten WhatsApp-(Gruppen-)Chat. Aus dieser Perspektive – und so lange die Nutzungszeit der App trotz hoher Download-Zahlen weiterhin niedrig bleibt – wäre die App für Marketer kaum interessanter als Instagram und Co.

Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, dass auch BeReal früher oder später auf den Kurzvideozug aufspringt und die User der App Clips aus ihrem Leben teilen lässt. Damit würde BeReal die Einzigartigkeit der App noch weiter einschränken – die Nutzungszeit möglicherweise jedoch ankurbeln. Aus der Perspektive der Werbetreibenden wäre die App spätestens dann von Interesse. Aktuell wird die App von vielen Usern lediglich zum Teilen von Posts mit Freund:innen genutzt, doch es ist auch möglich, BeReals öffentlich zu teilen und so eine Audience in der App aufzubauen. In diesem Kontext wäre auch die Zusammenarbeit mit Influencern für Marketer eine Option.

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