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Dein Lebenslauf auf Google? ChatGPT stoppt öffentliche KI-Chats in der Suche

Dein Lebenslauf auf Google? ChatGPT stoppt öffentliche KI-Chats in der Suche

Larissa Ceccio | 01.08.25

Ein ChatGPT Feature sollte das Teilen von KI-Gesprächen vereinfachen – doch viele Nutzer:innen erkannten die Risiken nicht. Das Ergebnis: unfreiwillig öffentliche Chats. OpenAI reagierte und nahm die Funktion wieder vom Netz.

Bei ChatGPT konnte man bis vor kurzem Chats per öffentlichem Link teilen. Das war eigentlich dafür gedacht, Unterhaltungen mit der KI zum Beispiel Freund:innen oder Kolleg:innen zu zeigen – ohne Screenshots. Vor wenigen Tagen zeigte sich im Netz jedoch ein überraschendes Phänomen: Wer die Suchergebnisse bei Google, Bing oder anderen Suchmaschinen so filterte, dass nur Treffer mit der Domain https://chatgpt.com/share angezeigt wurden, stieß auf öffentliche ChatGPT-Unterhaltungen wildfremder Personen. In sozialen Netzwerken, unter anderem durch den LinkedIn-Beitrag von dem Unternehmer und Investor im KI- und Datenbereich Oliver Molander oder den X Post von dem Software Engineer Mehdi Sakout, wurde dieser Einblick in die privaten Gespräche intensiv diskutiert.

Darunter harmlose Fragen zu Astrophysik oder Küchenumbauten, aber auch sehr persönliche Anliegen. In einem Fall hatte jemand ChatGPT gebeten, den eigenen Lebenslauf für eine konkrete Bewerbung zu überarbeiten. Über die Details im Chat ließ sich das zugehörige LinkedIn-Profil problemlos finden. Ergebnis laut LinkedIn: Die Bewerbung war nicht erfolgreich. Andere Gespräche wirkten eher skurril. Etwa wenn Nutzer:innen wissen wollten, ob man eine Metallgabel in der Mikrowelle erhitzen kann. Die KI antwortete klar mit „nein“, reagierte aber auf immer absurdere Nachfragen schließlich mit einem satirischen Leitfaden namens How to Use a Microwave Without Summoning Satan: A Beginner’s Guide. Was all diese Beispiele verbindet: Die Beteiligten hatten offenbar nicht erwartet, dass ihre geteilten Chats über Suchmaschinen auffindbar sein könnten.


ChatGPT Chats teilen
– so geht’s

ChatGPT auf Dekstop-Bildschirm
© Levart_Photographer – Unsplash


Wie das Feature eigentlich gedacht war

Im Mai 2023 führte OpenAI das Feature Shared Links für ChatGPT ein – zunächst als praktisches Tool für Zusammenarbeit. Nutzer:innen konnten beim Scrollen über einen Chat auf das Teilen-Icon klicken und daraus eine einzigartige URL generieren, um die Unterhaltung mit anderen zu teilen. Die Empfänger:innen konnten den Chat nicht nur lesen, sondern ihn auch fortsetzen. Das erklärte Ziel: Keine Screenshots mehr versenden, sondern einfach und direkt Chat-Unterhaltungen mit Kolleg:innen oder Freund:innen teilen. OpenAI erklärte im eigenen Blog, dass ein geteilter Chat immer nur den Stand zum Zeitpunkt des Teilens enthält:

Think of a shared link as a snapshot of a conversation up to the point at which you generate the shared link.

Nach dem Teilen waren neue Nachrichten nicht über den Link sichtbar. Links konnten aktualisiert oder gelöscht werden; Nutzer:innen wurden aber ausdrücklich davor gewarnt, sensible Informationen zu teilen, da jede:r mit dem Link den Chat sehen und weitergeben konnte. Ein später veröffentlichter Screenshot zeigt, wie die Funktion weiterentwickelt wurde: Über eine Checkbox „Make this chat discoverable“ konnten Nutzer:innen festlegen, dass der Chat in Suchmaschinen wie Google oder Bing indexiert wird.

Screenshot von ChatGPT, der zeigt, wie ein öffentlicher Link zu einem Chat erstellt wird. Optionen zum Kopieren des Links, zum Teilen über LinkedIn, Reddit oder X sowie zum Aktivieren der Sichtbarkeit in Web-Suchen sind sichtbar.
Screenshot der ChatGPT-Funktion zum Erstellen und Teilen eines öffentlichen Chat Links mit optionaler Suchmaschinenindexierung, © OpenAI

Vom nützlichen Feature zum Datenschutzproblem

Viele Nutzer:innen waren sich offenbar nicht vollständig darüber im Klaren, welche Konsequenzen das Aktivieren der Checkbox „Make this chat discoverable“ haben könnte. Was ursprünglich als Komfortfunktion gedacht war, um hilfreiche KI-Unterhaltungen leichter zu teilen, entwickelte sich so für manche zu einem Datenschutzproblem.

In der Praxis zeigte sich: Einige dieser freigegebenen Unterhaltungen wurden von Google und Bing indexiert und waren damit für jede Person über eine einfache Suche auffindbar. Öffentlich sichtbar waren nicht nur harmlose Anfragen, sondern zum Teil auch sehr persönliche Inhalte. TechCrunch machte den Vorfall publik. Gegenüber dem Publisher erklärte ein:e OpenAI-Sprecher:in:

We have been testing ways to make it easier to share helpful conversations while giving users control. Recently, we ended an experiment where chats could appear in search engine results if you explicitly opted in when sharing.

Google verweist auf die Publisher

Google selbst weist in solchen Fällen die Verantwortung zurück. Ein:e Sprecher:in erklärte laut TechCrunch, dass Herausgeber:innen der Inhalte vollständig kontrollieren, ob ihre Seiten von Suchmaschinen indexiert werden. Suchmaschinen würden nicht eigenmächtig entscheiden, welche Inhalte im Netz veröffentlicht werden.

Das Vorgehen erinnert an ähnliche Effekte bei Google Drive: Wer ein Dokument auf „Anyone with the link can view“ setzt, macht es prinzipiell öffentlich auffindbar. Es erscheint zwar meist erst in den Suchergebnissen, wenn es zusätzlich auf einer vertrauenswürdigen Website verlinkt ist – ausgeschlossen ist es jedoch nicht.

Feature wieder entfernt

Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des TechCrunch-Artikels zog OpenAI die Reißleine. Daniel Grossman, CISO bei OpenAI, schrieb unter dem Namen DANΞ auf X, man habe die Funktion wieder entfernt. Das Unternehmen arbeite außerdem daran, bereits indexierte Inhalte aus den Suchmaschinen zu entfernen.

Das Experiment habe „zu viele Möglichkeiten eröffnet, dass Leute versehentlich Dinge teilen, die sie nicht wollten“. Sicherheit und Privatsphäre hätten Vorrang. OpenAI arbeitet zudem mit Hochdruck daran, bereits indexierte Inhalte aus den Suchmaschinen zu entfernen.

Ein Feature, das zum Lehrstück wurde

Das Experiment zeigt, wie schmal der Grat zwischen „praktischem Feature“ und „unfreiwilliger Datenfreigabe“ im KI-Zeitalter ist. Schon wenige Klicks können reichen, um Inhalte für die ganze Welt sichtbar zu machen – oft ohne, dass sich Nutzer:innen der Tragweite bewusst sind. OpenAIs schnelle Reaktion verdeutlicht zugleich, wie wichtig transparente Einstellungen, klare Hinweise und ein bewusstes Teilen sind. Denn ob ChatGPT, Google Drive oder jede andere Plattform: Wer Inhalte veröffentlicht, sollte immer davon ausgehen, dass sie irgendwann ihren Weg in die Suchergebnisse finden können.


OpenAIs neuer ChatGPT Agent übernimmt jetzt deine To-dos

Illustration zeigt ChatGPT Agent beim Verbinden mit Gmail, um E-Mails zu prüfen und den Posteingang zusammenzufassen.
© OpenAI via Canva


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