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Universal Analytics versus GA4: Wer die Unterschiede kennt, steigt leichter um

Universal Analytics versus GA4: Wer die Unterschiede kennt, steigt leichter um

Ein Gastbeitrag von Jürgen Telkmann | 30.06.23

Der endgültige Umstieg auf Google Analytics 4 zur ereignisbasierten Erhebung von Website- und App-Daten steht kurz bevor. Damit der Schritt hin zu GA4 gelingt, ist es ratsam, sich mit den Unterschieden zwischen UA und GA4 zu befassen.

Google Analytics 4 (GA4) feiert im Herbst bereits seinen zweiten Geburtstag. Dennoch ist die neue Standardberichtsoption noch für viele Unternehmen ungewohnt, wenn Google Universal Analytics (UA) im Juli unwiderruflich Platz für die Nachfolgeoption macht.

Die Gründe für das zögerliche Verhalten der Unternehmen sind vielseitig: Zum einen funktioniert GA4 anders als die vorangegangene Version. Und zum anderen erlitt es – trotz vieler wertvoller Vorteile – einige Rückschläge, weil Nutzer:innen es zunächst als fehlerhaft empfanden und einige beliebte Funktionen von UA fehlen. Doch wenn man sich einiger wichtiger Unterschiede bewusst ist, fällt der Umstieg nicht allzu schwer.

UA war ein Hit, aber auch GA4 ist ein klasse Event

Standardmäßig verfolgt UA ein hit- beziehungsweise sitzungsbasiertes Datenmodell, das Page Impressions registriert, woraus sich alle weiteren Metriken ergeben. Ruft ein:e Nutzer:in nur eine Seite auf – etwa um einen Artikel zu lesen – und verlässt diese ohne weitere Interaktion, ist die Time on Site immer 00:00, egal wie lange der User dafür benötigt hat. Detaillierteres Tracking lässt sich erst durch Custom Events einrichten, also Ereignisse, die man im Code der Seite unterbringt, um beispielsweise den Klick auf bestimmte Elemente, das Abspielen eines Videos etc. messen zu können.

GA4 setzt dagegen auf ein event-basiertes Datenmodell. Hierbei reihen sich auch Seitenaufrufe beziehungsweise Page Impressions in eine Reihe von Events ein, anhand derer das Nutzer:innenverhalten gemessen wird. Ein User, der neu auf die Seite kommt, löst dabei mindestens drei GA4-Standard-Events aus: „page_view“ für den Seitenaufruf, „session_start“ als Markierung für den Beginn einer Session und „first_visit“ als Event für neue User auf der Seite. Weitere Standard-Events sind „scroll“ (wenn ein User 90 Prozent einer Page nach unten gescrollt hat) oder „click“ (für beliebige Klicks auf interne Links).

Der Schritt hin zu Events statt Hits macht Analysen für Unternehmen greifbarer und individueller, denn die automatisch vorab eingestellten Events lassen sich individuell mit nachträglich definierten Custom Events anreichern. GA4 stellt somit eine Art modularen Event-Baukasten zur Verfügung. Es ist sogar möglich, die Bezeichnungen der Events nachträglich zu bearbeiten, ohne Entwicklungsressourcen zu blockieren.

Die View ist weg: Kann ich noch sehen?

Eine kleine, aber nicht unwesentliche Änderung ist auch die reduzierte Account-Struktur von GA4. Gibt es in UA noch den Account mit ‚Property‘ und ‚View‘, so fällt bei GA4 letztere weg. Views gelten als Zugriffspunkte für verschiedene Reports im alten Analytics, für die etwa unterschiedliche Filter greifen können.

Statt der Views gibt es in GA4 die Daten-Streams, mit denen man quasi die Daten in das Analyse-Tool einspeist. Zu den größten Neuerungen von GA4 zählt dabei, dass nicht nur mehrere Data Streams in eine Reporting-Ansicht eingebunden werden können, sondern dass sich neben Website-Daten auch Daten-Streams aus Apps integrieren lassen. Dadurch wird ein übergreifendes Tracking von Nutzer:innen auf Apps und Websites möglich.

Sessions werden anders gezählt und gewertet

Lässt man GA4 und UA parallel auf einer Website über einen gewissen Zeitraum laufen und vergleicht dann die Werte, so findet man die größten Abweichungen bei den Sessions und allen Engagement-Werten, die sich auf die Sessions beziehen. Dazu gehören beispielsweise die Average Session Duration oder die Pages per Session. Insgesamt ist eine Differenz von etwa 10 bis 20 Prozent weniger Sessions auf GA4 zu beobachten – bei gleich bleibender Anzahl von Usern und Page Impressions.

Der Grund dafür ist eine geänderte Wertung der Sessions: Bei UA endet eine Session standardmäßig nach 30-minütiger Inaktivität, nach Mitternacht (je nach Time-Stamp-Konfiguration) oder wenn sich der Campaign-Parameter ändert. In allen drei Fällen wird eine neue Session gestartet, wenn der User erneut Aktivität zeigt. Bei GA4 hingegen gibt es die beiden zuletzt genannten Fälle nicht mehr. Die Sessions starten bei GA4 mit dem session_start Event.

Auch die durchschnittliche Sitzungsdauer profitiert von dem event-basierten Datenmodell, denn die Dauer einer Sitzung richtet sich bei GA4 nach der Zeitspanne zwischen dem ersten und letzten Ereignis in der Sitzung und nicht schon am letzten Seitenaufruf. Insgesamt hat das event-basierte Datenmodell damit zur Folge, dass individuelle Sessions genauer gemessen werden und dass Nutzer:innen, die sich länger auf einer Website aufhalten, wesentlich besser identifiziert werden können.

Die Bounce Rate ist tot – es lebe der ‚Engaged User‘

Bei der Leistungsbewertung einer Landing Page zählt unter UA die Bounce Rate als einer der wichtigsten KPIs. Ruft ein User eine Seite auf, verschwindet jedoch wieder ohne messbare Interaktion, wird dies als Absprung gewertet. Schwierig ist diese Messweise unter anderem bei Artikeln: User kommen auf die Seite, lesen kurz den neuesten Artikel und verschwinden wieder. Nach hit-basiertem Datenmodell in UA zählt dies als Bounce, der sich nur durch Custom Events durchbrechen lässt, zum Beispiel indem ein Event nach einer vorab festgelegten Lesedauer feuert.

Bei GA4 gibt es die Bounce Rate in diesem Sinne nicht mehr, hier spricht man von Engaged Sessions beziehungsweise von Non-engaged Sessions. Es greifen folgende Parameter: Eine Engaged Session zählt tatsächlich als solche, wenn sie zehn Sekunden oder länger dauert, ein oder mehrere Konversions-Events auslöst oder zwei oder mehr Seiten- oder Bildschirmaufrufe stattfinden. Nur wenn keines dieser Kriterien erfüllt wird, gilt bei GA4 die Sitzung als Absprung. Dadurch, dass GA4 den Schwerpunkt auf wirklich aktive Nutzer:innen legt, ist der Messwert hinsichtlich der tatsächlichen Aktivität realistischer.

Früher haben wir anders gefiltert

Gewöhnungsbedürftig ist beim Umstieg von UA auf GA4 auch der andersartige Aufbau der Datenfilter. Während sich bei UA beispielsweise ein gewisses Set an Datenteilmengen auf Seiten filtern lässt, indem man über die erweiterte Textsuche Parameter ein- und ausschließt oder besser sogar Regular Expressions verwendet, kann man bei GA4 an scheinbar gewohnter Stelle lediglich eine Textsuche verwenden. Diese zeigt dann die entsprechenden Suchergebnisse, filtert aber nicht die ausgeschlossenen Daten aus der Gesamtauswertung heraus. Der Filter befindet sich an der Stelle, wo sich in UA die Segmente befinden. Hier lassen sich die Ergebnisse hinsichtlich Events und Eventparametern filtern. Schade ist nur, dass Regular Expressions – mit denen das Filtern in UA erst richtig Spaß macht – in GA4 (noch) nicht zum Einsatz kommen.

Viele Unternehmen haben bereits eine GA4-Instanz aufgesetzt und nutzen beide Versionen – alt und neu – parallel, damit beim endgültigen Umstieg eine längerfristige Datenbasis in GA4 vorhanden ist. Wer bislang dazu tendierte – aus Gewohnheit, Bequemlichkeit oder Zeitdruck – doch auf das alte Analytics zu schauen oder jetzt erst GA4 aufsetzt, wird anfänglich noch mit der ein oder anderen Herausforderung zu kämpfen haben. Wer hingegen gewillt ist, umzudenken und sich ernsthaft und intensiv mit GA4 auseinandersetzt, erfährt eine steile Lernkurve. Und entdeckt auch Parallelen zum gewohnten UA in der neuen Version.

Letztlich bietet der Umstieg auf GA4 Unternehmen die Möglichkeit, ihre Analysefähigkeiten zu erweitern und auch zu verbessern: sei es durch akkuratere Messwerte oder durch die Möglichkeiten, die GA4 hinsichtlich der Kombination mehrerer Datenstreams in einem Account bringt. Unternehmen, die den Umstieg erfolgreich bewältigen, werden bessere Entscheidungen auf Grundlage aussagekräftiger Analysen treffen können.

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