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Unternehmenskultur
Bürgergeld sorgt bereits jetzt für starke Kontroversen

Bürgergeld sorgt bereits jetzt für starke Kontroversen

Selina Beck | 09.11.22

Ab dem 1. Januar 2023 soll das Bürgergeld Hartz IV ersetzen. Warum die Höhe der Leistung bereits jetzt für heftige Kritik sorgt, liest du hier.

Unter dem #IchbinArmutsbetroffen äußern viele User auf Twitter ihre Kritik an der Einführung des neuen Bürgergeldes. Im nächsten Jahr soll es das Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt, ersetzen. Das Projekt der SPD soll vor allem für höhere Regelsätze für Arbeitssuchende und Sozialhilfeempfänger:innen sorgen. Doch viele Sozialverbände äußern ihr Missfallen, denn die Höhe der Sozialleistung wird lediglich um 53 Euro steigen. Der Handwerksverband hingegen sieht das Bürgergeld als zu hoch an.

UPDATE

Die Kontroverse um das Bürgergeld geht weiter und führt zu einem heftigen Streit zwischen der Ampelkoalition und den Unionsparteien. Die Parteien der Bundesregierung wollen das Bürgergeld ab nächstem Jahr einführen. Die Höhe der Leistung führte bereits zu Kritik bei Sozialverbänden und Arbeitgeber:innenverband. Die einen kritisieren die Erhöhung als zu niedrig, die anderen als zu hoch, wie du unten im Artikel lesen kannst.

Nun kommt auch Kritik von der Union. Sie fordert eine Nachbesserung des Konzepts. CDU-Parteivorsitzender Friedrich Merz kritisiert, dass das geplante Bürgergeld die falschen Anreize für den Arbeitsmarkt setzen würde. Der finanzielle Unterschied zwischen Einkünften, die Arbeitende und Arbeitslose erhalten können, sei dann nicht hoch genug.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass Merz kein ernsthaftes Interesse an der Sache habe, sondern mit einem parteipolitischen Spiel die Länder ablenke.

Katja Kipping, die Berliner Sozialsenatorin von der Linkspartei, warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft. Es würde versucht, Arbeitnehmer:innen mit niedrigen Löhnen gegen Menschen auszuspielen, die Sozialleistungen benötigen. Sie plädiert für eine Verbesserung der Lage beider Gruppen.

Das Bürgergeldgesetz benötigt die Zustimmung der unionsregierten Länder im Bundesrat, damit es in Kraft treten kann. Ohne die Zustimmung wird es die Reform nicht geben. Auch auf Twitter herrscht Uneinigkeit bei den Usern über das Bürgergeld:

Dieser Beitrag erschien erstmals am 5. September 2022 und wurde bereits am 13. September 2022 aktualisiert.


Die Diskussion um das Bürgergeld ist wieder aufgeflammt nach der Aussage des Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, der das Bürgergeld als zu hoch bewertet und darin falsche Anreize für Geringverdiener:innen sieht. Gegenüber der Rheinischen Post sagte er:

Für mehr Menschen als bisher lohnt sich das Nicht-Arbeiten mehr als das Arbeiten.

Am unteren Ende verschwimmen laut seiner Aussage immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld. Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, kritisierte diese Aussage als „zynisch“. Es sei geschmacklos, Geringverdiener:innen und Hartz-IV-Empfänger:innen gegeneinander auszuspielen.

Kein einziger Beschäftigter hat auch nur einen Cent mehr im Geldbeutel, weil mit der beabsichtigten Einführung des Bürgergeldes die Regelsätze gering ansteigen sollen.

Auch auf Twitter trendet das Thema erneut. Viele User kritisieren die Aussage des Handwerkverbands:


In diesem Jahr erhalten etwa 3,65 Millionen Menschen Hartz IV. Die Zahl der Leistungsempfänger:innen ist seit dem Jahr 2017 tendenziell rückläufig. Doch durch die steigende Inflation hat sich die Anzahl der Menschen, die von Armut betroffen oder gefährdet sind, erhöht. Bei etwa 13 Millionen Menschen bestand im vergangenen Jahr das Risiko, in Armut abzurutschen. Davon sind vor allem Alleinerziehende und Alleinlebende betroffen.

Das verändert sich mit dem Bürgergeld

Mit dem Bürgergeld wollte die SPD eine große Reform durchsetzen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wollte durch die Neuerung mehr soziale Sicherheit in der modernen Arbeitswelt geben, Lebensleistungen stärker respektieren und Weiterbildung mehr in den Fokus rücken. So sagte Heil:

Es geht bei dieser großen Sozialreform darum, den Menschen gegenüber mehr Respekt und mehr Achtung vor erbrachter Leistung zu zollen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen.

Der Berechnungsrahmen richtet sich nun nicht mehr nach dem Einkommen der unteren 20 Prozent, sondern der unteren 30 Prozent der niedrigsten Einkommen. Dies führt zu einem monatlichen Beitrag von 502 Euro pro alleinstehendem Erwachsenen – der aktuelle Hartz-IV-Satz liegt aktuell bei 449 Euro pro Person.

In den ersten zwei Jahren des Bezugs des Bürgergelds sollen die Betroffenen zudem in ihren Wohnungen wohnen bleiben dürfen. Auch Vermögen von bis zu 60.000 Euro sollen nicht angetastet werden. Sanktionen werden beibehalten, jedoch ist eine Neuregelung geplant. So soll zunächst eine sechsmonatige Vertrauenszeit gelten, in der Leistungskürzungen ausgeschlossen sind. Bei keiner Kooperation mit dem Jobcenter muss jedoch mit negativen Konsequenzen gerechnet werden.

Sozialverbände fordern höhere Summe

Kritik kommt unter anderem vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Laut dessen Forschungsstelle muss ein armutsfester Regelsatz 678 Euro betragen – dies entspricht einer Erhöhung um mehr als 50 Prozent der Leistungen in der derzeitigen Grundsicherung.

Der Verein Sanktionsfrei glaubt hingegen, dass Hartz IV bleibe – mit neuem Namen. Die Gründerin Helena Steinhaus kritisiert im Interview mit der taz vor allem die weiterhin potenziellen Leistungsminderungen:

Wenn man Arbeit bekommt, mit der man schlechter dasteht als mit Hartz IV – dann müssen sich eben die Arbeitsbedingungen und die Löhne verbessern. Das Argument, dass Sanktionen als ‚Motivation‘ wirken, ist nicht nachweisbar. Menschen, die aufgrund von Sanktionen Jobs angenommen haben, landen häufig wieder im Bezug.

Auch Gerhard Trabert, Sozialmediziner und ehemaliger Bundespräsidentschaftskandidat der Linken, sagt, die bisherigen Entlastungspakete reichten bei Weitem nicht. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung äußerte er sich wie folgt:

Wir sind ein reiches Land, wir können handeln. Wenn wir es trotzdem nicht tun, dann ist das auch eine Form von struktureller Gewalt.

Die Linkspartei plädiert für eine Erhöhung des monatlichen Beitrags um 200 Euro, also eine Erhöhung auf 649 Euro.

Kritik des Arbeitgeber:innenverbandes

Von ganz anderer Seite kommt ebenfalls Ablehnung: Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisiert die Reform scharf, da das Bürgergeld arbeitsmarktpolitisch fatal sei. BDA-Geschäftsführer Steffen Kampeter sagte hierzu:

Es werden Brücken in die Arbeitslosigkeit geschlagen – das ist das Gegenteil, von dem, was erforderlich ist.

Auch aufgrund des Fachkräftemangels würde der Arbeitsmarkt dadurch großen Schaden nehmen.

Twitter User zeigen große Unzufriedenheit mit der Reform

Auf Twitter sehen das die meisten wiederum ganz anders. Viele User teilen unter #IchbinArmutsbetroffen ihr Schicksal und zeigen ihren großen Unmut über die Neuerung in über 7.000 Tweets auf:

https://twitter.com/hanzhanzen420/status/1566363674935263234

Wie stehst du zum Bürgergeld? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen!


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