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Karrieretipps
„Mir gefällt die Arbeit so gut, dass ich nicht mal von Arbeit sprechen würde“ – Creator und Unternehmer Torben Platzer im Interview

„Mir gefällt die Arbeit so gut, dass ich nicht mal von Arbeit sprechen würde“ – Creator und Unternehmer Torben Platzer im Interview

Niklas Lewanczik | 19.04.21

Hunderttausende Follower und ein selfmade Business heute, das ungeliebte Studium und der triste Alltag wenige Jahre zuvor. Wie schafft man den Schritt zur selbstbestimmten Karriere im Digitalzeitalter, Torben Platzer?

Über 300.000 Fans auf Social Media, ein eigenes Business und jetzt ein erstes eigenes Buch. Torben Platzer lebt ein selfmade Life und ist Usern bei Instagram, YouTube, Twitch und TikTok längst gut bekannt. Ob im Podcast, in einem Reel, per YouTube-Video, auf seiner Website oder im Livestream: Torben lässt die Öffentlichkeit seit rund drei Jahren an seinem Leben und Wirken teilhaben – und das äußerst erfolgreich. Doch noch kurz davor saß er zuhause, in seiner Einzimmerwohnung in Oldenburg, und dachte darüber nach, ob er das Studium abbrechen und einen neuen Lebensweg einschlagen sollte.

Sein Neustart ist unverbrüchlich mit dem Internet, mit Social Media und seinen mannigfaltigen Potentialen und mit einer neuen Welt von Businesses und Arbeitskonzepten verknüpft. Wie hat es Torben Platzer vom Studienabbrecher zum selfmade Unternehmer und Creator geschafft? Wo sieht er die größten Potentiale im Digitalmarkt, welche Rolle spielen soziale Medien und was passiert, wenn die Zeit als Digitalunternehmer vorbei sein sollte? All diese und noch viele weitere Fragen beantwortet uns Torben Platzer im Interview. Dabei erklärt er uns auch, dass es seiner Meinung nach Selbstständigen in Deutschland nicht leicht gemacht wird, dass man Einstellung lernen kann und was die Bezeichnung „selfmade“ für ihn eigentlich ausmacht.

Das Interview

OnlineMarketing.de: Hättest du dir während deines Studiums schon vorstellen können, in die Selbstständigkeit und sogar ins Influencer Business zu gehen?

Torben Platzer: Ich muss gestehen, dass ich mein Studium mehr oder weniger aufgrund meiner Eltern absolviert habe. Ich wusste nach der Schule einfach nicht, was ich machen soll. Da bin ich für ein dreiviertel Jahr nach London und habe danach mit meinem Studium begonnen. Ich wusste jedoch schon immer, dass das nicht der richtige Weg für mich ist, hatte aber keine Alternative. Damals gab es noch nicht so viel Content zu dem Thema Selbstständigkeit, ein eigenes Business aufbauen und auch viele der Social-Media-Kanäle gab es noch nicht.

Hattest du Vorbilder für diesen Schritt? Wenn ja, welche waren oder sind das und wie haben sie dich motiviert?

Ich habe gerade in meinen Anfängen viel von Grant Cardone und Tai Lopez in den USA gelernt. Ich habe bei beiden ein Jahres-Mentoring-Programm absolviert und war auch mehrere Male dort, um in Persona von ihnen zu lernen. Ansonsten habe ich mich tatsächlich mehr auf meinen eigenen Weg konzentriert. Ich bin nicht der typische Coaching Mentee oder Seminargänger.

Hast du ein Arbeits- beziehungsweise Lebensmotto, an dem du dich im Alltag orientierst?

Ich habe im Alter von 14 Jahren angefangen Fuß in der E-Sport-Szene zu fassen und seitdem ist mein Lebensmotto „never go to bed mad, stay up and fight“. Ich liebe und brauche Herausforderungen, mich motivieren Challenges und ich bin ein ziemliches Arbeitstier, wenn ich mir etwas in den Kopf setze.

Verschwimmen bei dir als Selbstständiger und Social-Media-Persönlichkeit die Grenzen zwischen Job und Freizeit oder trennst du da klar ab? Oder ist es sogar eher so, dass du dabei keine klare Trennung vornimmst?

Ich trenne das mittlerweile nicht mehr, mein Loft in München ist beispielsweise auch Drehort meiner Videos. Ich habe ein eigenes Brainstorming-Zimmer, in das ich gehe, wenn ich zum Beispiel skripte oder neue Ideen ausarbeite. Alles ist so eingerichtet, damit ich meine Arbeit effektiv umsetzen kann und gleichzeitig ich mich in meiner Umgebung wohl fühle. Ich glaube, gerade in meinem „Job“ wäre es sehr schwer zu trennen und mir gefällt die Arbeit in meiner eigenen Agentur beispielsweise so gut, dass ich nicht einmal von Arbeit sprechen würde.

Nimmst du als Unternehmer einerseits und als Influencer andererseits bewusst verschiedene Rollen ein? Worin bestehen die Unterschiede?

Ich sehe mich selbst nicht als typischer Influencer und der einzige Unterschied, den ich sehe, ist, dass ich auf Social Media versuche komplexe Dinge einfach und verständlich herunterbreche, so dass andere es verstehen und die Inhalte lernen können. Meine Personenmarke ist so aufgebaut, dass ich nicht in eine Rolle schlüpfe oder eine Maske trage, sondern so sein kann, wie ich wirklich bin.

Was ist ein Learning, dass du allen Menschen mitgeben wollen würdest, die über eine selfmade Karriere nachdenken?

Lass dich nicht davon beeindrucken, dass Entrepreneurship „trendy“ ist oder von vielen als das einzig wahre gehyped wird. Sich selbstständig zu machen ist nicht cooler als ein nine to five Job. Ich betrachte beides wertfrei und finde es viel wichtiger, dass jemand für sich selbst erkennt, welcher Weg zu ihm passt. Das soziale Umfeld sollte nicht bestimmen, in welche Richtung man sich selbst entwickeln möchte, sondern die Richtung ausschließlich supporten.

Sind dein Unternehmen und deine Influencer-Tätigkeit deine Pläne für die Zukunft oder dürfen wir hier noch Veränderungen erwarten? Was könntest du dir später noch vorstellen?

Ich werde die Brandingagentur TPA Media, die ich mit Matthias Fuhrmann führ gemeinsam weiterentwickeln, skalieren und auch in den nächsten Jahren meine Personenmarke weiter aufbauen. Mein erstes eigenes Buch kam bisher sehr gut an und ich denke auch über ein zweites nach. Davor möchte ich jedoch noch einige eigens gesteckte Ziele erreichen bezüglich meiner Follower-Zahlen.

In welchen Job würdest du nie (zurück)gehen wollen?

Ich habe tatsächlich noch nie einen „Job“ gehabt. Ich bin von der Schule ins Studium, habe mir dieses mit dem Spielen von Computerspielen finanziert, danach in den Vertrieb und danach die eigene Agentur gegründet.

In welcher aktuellen Innovation am Digitalmarkt siehst du das größte Potential für a) Unternehmer:innen und b) Influencer?

Audio und Streaming sind sicherlich die beiden großen Dinge der nächsten Jahre. Besonders Streaming löst mehr und mehr das TV ab, Rolemodels sind eher große Influencer als Filmhelden, Live-Unterhaltung ist spannender als pre recorded und ermöglicht mehr Spontaneität und Unvorhergesehenes – das lieben die Zuschauer.

Welche Plattform hältst du aktuell für am einflussreichsten hinsichtlich des Branding-Aufbaus? LinkedIn im Business-, TikTok im Social-Bereich? Oder muss man hier individuell entscheiden?

YouTube hat für mich die größte Relevanz am Markt. Die YouTube Trends bestimmten maßgeblich, worüber Deutschland gerade spricht, dicht gefolgt von Instagram, aufgrund der Story und Direct-Message-Funktion für den Kontaktaufbau. TikTok könnte mit dem Einführen von YouTube Shorts, was quasi ein TikTok-Klon ist noch mehr an Boden verlieren. LinkedIn ist in der Business Community sicherlich die Nummer eins, muss aber dringend etwas gegen die Masse an Spam-Nachrichten tun und die Live-Funktion endlich für alle freischalten.

Sollte man sich auf die Features einer Plattform verlassen, um Reichweite aufzubauen, oder Reichweite in sozialen Medien eher optimieren?

Die Deutschen haben durchschnittlich 8,5 Social-Media-Kanäle (Anmerkung der Redaktion: je nach Studie variieren die Werte; nach Angaben von Hootsuite und We Are Social waren es zuletzt sechs Accounts). Unsere Strategie ist es den Fokus auf zwei Kanäle zu legen und mit diesem nativen Content die restlichen über Recycling zu bespielen. Mit einem Kanal alleine gewinnt man 2021 nicht an Relevanz, ganz im Gegenteil. Dauerhafte Impressionen über verschiedene Ansprachen und Sinne ist der Schlüssel der Zukunft.

Wie wichtig ist für dich ein Community Management über die Social-Kanäle?

Das ist extrem wichtig. Jeder Follower, der bei dir kommentiert, verdient auch eine Antwort, weil er Zeit investiert hat, um sich auszutauschen. Kommunikation funktioniert nur, wenn es Sender:innen und Empfänger:innen gibt und diese Rollen wahrgenommen, aber auch regelmäßig getauscht werden.

In deinem Buch schreibst du „[…] Das Bild vom Unternehmertum, welches auf Social Media propagiert wird, ist eine Illusion.“ Was meinst du damit genau und welche Warnung möchtest du Jungunternehmer:innen in den sozialen Medien mitgeben?

Vor allem zwei Punkte sind mir hier extrem wichtig: Es gibt kein Schnell-werde-reich-System und passives Einkommen ist auch ein Mythos. Der Gedanke drei bis fünf Jahre zu arbeiten und dann finanziell unabhängig zu sein, wird meist propagiert von Menschen in Schneeballsystemen oder Krypto Scams. Im eigenen Unternehmen Geld zu verdienen ist oftmals viel schwieriger als als Angestellte:r. Deshalb sind Werbungen mit geleasten Autos und nachgemachten Rolex-Uhren auch kein Indikator dafür, wie das Leben als Unternehmer wirklich aussieht.

Selfmade klingt immer gut; aber wer oder was hat dir bei deinem Werdegang besonders geholfen?

Selfmade hat bei mir nicht die Bedeutung, ein Selfmade-Millionär zu sein, sondern das zu tun, was man wirklich tun möchte. Wir alle lernen mit und durch andere Menschen und dann seinen eigenen Weg zu gehen, um sich etwas aufzubauen. Das ist es, worüber ich spreche und schreibe. Mir haben vor allem meine Eltern geholfen, da sie mich immer supported haben. Das macht mein enger Freundeskreis bis heute und ich vertraue darauf und kann mich auf ehrlich und ernst gemeinte Worte verlassen.

Informationen sind kein rares Gut mehr, wir leben in einer Gesellschaft, in der diese sogar eher im Überfluss verfügbar sind. Deshalb ist es leichter, neue Dinge kennenzulernen und auszuprobieren. Es ist tendenziell sogar schwieriger aus der ganzen Content-Dichte gute Inhalte von schlechten zu unterscheiden.

Welche Business-Ziele hast du dir für die kommenden Jahre gesteckt?

Wir haben dieses Jahr von der TPA Media ein sehr spannendes Projekt mit dem Unternehmer Jörg Kintzel. Es geht darum eine achtstellige Marke aufzubauen, außerdem haben wir interne Ziele für die eigene Reichweite und die Erschaffung eines eigenen Systems, wie man Personenmarken aufbaut.

Für wie wichtig hältst du es, in Aufgaben auch hineinzuwachsen und diese schätzen zu lernen?

Super wichtig; ich habe die Agentur vor vier Jahren gegründet und mir zum Ziel gesetzt, dass ich niemanden etwas zeigen möchte, was ich selbst nicht getan habe. Dadurch ist meine eigene Personenmarke überhaupt erst entstanden. Ich probiere alles selbst aus, bevor ich es an meine Kund:innen weitergebe.

Einstellung ist für dich ein wichtiges Wort, eine Kerndisziplin. Kann man Einstellung lernen?

Zu 100 Prozent kann man das. Ich hatte bei meinem Studium beispielsweise für einige Jahre die Einstellung, dass alles eine Bringschuld ist. Die Idee, das eigene Business wird schon zu mir kommen. Es kam aber nicht. Unser Leben ist eine große Holschuld, wenn du etwas willst, musst du selbst etwas dafür tun. Und niemand anderes ist dafür verantwortlich!

Wie wichtig ist das Arbeitsumfeld, ob mit Kolleg:innen oder der Standort usw., für die Zufriedenheit und wie hoch ist der Stellenwert von Gehalt oder Umsatz im Vergleich für dich?

Ich lasse mir bei meiner Agentur nur ein sehr geringes Gehalt auszahlen, da ich aus anderen Unternehmen noch Geld beziehe und auch durch meine Aktivität im Vertrieb gute Rücklagen aufbauen und Investments tätigen konnte. Das Arbeitsumfeld ist für mich sehr wichtig, wir haben für uns den Leitspruch: Lieber 50 Freund:innen als 500 Mitarbeiter:innen und so schauen wir immer erst auf die Werte.

In welchem Feld würdest du dich am ehesten jetzt weiterbilden wollen?

Psychologie ist das Thema, das mich neben Social Media und Branding am meisten interessiert. Außerdem überlege ich, irgendwann noch einmal in den E-Sport zu gehen und mir ein eigenes League of Legends Team zu kaufen.

Du rätst zum Denken „Outside the Box“. Welche Konventionen limitieren deiner Ansicht nach besonders die Entwicklung von Menschen in ihrem Berufsleben?

Gerade in Deutschland wird es Selbstständigen nicht leicht gemacht. Neben vielen bürokratischen Hürden gibt es bis heute kein Fach in der Schule oder an der Universität, das Unternehmertum erklärt (Anmerkung der Redaktion: Schwerpunkte wie Unternehmensführung sind im BWL-Studium jedoch vorhanden). Stattdessen müsste Schule individuell Fähigkeiten und Vorlieben von jungen Menschen fördern neben der reinen Wissensvermittlung. Wir machen uns im Jahr 2021 immer noch Gedanken, Schule überhaupt zu digitalisieren. Jedes Unternehmen verliert den Anschluss, wenn es sich der digitalen Transformation verweigert. Bei Behörden und dem Schulsystem werden Ausnahmen gemacht zu Lasten der Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft.

Unsere Gesellschaft ist geprägt von negativen Nachrichten, denn diese lassen sich besser vermarkten als Erfolgsgeschichten. Wir haben einen zu hohen Anteil an Schwarz-Weiß-Denker:innen. Deswegen ist es umso wichtiger, das eigene Bewusstsein zu stärken, sich einen Kreis an Vertrauten Menschen aufzubauen für regelmäßiges Feedback und ab und an mal rauszuzoomen, um sich seine Meinung zu bilden, eine eigene Haltung zu entwickeln und seinen Weg zu gehen.


Wir bedanken uns herzlich bei Torben Platzer für die ausführlichen Insights und das schriftliche Interview.

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