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E-Commerce
Eine Achterbahnfahrt: So wirkt sich Corona auf Amazon aus

Eine Achterbahnfahrt: So wirkt sich Corona auf Amazon aus

Ein Gastbeitrag von Franz Jordan | 22.06.20

Der Online-Handel über Amazon weist in Coronazeiten ganz eigene Besonderheiten auf. Darauf muss der E-Commerce jetzt achten.

Seit Monaten verlangt das neuartige Coronavirus der Welt einiges ab. Mittlerweile konnten nach Zahlen der US-amerikanischen Johns Hopkins Universität global mehr als 7.145.000 Corona-Infektionen nachgewiesen werden – viele Krankenhäuser sind oder waren überlastet (Stand: 09. Juni). Doch die COVID-19-Krise belastet nicht nur Gesundheitssysteme, sondern stellt auch die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Laut Statistischem Bundesamt sank das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im ersten Quartal des Jahres um 2,2 Prozent. Nachbarländer wie Frankreich (-5,8 Prozent) und Italien (-4,7 Prozent) traf es noch schlimmer. Für 2020 rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang von 6,3 Prozent der Wirtschaftsleistung – das wäre die schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Hinzu kommen Millionen von Menschen in Kurzarbeit, Jobverluste und Einstellungsstopps in vielen deutschen Unternehmen. Trotz der mittlerweile weitreichenden Lockerungen und Wiedereröffnung von Geschäften hat gerade der Einzelhandel seine Fühler auch auf andere Channel ausgestreckt – beispielsweise den Online-Handel über Amazon, der in Coronazeiten ganz eigene Besonderheiten aufweist.

Von Angebot und Nachfrage

Für den E-Commerce begann die Krise mit einem Problem in Bezug auf das Angebot: China traf das Coronavirus und seine wirtschaftlichen Folgen bereits Anfang des Jahres – viele Fabriken wurden entweder geschlossen oder nur eingeschränkt betrieben. Dadurch kam auch das Angebot der Nachfrage nicht mehr hinterher. Zwar laufen die meisten Betriebe in China mittlerweile wieder wie gewohnt, aber das Problem hat sich schon längst verlagert: Während das Angebot wieder steigt, ändert sich die Nachfrage. Das ist auf Amazon besonders gut erkennbar. Einige Produktkategorien (zum Beispiel Mode und Schuhe) erleben seit dem Beginn der Pandemie einen Rückgang, andere Kategorien wie Lebensmittel und Haushaltswaren (ja, auch Toilettenpapier), Home-Office-Ausstattung, Garten, Fitness oder der Unterhaltungssektor verzeichnen hingegen einen Anstieg der Verkäufe. Es gibt verschiedene Gründe für diese Trends: a) eine Verlagerung von Offline Stores hin zum Online Shopping; b) die Zukunft wird in die Gegenwart geholt, sprich essenzielle Produkte, die sonst nach Bedarf gekauft werden, werden jetzt als Vorräte angelegt (Stichwort Hamsterkäufe); und c) gibt es eine Anpassung an die neue Lebenssituation, die sich beispielsweise durch den Erwerb von Home-Office-Ausstattung oder Fitnessgeräten auszeichnet –  aktuell hoch im Kurs, aber voraussichtlich mit fallender Nachfrage, sobald das Haus erstmal „Quarantäne-ready“ ist.

Logistische Herausforderungen

Eine Umfrage des E-Commerce-Software-Anbieters Sellics von Mitte März zeigt, dass viele Online-Verkäufer bei Ausbruch der Krise durchaus optimistisch waren. Ihrer damaligen Einschätzung nach dürfte der E-Commerce aus der aktuellen Situation langfristig Vorteile ziehen, da sich Kaufverhalten und Gewohnheiten zugunsten des Online Shoppings ändern könnten.

Mit der Zeit wurden aber auch der E-Commerce und damit Amazon vor neue, zum größten Teil logistische Herausforderungen gestellt: So stellte das Onlineverkaufsportal etwa 100.000 zusätzliche Mitarbeiter ein und plant derzeit, weitere 75.000 zu beschäftigen. Darüber hinaus hatte Amazon zwischenzeitlich den Einkauf von nicht-essenziellen Artikeln zurückgefahren. Auch die Wiederauffüllung der Lagerbestände für Händler, die nicht-essenzielle Artikel von Amazon versenden lassen (Fulfillment by Amazon; FBA), wurde beschränkt. Das bedeutete: Während Amazon essenzielle Produkte wie Babypflege und Medikamente bevorzugte, kam es bei nicht-essenziellen Artikeln zu langen Lieferzeiten oder sogar zum Ausverkauf – was wiederum einen direkten negativen Effekt auf das Ranking des Produkts hatte. Und ein schlechtes Ranking wiederum führt generell zu weniger Verkäufen. Aus diesem Teufelskreis wieder heraus zu kommen, kann sich als schwierig erweisen.

Marken suchten alternative Versandmöglichkeiten

Wegen der Beschränkungen für nicht-essenzielle Artikel suchten viele Amazon-Verkäufer nach anderen Wegen, ihre Produkte an Kunden zu versenden. Seller, die über FBA verkaufen, versuchten ihren eigenen Versand einzurichten (Fulfillment by Merchant, FBM). Vendoren zogen in Erwägung, Seller-Konten einzurichten, um FBM zu nutzen oder sie verkauften ihre Produkte über ihre Handelspartner auf dem Amazon Marktplatz. Daher waren plötzlich viele Produkte nicht mehr über FBA oder Prime erhältlich – und mehr FMB-Artikel landeten in der Amazon Buy Box. Die gute Nachricht: Amazon hat mittlerweile die Aktivitäten für nicht-essenzielle Artikel wieder aufgenommen, sodass die Lagerbestände wieder aufgefüllt werden können und sich die Versandzeiten verkürzen.

Werbung während der Krise

Die aktuelle Situation hat folgerichtig auch Auswirkungen auf das Marketing bei Amazon. In der zu Beginn der Krise von Sellics durchgeführten Umfrage gaben fast 40 Prozent der befragten Marken an, dass sie ihre Werbebudgets kürzen würden. Die Gründe dafür lagen unter anderem in unklaren Prognosen bezüglich der Lieferketten, Logistik und Nachfrage.

Entgegen der Erwartungen gab es aber nach einer aktuellen Analyse von Sellics über die letzten Monate (seit März) durchaus sehr positive Trends im Werbegeschäft für viele Marken auf Amazon. Die Werbeumsätze und der Traffic haben kräftig angezogen. Gleichzeitig sind aufgrund von weniger Konkurrenz die Werbekosten (Klickpreise) gesunken. Für viele Marken, die Amazon-PPC-Anzeigen schalten, bedeutete das einen besseren Return on Investment (ROI), also mehr Umsatz für die gleichen Kosten.

Wie geht es weiter?

Die neue E-Commerce-Welt hat sich während der COVID-19-Krise zu einem sehr dynamischen Umfeld entwickelt. In der Folge sollten Marken stets die neuesten Entwicklungen im Auge behalten und ihre Verkaufs- und Werbestrategien flexibel und in Übereinstimmung mit aktuellen Informationen anpassen. Und wie bei allen Dingen im Leben ist Angst auch hier kein guter Ratgeber: Denn wo die einen mehr Zurückhaltung etwa bei ihren Werbebudgets üben, tun sich Lücken für andere Händler auf. Darauf geschickt und agil zu reagieren, kann sich daher gerade in der Krise als Erfolgsstrategie erweisen.

Obwohl die Geschäfte in den Innenstädten wieder ihre Pforten öffnen, dürfte die Zurückhaltung der Kunden im stationären Handel noch anhalten: Neben der allgemeinen Unsicherheit aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtlage dürften auch Bedenken aufgrund des Coronavirus dafür sorgen, dass nicht wenige Kunden den persönlichen Gang ins Kaufhaus meiden. Die Verlagerung vom Offline-Handel hin zum Online Shopping könnte damit also noch einige Zeit anhalten.

Kommentare aus der Community

Khenene am 09.12.2020 um 15:13 Uhr

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Antworten
Paul am 09.07.2020 um 09:15 Uhr

Das ist ja der Wahnsinn :o
Hätte ich nie gedacht.

Antworten
Norbert H. am 25.06.2020 um 12:24 Uhr

Ich hätte zwar gedacht, dass der Umsatz „dank“ Corona steigt. Aber dass es so extrem ist, hätte ich nicht gedacht.

Antworten
Maren R. am 21.06.2020 um 21:19 Uhr

Toller Artikel!

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