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Digitalisierung
Was kommt nach Corona? 7 Trends zu Arbeitswelt und Gesellschaft

Was kommt nach Corona? 7 Trends zu Arbeitswelt und Gesellschaft

Michelle Winner | 27.04.20

Mehr Home Office, steigendes Umweltbewusstein und Zusammenhalt: Die Coronakrise ist von Angst und Unsicherheit geprägt, bietet jedoch auch Chancen für die Zeit danach.

Die andauernde Coronapandemie hat nicht nur unseren Alltag, sondern auch die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Wir sind mit neuen Herausforderungen konfrontiert, auf die schnell und effektiv reagiert werden muss. Doch viele der derzeitigen Veränderungen sollen nicht temporär bleiben, sondern auch nach Corona in unser Leben integriert werden. Wir haben die wichtigsten Learnings und damit einhergehend potenzielle Trends für die Post-Corona-Zeit für dich zusammengefasst:

1. Mehr Wertschätzung für alle Berufsgruppen

Immer wieder stellten wir uns in den vergangenen Wochen die Frage, welche Berufe systemrelevant sind? Wer hält die Infrastruktur am Laufen und wer sorgt dafür, dass wir trotz anhaltender Pandemie weiterhin halbwegs normal leben können? Wenn uns die derzeitige Situation etwas gezeigt hat, dann, dass Verkäufer in Supermärkten und Drogerien, Fahrer in den Öffis, Postboten, Müllabfuhr und viele mehr unseren größten Respekt verdienen. Denn sie halten den Laden am Laufen. Mit Dankesbekundungen entsteht eine neue Form von Wertschätzung für bestimmte Berufsgruppen, die vermutlich auch nach Corona nicht schwinden wird. Abfällige Sprüche wie „Streng dich in der Schule an, sonst musst du auch irgendwann an der Kasse sitzen“ gehören damit hoffentlich der Vergangenheit an.

Eine Sonderstellung hierbei tragen noch einmal die Berufstätigen im Medizinsektor und in Pflegeberufen. Der Supergau in Krankenhäusern, so wie in anderen Ländern, ist bisher ausgeblieben, doch trotzdem rufen die Menschen in diesen Berufen Höchstleistungen ab, immer unter Einsatz ihrer eigenen Gesundheit – schließlich haben sich bereits viele Ärzte und Pflegekräfte mit Covid-19 infiziert. Ein ähnliches Risiko tragen auch die Arbeitenden in Pflegeeinrichtungen, wo die Hygienemaßnahmen schwieriger umzusetzen sind als an anderen Arbeitsplätzen. Und genau deshalb ist nach Corona davon auszugehen, dass ein Umdenken stattfindet: Pflegekräfte sollen endlich fair bezaht werden und nicht mehr die Opfer von Stress, Überlastung und Fachkräftemangel sein.

2. Home Office bleibt keine Ausnahme

25 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland sind derzeit im Home Office tätig. Die Coronapandemie zwang in vielen Unternehmen zu einem Sprung ins kalte Wasser. Doch anstatt das Geschäft ruhen zu lassen und vielleicht Kurzarbeitergeld zu beantragen, wagten die Arbeitgeber die Umstellung auf remote work. Trotz aller damit einhergehender Schwierigkeiten, wie fehlendes technisches Equipment oder die gleichzeitige Kinderbetreuung, sind die meisten Arbeitnehmer zufrieden mit dem Modell, wie die Befragung des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) ergibt.

Ein Grund mehr, dieses auch nach Corona beizubehalten. Momentan überschlagen sich die Diskussionen darüber, ob nicht gleich ein gesetzlicher Anspruch auf Home Office eingeführt werden sollte. Unabhängig davon sollten sich Unternehmen aber in jedem Fall überlegen, ob sie das Modell dauerhaft einführen. Den Mitarbeitern beispielsweise zweimal pro Woche die Wahl zu lassen, von wo aus sie ihre Arbeit verrichten, sorgt nicht nur für mehr Freiheit und Flexibilität, sondern stärkt auch das Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und -geber.

3. Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland

Momentan bekommen wir zu spüren, dass Deutschland in Sachen Digitalisierung hinterherhinkt. Dies macht sich nicht nur beim Home Office bemerkbar, sondern auch in den Bildungseinrichtungen. Zwar sind die meisten Universitäten auf Online Learning umgestiegen, doch die internen Server sind oft nicht ausgelegt für Vorlesungen via Livestream und andere große Datenmassen. Hinzu kommt die fehlende digitale Kompetenz vieler Lehrender. Ein ähnliches Bild zeichnet sich an den Schulen ab. Lehrern fehlt häufig eine digitale Weiterbildung und so gestaltet sich der Unterricht von zu Hause aus schwierig bis unmöglich. Dabei ist dies in anderen Ländern längst kein Problem mehr. Daher ist eine Hoffnung für die Post-Corona-Zeit definitiv die digitale Aufrüstung an Bildungsinstituten.

Doch nicht nur der Bildungssektor hat die Digitalisierung verschlafen, sondern auch das öffentliche Leben. Gerade derzeit, wo viele Ämter Publikumsverkehr einschränken oder ganz aussetzen, fehlt die Möglichkeit Behördengänge auch von zu Hause aus erledigen zu können. Auch hier ist zumindest mit dem Wunsch nach einer Umstellung auf digital zu rechnen.

4. Bargeld verliert weiter an Bedeutung

Touristen aus dem Ausland schütteln in Deutschland häufig mit dem Kopf. Wieso? Weil es immer noch viele Geschäfte gibt, wie Bäckereien oder kleinere Läden, in denen die Kartenzahlung nicht möglich ist. Die Menschen in Deutschland scheinen stark am Bargeld festzuhalten. Doch gerade während der Coronapandemie wird dafür appelliert, lieber mit der Karte zu bezahlen – um so das Ansteckungsrisiko zu senken. Was in den Supermarktketten kein großes Problem darstellt, gestaltet sich in kleineren Geschäften und beim Außerhausverkauf schwierig. Eventuell führt die aktuelle Lage dazu, dass ein Umdenken stattfindet und nicht nur das Zahlen mit der Karte oder per App vereinfacht, sondern gleichzeitig auch der Gesellschaft die Scheu davor genommen wird.

5. Regionale Händler vor Amazon und Co.

Und apropos kleine Geschäfte: Diese könnten, trotz schwieriger finanzieller Lage, von der Coronapandemie profitieren. Denn viele Hilfsaktionen zeigen, dass die Menschen in der Umgebung nicht möchten, dass die lokalen Anbieter aussterben. Dieses Bewusstsein spiegelt Wertschätzung wider, die vermutlich auch nach der Krise bestehen bleiben wird. Schon jetzt, mit der Wiedereröffnung einiger Geschäfte, versuchen die Käufer ihre regionalen Händler zu unterstützen, anstatt bei Amazon zu bestellen oder direkt zu den großen Ketten zu laufen. Dieser Trend hat großes Potenzial für die Zukunft, vor allem dann, wenn auch kleinere Anbieter zusätzlich noch einen eigenen Online Shop für ihre Produkte anbieten. Denn so können auch Kunden gehalten werden, welche die Bequemlichkeit des Online-Versands bevorzugen.

6. Steigendes Umweltbewusstsein der Gesellschaft

Delfine in Venedig und Pinguine auf den Straßen Kapstadts – die Natur findet ihren Weg zurück in die Menschenwelt. Zeitgleich verschwinden auch die dicken Smogfelder über Großstädten in Indien oder China. Das Ausbleiben von Berufsverkehr und Freizeit im Freien durch Corona macht sich deutlich bemerkbar. Und die meisten Menschen nehmen diese Veränderungen mit Freude oder Überraschung wahr.

Dadurch bleibt zu hoffen, dass sich das Umweltbewusstsein der Gesellschaft weiterentwickelt und auch die Greta-Kritiker sehen, was bereits kleine Veränderungen bewirken. Der Trend geht also dahin, dass nach der Coronapandemie auf umweltbewusstes Verhalten gesetzt wird. So können Unternehmen beispielsweise ihre Mitarbeiter dazu aufrufen, mit den Öffis zur Arbeit zu kommen – und entsprechende Zuschüsse gewähren. Gleichzeitig achtet vielleicht auch jeder Einzelne mehr auf den eigenen Müllverbrauch und sieht davon ab, Verpackungen und ähnliches einfach auf der Straße, am Strand oder direkt im Wasser zu entsorgen.

7. Unsere Gesellschaft hält zusammen

Nachbarn gehen für ältere Mitbürger einkaufen, Privatleute nähen Masken und verkaufen diese für moderate Preise oder verschenken diese sogar an Pflegeeinrichtungen und gemeinnützige Organisationen verteilen kostenlose Bücher an Kinder: Diese Zeit ist neben Angst und Unsicherheit auch von Gemeinschaftsgefühl geprägt. Als Gesellschaft versuchen wir verantwortungsbewusst zu handeln und somit Risikogruppen zu schützen. Zusammenhalt und Unterstützung werden großgeschrieben und Nachbarn sind plötzlich keine Fremden mehr, sondern Personen, mit denen man gemeinsam eine Krise übersteht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses Gemeinschaftsgefühl auch nach Corona anhält. In der Zeit nach Corona denken wir vielleicht alle etwas weniger an uns selbst und dafür mehr an andere. Von allen Trends ist dies vielleicht der wünschenswerteste.

Positive Prognosen oder Schwarzmalerei?

Natürlich gibt es zu diesen Trends auch Gegenmeinungen. Die Skeptiker gehen davon aus, dass die Trends vielleicht in den ersten ein bis zwei Monaten nach der Pandemie beibehalten werden, wir dann aber zum Status quo zurückkehren – aufgrund der eigenen Bequemlichkeit und der Scheu vor dem Neuen. Doch so muss es nicht kommen. Diese Coronakrise hat uns mehr als nur einen Denkanstoß gegeben und es ist in jedem Fall wünschenswert, dass wir zumindest einige davon verinnerlichen und in Taten umsetzen. So gehen aus der Krise nicht nur Unsicherheit und Sorgen hervor, sondern auch echte Chancen für die Zukunft.

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