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Heute schon Trends von morgen kennen: So funktioniert KI Pythia
© Swarm Market Research AI GmbH

Heute schon Trends von morgen kennen: So funktioniert KI Pythia

Michelle Winner | 14.10.19

In hart umkämpften Branchen siegt, wer weiß, was trendet. Pythia unterstützt dabei, indem sie die Trends der nächsten 18 Monate voraussagt - mit 95 prozentiger Wahrscheinlichkeit.

In der Marktforschung wird alles daran gesetzt, Daten so zu analysieren, dass gegenwärtige Entscheidungen über Produkte zum bestmöglichen Ergebnis führen. Was jedoch immer fehlte, war eine zuverlässige Methode, auch zukünftige Trends aufzuspüren. Ausgerechnet die Gründer einer Kosmetikmarke sind es, die eine Lösung fanden. Das KI-basierte Tool Pythia des Startups Swarm Marketing Research AI GmbH macht es möglich, die Trends der nächsten 18 Monate zu prognostizieren – mit 95 prozentiger Wahrscheinlichkeit. Wie das funktioniert, wie die Entwickler auf die Idee gekommen sind und wie auch du dein Produkt damit zum Bestseller im E-Commerce machen kannst, zeigen wir euch anhand eines Fallbeispiels.

Genaue Prognosen für Trends – So funktionierts

Ganz einfach beschrieben, analysiert Pythia die Suchbegriffe von Usern auf Google oder großen E-Commerce-Plattformen wie Amazon. Dafür muss die KI natürlich zunächst mit Daten gefüttert werden. Als Nutzer des Tools legst du außerdem deine eigenen relevanten Keywords fest. Einmal im Monat erhältst du dann eine Auswertung. Diese umfasst jedoch nicht nur deine eigenen Keywords, sondern auch allgemein branchenrelevante Begriffe, die in deine Sparte passen und mit großer Wahrscheinlichkeit trenden. Die Algorithmen von Suchverläufen werden mit vorhandenen Daten verglichen und Schwerpunkte ausgemacht. Anhand dessen können wichtige Entscheidungen getroffen werden:

Welche Farben sehen wir in der nächsten Saison in den Schaufenstern? Welche Inhaltsstoffe werden in Kosmetika gesucht? Welche Food Trends setzen sich durch? Je nach Bereich kann Pythia dir prognostizieren, was relevant wird. Zusätzlich kannst du dir ähnliche Suchbegriffe zu deinen Keywords anzeigen lassen und die Ergebnisse auf bestimmte Länder und deren Märkte beschränken. Die Auswertung zeigt dabei folgende Werte:

  • E-Commerce-Relevanz: Auf einer Skala von 0 bis 5 wird das Interesse an einem Suchbegriff gezeigt.
  • Trendscore: Mit dem Score, der zwischen -10 und 10 liegt, wird die Entwicklung von Keywords gezeigt. Im positiven Bereich ist ein Wachstum zu erwarten, während negative Werte ein Warnsignal für dich darstellen.
  • Durchschnittliches monatliches Suchvolumen: Hier wird angezeigt, wie oft ein Begriff innerhalb der letzten fünf Jahre gesucht wurde.
  • Aktuelles monatliches Suchvolumen: Dieses gibt einen absoluten Wert an, der dir zeigt, was momentan in deiner Branche gesucht wird.
  • Total Score: Auch hier geht die Skala von -10 bis 10. Der Score setzt Relevanz und Trendscore in ein Verhältnis von 3:7 und zeigt dir so, wie relevant ein Keyword innerhalb der nächsten 18 Monate wird.

Pythia im Fallbeispiel: Dr. Severin startet durch

Vor der Entwicklung von Pythia trat Gründer Peter Hart mit seiner Kosmetikmarke Dr. Severin in der bekannten Show „Die Höhle der Löwen“ auf. Der TV-Auftritt sorgte dafür, dass das vorgestellte Produkt, ein After Shave Balm, zum Bestseller in Amazons Beauty-Kategorie wurde. Da von Anfang an der Fokus auf dem reinen Online-Vertrieb über Amazon und dem eigenen Online Shop lag, konzentrierte sich die Marketingabteilung auf Analysen der Suchanfragen in der Branche. 2015 kam es so zur Entwicklung von Pythia.

Der Einsatz von Pythia für die Marke Dr. Severin

Wie Pythia funktioniert, haben wir bereits oben erklärt. Dr. Severin machte sich die Auswertungen des Tools zu Nutze und bekam Auskunft darüber, welche Suchbegriffe, insbesondere Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen, in der Branche besonders gefragt waren.

„Die KI von Pythia prognostiziert das zukünftige Suchvolumen zu Keywords für 18 Monate. Dabei markiert die orange Linie den voraussichtlichen Trendverlauf, der dunkelgrüne Bereich die 67-prozentige Wahrscheinlichkeit der Entwicklung und der hellgrüne eine 95-prozentige.“ © Swarm Marketing Research AI GmbH

Besonderheiten der eigenen Branche berücksichtigen

Besonders in der Kosmetikbranche liegt der Fokus zum einen auf Inhaltsstoffen und zum anderen auf der Wirkungsweise. Dr. Severin nutzte den Fokus auf diese beiden Kategorien um herauszufinden, was in der Zukunft trenden wird. Gründer Peter Hart untersuchte dafür die Begriffskombinationen von Beauty, Anti-Age, Kosmetik und Falten. Und so erkannte Pythia, dass Vitamin C und Hyaluron als Suchbegriffe an Bedeutung gewinnen würden. Die junge Kosmetikmarke brachte anhand dieser Ergebnisse als erster Hersteller weltweit ein Serum auf den Markt, das beide Inhaltsstoffe beinhaltete. Durch die frühe Erkennung des Trends war Dr. Severin sogar den großen Marken einen Schritt voraus.

Die Verkaufsentwicklung des Dr. Severin Vitamin C Hyaluron Serums vom Verkaufsstart 2017 an. © Swarm Marketing Research AI GmbH

Nach Einführung des Produkts steigerte die Marke ihren Umsatz um 40 Prozent. Der Einsatz von Pythia spielte die entscheidende Rolle. Der Fokus liegt dabei auf der schnellen Erkennung und Umsetzung vom Trends, um der Konkurrenz so einen Schritt voraus zu sein. Gleichzeitig werden die Bedürfnisse und Wünsche von Kunden berücksichtigt – schließlich sind es ihre Suchanfragen, die zur Analyse genutzt werden.

Nachgehakt beim Gründer – Peter Hart stellt sich unseren Fragen

Natürlich stellen sich beim Einsatz von KI immer Fragen, die auch potentielle Nachteile, Datenschutz und Co. umfassen. Deshalb stellt sich der Gründer Peter Hart unseren Fragen zu Pythia:

OnlineMarketing.de: Datenschutz ist ein allgegenwärtiges Thema heutzutage: Wie verhält sich Pythia dahingehend? Sind die analysierten Suchanfragen anonymisiert oder können anhand der Daten auch Rückschlüsse auf die User gezogen werden, wie Alter, Geschlecht, Herkunft, etc.?

Peter Hart, Gründer von Dr. Severin und Swarm Market Research AI GmbH

Peter Hart: Wir nehmen das Thema sehr ernst und unterhalten die sichersten Serverstrukturen weltweit. Anhand der Daten können noch keine Rückschlüsse auf die User gezogen werden, aber wir arbeiten daran, die Daten anzureichern. Dies geschieht jedoch ausschließlich mit verschlüsselten, anonymisierten Daten, die keine Rückschüsse auf konkrete User zulassen. Die Anreicherung dient einzig dazu, mehr Erkenntnisse aus den Daten zu ziehen.

Aktualität spielt für Ihre Marke nach eigener Aussage eine große Rolle: Wie agil arbeitet Pythia? Mal angenommen, ein hochgelobter Kosmetikwirkstoff wird plötzlich zum Mittelpunkt eines Skandals und Shitstorms – Reagiert Pythia sofort und passt die Trends an? Oder braucht es dafür Vorlaufzeit, da sich ja auf Daten der letzten fünf Jahre bezogen wird?

Pythia reagiert sofort. Die Beurteilung nach positiv oder negativ liegt beim Kunden. Wir arbeiten zur Zeit an einer Kontexterkennung, um die Stimmung zum Trend zu erkennen.

Angenommen, ich verwende Pythia für meine Produkte: Wie viel Arbeit übernimmt die KI für mich und wo ist immer noch menschliches Handeln und Abwägen gefragt?

Pythia steht auf Ihrem Dach und hält für Sie Ausschau nach neuen Trends – wie ein Radar. Alles menschliche Handeln und Abwägen im Unternehmen bleibt bestehen, es wird lediglich um einen wertvollen Informationsvorsprung ergänzt. Wir wollen, dass Sie neue Trends Wochen, Monate oder Jahre vor der Konkurrenz kennen. Wir wollen, dass Sie ebenso wissen, wann ein Trend sich wieder verabschiedet. Wir sind uns sicher, dass das der entscheidende Wettbewerbsvorteil unserer Zeit ist, in der Trends immer schneller kommen und gehen.

95 Prozent Wahrscheinlichkeit der prognostizierten Trends ist wahnsinnig präzise. Doch was ist mit den restlichen fünf Prozent? Wodurch könnten Prognosen von Pythia gestört/ungenauer werden?

Pythia trainiert jede Minute. Mit jedem Datensatz, den sie ausliest, wird Pythia besser. Anfang des Jahres waren wir bei 66 Prozent Genauigkeit. 
Gestört werden konnte Pythia anfangs durch eine grundsätzliche Änderung des Verhaltens von Trends, also dass sie immer schneller kommen und immer kürzer zu bleiben. Um langfristig genaue Prognosen zu liefern, musste Pythia lernen, vergessen zu können. Dafür hat sie eine Kombination aus Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis (LSTM: Long short-term memory Neural Network – ein neuronales Netz mit Kurz- und Langzeitgedächtnis) erhalten. Pythia ist dadurch in der Lage, veraltete Erkenntnisse zu vergessen und grundlegende Verhaltensänderungen von Trends zu adaptieren.

Eine allgemeine Frage zum Thema KI: Einigen Leuten graut es davor, dass der Mensch immer weiter von der Maschine ersetzt oder kontrolliert wird. Wie würden Sie Skeptikern von KI begegnen und diese vom Konzept überzeugen?

Hätte man vor 100 Jahren, als die ersten Automobile die Straßen befuhren, den aktuellen technischen Stand präsentiert, wären viele davon ausgegangen, dass heute fast alle Menschen arbeitslos wären. Allerdings sind Menschen findig und neue Umstände schaffen neue Arbeit. Viele Berufe, wie Datenanalysten, sind in den letzten Jahren entstanden, alleine durch das Arbeiten mit Big Data, KI und Co. Die Strukturen haben sich nur übertragen, nicht geändert. Die Resultate unserer Arbeit sind immer noch auf den Menschen dahinter zurückzuführen, nicht auf die Technik.

Das sind positive, zukunftsorientierte Worte zum Abschluss. Wir bedanken uns für das offene Interview.

KI ist die Zukunft und wird, wie wir schon oft berichtet haben, zu unserem neuen Kollegen am Arbeitsplatz. Mit dem Beispiel Pythia wollten wir euch eine weitere Anwendungsmöglichkeit zeigen und dabei auch möglichen Skeptikern die Angst nehmen. Gerade in hart umkämpften Branchen, in denen verschiedene Hersteller oftmals ähnliche Produkte auf den Markt bringen, kann Pythia das Zünglein an der Waage sein – und durch seine Schnelligkeit den Erfolg eines Unternehmens bestimmen. Trends kommen und gehen immer schneller – wer dabei ein Tool wie dieses zur Unterstützung nutzt, ist ganz klar im Vorteil.

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