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Von der Jugend und anderen Problemen: auf den Medientagen München 2013

Von der Jugend und anderen Problemen: auf den Medientagen München 2013

Ralf Scharnhorst | 23.10.13

Minister Rösler, #LSR-Bösewichte und die Problem-Jugend – Bericht von den Medientagen München #mtm13. Gastbeitrag Ralf Scharnhorst.

Die Medientage München sind wahrscheinlich die traditionellste Konferenz der Medienbranche – daher wird kontrovers über sie diskutiert.

Onliner, die sich unter den 6.000 Teilnehmern der Medientage verirren, erliegen meist zwei Missverständnissen. Es geht bei den Medientagen nicht wirklich darum, Visionen für die Zukunft zu entwickeln, sondern um eine Bestandsaufnahme. Und es geht um die Abstimmung zwischen der deutschen Politik und der Medienlandschaft – etwas, was die Digitalbranche zumeist überhaupt nicht interessiert.

Dementsprechend abwertend fallen die meisten Online-Berichterstattungen und vor allem die Kommentare auf Twitter aus. Verschaffen wir uns einen Überblick, was wirklich geschah.

In der „Elefantenrunde“ diskutieren möglichst viele, möglichst altgediente Männer der klassischen Medienindustrie die aktuelle Lage. Papiermedien sind auf dem Rückzug. Man sucht einen Schuldigen. So kommt es zu dem Spruch „Die Jugend ist Schuld.“ – so wird es auf Twitter zitiert. Die Verleger, sie sind nicht verlegen – aber sie scheinen ihre Ideen verlegt zu haben.

Was Dirk Ippen, Verleger der Münchner „tz“ und „Merkur“ auch gesagt hat: „Die Zeitung als Commodity ist heute überall und jederzeit erreichbar“, denn für Jugend gäbe es heute nur drei Zustände „Entweder online, schlafen oder tot“.

Quelle: Medientage München 2013
Quelle: Medientage München 2013

Paywalls, Micropayment oder die Werbeflächen durch Realtime-Bidding besser aussteuern? All das wurde diskutiert, hängen blieb dabei wieder ein typischer Verleger-Satz: „das Internet geht nicht mehr weg.“

Ein weiterer Klassiker, der bislang jedes Jahr auf den Medientagen gefordert wurde: Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die ProSiebenSat.1-Gruppe wünschte sich damit einen größeren Stück vom Kuchen und hatte als mächtiger lokaler Steuerzahler auch immer die gehäuft auftretenden CSU-Delegierten hinter sich. Erstmalig war diese Forderung nicht zu hören.

Hält die TV-Branche neuerdings ähnlich zusammen wie die Radio-Sender, weil sie fürchten, dass ihr Medium sonst an Werberelevanz verliert?

Wohl nicht nur das, denn ProSiebenSat.1 zeigte in vielen Aspekten, wie stark sich ihre Wertschöpfung schon vom TV entfernt hat: Games und Online-Angebote tragen mehr und mehr dazu bei.

Der feierlicher Teil: Abendveranstaltung mit Fisch und Sushi.
Der feierlicher Teil: Abendveranstaltung mit Fisch und Sushi.

Traditionell ins Programm gehört seit langem auch ein Panel gegen Google. Dieses mal mit dem Titel „gehört Google das Internet“ – gesponsort, moderiert und besetzt von einer Firma des süddeutschen Medienmoguls Burda.

Der Geheimtipp der Veranstaltung war der etwas abgelegene MedienCampus. Hier war eine Karriere-Messe aufgebaut, auf der sich der Nachwuchs über seine Ausbildungsmöglichkeiten in der Medienbranche informierte. Und die angeschlossene Bühne bot eine überzeugende Leistungsschau eben dieses Nachwuchses. Dort haben Journalistik-Studenten ihre individuellen Reportagen erstellt und vorgeführt.

Herausragend eine Reportage, in der eine Einsteigerin und eine Aussteigerin der Branche interviewt wurden. Dabei meinte Ex-Nachrichten-Grande-Dame Nina Ruge, dass sie heutzutage nicht mehr für die Medien brennen würde, weil man ja in anderen Berufen viel mehr erreichen kann. Das meinte sie wohl finanziell. Sie ist nicht umsonst verheiratet mit Wolfgang Reitzle, einem der höchstbezahlten deutschen Manager und Autor des Buches „Luxus schafft Wohlstand“.

You know your blow dryer business is blown when you see this: in Bayern herrscht noch Recht und Ordnung.
You know your blow dryer business is blown when you see this: in Bayern herrscht noch Recht und Ordnung.

Quasi zum Beweis wurde dem eine Absolventin gegenübergestellt, deren Print-Redaktion während ihrer Probezeit geschlossen wurde. Sie arbeitet nun als unterbezahlte freie Autorin und Bloggerin sieben Tage die Woche und träumt von einem freien Tag.

War das Motto der Konferenz so gemeint: „Mobile Life: Medien – Werbung – Gesellschaft.“?

Oder hätte sie Hoffnung geschöpft in der aussichtsreichen Diskussion „kann Deutschland Silicon Valley?“.

Zwei Panel-Teilnehmer stiegen dort glänzend aus der Asche ihrer jüngsten Vergangenheit auf und argumentierten: „Ja, wir können das auch!“

Christoph Keese ist aufmerksamen Lesern von OnlineMarketing.de noch bekannt als strippenziehender Bösewicht hinter dem missglückten und dennoch verabschiedeten Gesetz zum „Leistungsschutzrecht“. Er war als Belohnung für seine Erfolge von seinem Arbeitgeber Axel Springer ins Silicon Valley gelobt worden. Davon zeigte er erfrischend sympathische Urlaubs-Dias, was die Springer-Vorstands-Gang im Mekka des Internets gemacht hatte: Networking am Pool vom feinsten und Ideen-Sammlung für den Konzern-Umbau von Abendblatt nach Idealo.de.

Quelle: Medientage München 2013
Quelle: Medientage München 2013

Wirtschaftsminister Rösler in den letzten Tagen seines Amtes wirkte entspannt und am richtigen Ort – hatte er doch als erster deutscher Minister vor den Studierenden der Harvard-Universität gesprochen. Wer hätte angesichts der Wahlergebnisse überzeugender vortragen können, dass wir eine neue Kultur des Risikos, Scheiterns und Wieder-Aufstehens brauchen?

Weitere Meldungen und Meinungen zu den Medientagen München sind auf Twitter unter dem Hashtag #mtm13 zu finden.

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