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Sergey Brin: Die Freiheit des Internets ist in Gefahr

Sergey Brin: Die Freiheit des Internets ist in Gefahr

Lars Antrack | 16.04.12

Iran und China, aber auch Facebook und Apple bedrohen die Grundsätze des freien Internets - fürchtet sich Google Mitbegründer Sergey Brin.

Iran und China, aber auch Facebook und Apple bedrohen die Grundsätze des freien Internets, fürchtet sich Google Mitbegründer Sergey Brin in einem Interview des britischen Guardian.

Der 38 jährige Multimilliardär, dessen Eltern dem Antisemitismus der Sowjet Union entflohen, glaubte bis vor Kurzen nicht, dass sich ein Volk lange den Umgang mit dem Netz vorschreiben ließe. Am Beispiel China sieht sich Brin allerdings revidiert. Es seien riesige Mächte am Werk, die der Freiheit des Internets im Wege stünden. Oder wie er es ausdrückt:

I thought there was no way to put the genie back in the bottle, but now it seems in certain areas the genie has been put back in the bottle

Er sei sehr beunruhigt über den Erfolg, mit dem Saudi Arabien, der Iran und China ihrem Volk ein politisch maßgeschneidertes, eingeschränktes und zensiertes Netz bieten. Aber auch Facebook  und Apple füttern seine Unruhe. Durch die elitäre und restriktive Unternehmenspolitik, die Entwickler und User an eiserne Regeln bindet, werden Innovationen blockiert.

There’s a lot to be lost. For example, all the information in apps – that data is not crawlable by web crawlers. You can’t search it.

Versteht man nun „Web Crawler“ als Sinnbild für Google Crawler, erscheint Brins vermeintliche Angst eher als Verdruss darüber, Google die Datenhoheit zumindest ein kleines Stück weit abgenommen zu haben. Facebook und Apple kontrollieren den Zugang der User zu den unternehmenseigenen Plattformen und diktieren Entwicklern die Bedingungen, untern denen Apps oder andere Anwendungen entstehen dürfen. Diese Regeln jedoch, seien für Innovationsprozesse stark hinderlich, so Brin:

You have to play by their rules, which are really restrictive

Unter solchen Bedingungen hätte Google nicht enstehen können, erklärt der Multimilliardär. Die Offenheit des (damaligen) Internets sei das grundlegende Fundament, auf das sich der Erfolg der Suchmaschine stützt. Informationen sammeln um Information geben zu können – so könnte die Maxime Brins dem Guadrian Interview entnommen werden.

Auch das Facebook den Datenaustausch zu anderen Plattform starkt einschränkt, steht zur Kritik. Immerhin wurde Google selbst  „Opfer“ des blauen Netzwerks. Im Jahre 2010 gab es einen Streit um die Nutzung der Google Contacts API. Grund: Google schrieb den Nutzern der API vor, das Informationen nur dann benutzt werden dürfen, wenn zugleich dem User eine Möglichkeit geboten wird, diese bei Bedarf zu exportieren. Da Facebook sich nicht daran hielt bzw. die API einfach umging, dreht Google den Datenhahn für Facebook ab.

Facebook has been sucking down Gmail contacts for many years

Aber Brin ist sich natürlich dem Image von Google als Datenkrake bewusst und räumt ein, Daten hin und wieder an die US Regierung aushändigen zu müssen und durch verschieden rechtliche Präventionen eingeschränkt zu sein.

Ein Geben und Nehmen 

Sergey Brins große Kritik an Apple und Facebook ist unter anderem also, dass Nutzer einem strengen Reglement unterliegen und verschiedenen Informationen weder Google noch den Nutzern zur Verfügung stehen. Ein Nehmen und Geben – das klingt fair. Das Google allerdings seine Problemchen im Umgang mit Regeln hat und sich auch selber ganz gut in Nehmen versteht, zeigt das Beispiel Google Street View.

Als Google seine mit Kameras ausgestatteten Fahrzeuge starten ließ, um die Straßen der Welt zu digitalisieren, wurden auch W-Lan-Hotspots lokalisiert, Daten wie E-Mail-Adressen, Webadressen und Passwörter mitgeschnitten. Die Export-Funktion dieser Art von Daten ist auch nicht bei Google Takeouts zu finden. Ein Dienst, der es erlaubt, die Daten verschiedener Google Tools zu archivieren. Naja, bei dem Mitschnitt der Daten seitens der Google Streetview Cars handelt es sich schließlich um ein Versehen, ließ der Konzert wissen. Passiert, wer kennt das nicht.

Aber ein Versehen lässt sich leicht aus dem Weg räumen, wenn man die darauf folgenden Konsequenten tragen kann. Und die gab es dann auch für Google, als die amerikanische Zulassungsbehörde für Kommunikationsgeräte (FCC  – Federal Communications Commission) das Szenario auf Rechtsverstöße untersuchen wollte. Informationen sammeln um Informationen geben zu können – das haben wir gerade noch gelernt. Aber im Geben wiederum versteht sich der Suchmaschinen-Riese nicht sonderlich gut. Das FCC veröffentlichte einen 25-seitigen Zwischenbericht, der den mangelnder Kooperationswillen Googles als deutliches Arbeitshindernis im Rahmen der Untersuchung herausstellt. An den Vorfällen beteiligte Mitarbeiter wurden zurückgehalten, Informationen und E-Mails verweigert – berichtet der Spiegel.

Den vollständigen Bericht des FCC finden Sie hier. Darin heißt es auch, die Suche nach Namen der damals beteiligten Mitarbeiter sei für Google „eine zu zeitaufwendige und beschwerliche Aufgabe“ und auch das Offenlegen der Projekt-Verantwortlichen dient laut Google „keinem Nützlichen Zweck“.

„Absichtlich behindert und verzögert“ ärgert sich das FCC und sanktioniert die Google Sturheit mit  25.000 US-Dollar. Eine Summe, die Google sicherlich aus der Portokasse zahlt. Allerdings befindet das FCC ferner, der Datenmitschnitt sei nicht illegaler Natur, da es sich nur um Daten handele, die nicht verschlüsselt worden waren.

Wie dem auch sei. Für die Grundsätze des freien Internets ist Facebook und Apple vermutlich nicht weniger Bedrohung als der Suchmaschinen-Riese selbst. Oder um es mit den Worten Immanuel Kants zu sagen:
„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. „

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