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Social Media Marketing
Instagram hat ein Problem mit rassistischer und diskriminierender Werbung

Instagram hat ein Problem mit rassistischer und diskriminierender Werbung

Tina Bauer | 01.06.18

Eine manuelle Prüfung von Werbeanzeigen würde mehr Mitarbeiter und einen möglichen Umsatzverlust bedeuten.

Als eines der derzeit beliebtesten sozialen Netzwerke mit einer Userbase von mehr als 800 Millionen monatlich aktiven Usern, die im Schnitt relativ jung sind, hat Instagram durchaus eine nicht unerhebliche soziale Verantwortung zu tragen. Nichtsdestotrotz geht problematische Werbung mit diskriminierenden Inhalten mitunter anscheinend ungeprüft durch.

Spielentwickler wirbt mit Retards

Aufsehen erregte jüngst eine Ad für das Videospiel Hustle Castle, in dem Spieler des ersten Levels als „Retards“ bezeichnet werden, was übersetzt soviel bedeutet wie „Zurückgebliebener“ oder „Vollidiot“. Auf Nachfrage von Digiday entschuldigte sich der Entwickler in einem Statement und zog die Werbung aus dem Verkehr:

This was not intentional by our Moscow based User Acquisition team. This was a poor judgment call without the proper knowledge of the language and disconnected from the local market. We apologize for the offense and will take steps to improve our advertisement choices for our entertainment applications.

Die Werbung für das Spiel stellt hier längst nicht das Ende der Fahnenstange dar. Ist die Ad unter Umständen vielleicht gerade noch zu verzeihen, sieht es bei rassistischer Werbung wieder ganz anders aus.

Instagram User @thisbrokenwheel wurde mit nationalistischen Inhalten auf der Plattform konfrontiert, was sehr offensichtlich zeigt, dass die Werbung in diesem  – zugegebenermaßen extremen Sonderfall – keiner vorherigen Prüfung unterzogen worden sein kann. Twitter User @nic_palermo bekam ebenfalls rassistische und überdies auch homophobe Werbung angezeigt.

Die genannten Ads sind bereits älteren Datums und daher nunmehr nicht Teil eines aktuellen Problems. Instagram selbst geht davon aus, dass nur im Einzelfall Werbung, die gegen die Richtlinien verstößt, durch die Prüfmechanismen nicht als problematisch erkannt wird.

Dennoch berichtete der Guardian, dass Instagram selbst mit problematischen Inhalten auf Facebook geworben habe: So postete die Guardian Journalistin Olivia Solon auf Instagram einen Screenshot, in dem ihr ein Fremder mit Vergewaltigung drohte. Weil der Beitrag ein sehr hohes Enagegement erzielte, nutzte Instagram ihn wohl ungeprüft als Ad auf Facebook, um die Plattform unter Solons Freunden zu bewerben: „See Olivia Solon’s photo and posts from friends on Instagram“, hieß es in der Facebook Ad.

Für diesen Fauxpas hatte Instagram sich jedoch direkt entschuldigt:

We are sorry this happened – it’s not the experience we want someone to have. This notification post was surfaced as part of an effort to encourage engagement on Instagram. Posts are generally received by a small percentage of a person’s Facebook friends.

Instagram ist trotz dieser Problematik immun gegen Kritik – noch

Obwohl bei Instagram vereinzelt auch diskriminierende Ads auftauchen, muss sich die Plattform im Gegensatz zu Facebook geringerer öffentlicher Kritik stellen. Auch das immense Problem mit den zahllosen Bots und Fake Interaktionen hat nicht zu einer minderen Beliebtheit des Netzwerkes beigetragen. Die User scheinen der Plattform im Allgemeinen weniger kritisch gegenüberzustehen als dem großen Bruder. Vermutlich ist der Einfluss auf die politische Meinungsbildung dort noch geringer: Hate Speech ist auf Instagram weniger verbreitet, die Plattform ist auch jetzt noch überwiegend ein Hort der Freundlichkeit und bei Usern sowie Marketern gleichermaßen beliebt. Auch sehen User hier wirklich fast ausnahmslos Inhalte, die für sie relevant sind, nicht aber Content, mit denen andere User interagieren – es sei denn sie suchen proaktiv danach. Die Blase ist auf Instagram entsprechend groß.

Man darf sich die Frage stellen, ob eine aktive Prüfung aller Ads vor der Veröffentlichung bei Instagram in vollem Umfang stattfindet, beziehungsweise, ob das so überhaupt möglich ist.Denn vermutlich wäre dafür eine Vielzahl weiterer Mitarbeiter notwendig. Zudem würde eine vorherige Prüfung bedeuten, dass Facebook auf potentielle Einnahmen verzichten müsste. Immerhin soll die Plattform laut Prognosen 2018 knapp  6,84 Milliarden Dollar Umsatz mit Werbeanzeigen machen. Das wären etwa 12 Prozent an Facebooks Gesamtumsatz in diesem Jahr. Allerdings setzt Instagram nach eigener Aussage bereits auf viele manuelle und automatisierte Systeme, die unangemessene Inhalte melden und blockieren sollen. Neben den technischen Lösungen prüft ein großes Team rund um die Uhr Beiträge in über 40 Sprachen; allerdings nur die, die zuvor gemeldet wurden. Vermutlich sind nur geringe Prozentsätze der zahlreichen, teils sehr gelungenen, Ads auf Instagram diskriminierenden Natur. Aber es muss der Anspruch der Plattform sein, auch diese zu verurteilen und diesen bestmöglich vorzubeugen. Jeder Nutzer kann dabei helfen, indem er anstößige Beiträge ohne Umschweife meldet.

Zwar ist Instagram derzeit noch verhältnismäßig immun gegen Kritik. Doch wird es auch nur eine Frage der Zeit sein, bis dieser Zustand sich auflöst; sofern die immer mal wieder auftauchenden Beispiele erst bei medialer Aufmerksamkeit wieder verschwinden.

Kommentare aus der Community

Seb am 04.06.2018 um 16:45 Uhr

Wieso muss immer alles verboten werden, was nicht der eigenen Meinung entspricht? Klar sind die Produkte nicht unbedingt feinfühlig, aber sie verstoßen auch nicht gegen Gesetze. Das Wort „Retard“ ist nicht nett, aber wird nun mal genutzt. „Nationalistische“ Tshirts? Patriotische Tshirts, Flaggen etc. kann man überall in den USA kaufen und das ist völlig legal.

[Dieser Satz wurde aufgrund unangebrachten Sprachgebrauchs entfernt]

Wann versteht ihr eigentlich, dass man nicht immer alles gleich verbieten kann, nur weil es nicht ins eigene Weltbild passt. Ganz zu schweigen davon zu fordern, alles auf manuelle Prüfung umzustellen, was einen enormen Aufwand verlangen würde und wie gesagt selbst da, sollten diese Werbungen nicht gesperrt werden!

Man kanns echt übertreiben……

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Niklas Lewanczik am 05.06.2018 um 08:01 Uhr

Lieber Seb,

freie Meinungsäußerung ist ein wichtiges Gut. Dennoch lehnen wir es als Redaktion ab, Rassismus und Diskriminierung zu banalisieren und dementsprechend auch einen Sprachgebrauch, der diese Formen reproduziert.
Nur weil das Wort „Retard“ genutzt wird, heißt das nicht, dass es keine Diskriminierung für die Betroffenen darstellt. Daher sollten Spielehersteller wie Marketer unbedingt von solchen Worten absehen, selbst wenn sie durch Fehlkommunikation zustande kommen. Und dass die entsprechenden Shirts frei verkauft werden ist richtig; dennoch bieten sie eine Grundlage für Kritik: Gewaltverherrlichung, Hate Speech, etc. Da darf ein jeder User diese melden.
Auch der Sponsored Post darunter entspricht keinesfalls den Richtlinien der Plattform.

Eine manuelle Prüfung ist sehr schwierig bei der Masse an Ads, richtig. Aber ich wiederhole: Rassismus, Homophobie, Diskriminierung jeglicher Art passen zurecht nicht in das Weltbild einer Plattform mit Abermillionen von, auch jungen, Usern und von uns. Daran ist nie etwas übertrieben.

Dass diese Fälle bei Instagram eher Ausnahmen darstellen, muss natürlich betont werden und sollte im Artikel auch klar werden.

Beste Grüße

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Oliver am 04.06.2018 um 16:44 Uhr

Hallo,

ich habe auch ähnliche Erfahrungen, aber auf Facebook gemacht. Dort wurden mir die Postings von rechtspopulistischen Seiten unter der Kategorie „Könnte Dir auch gefallen“ angezeigt. Ich habe diese Postings sofort gemeldet und finde es eine Frechheit, das Facebook als auch Instagram gegen so etwas nichts unternimmt – vor allem in der derzeitigen Zeit ist es überaus kritisch und fraglich, dass irgendwie nicht eingegriffen wird.

LG,
Oliver – Firmenpartnerschaft.com

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Seb am 04.06.2018 um 16:48 Uhr

Ein Algorithmus wird schon gewusst haben wieso er die Seite bewirbt und wenn die Seiten oder das Posting gegen keine Gesetze verstoßen, dann bringt auch Melden nichts. Wenn einem das nicht gefällt und man lieber weiter in seiner rosaroten Blase bleiben möchte und andere Meinung nicht akzeptieren kann, dann kann man diese Elemente gerne ausblenden. Auch diese Funktion bietet Facebook, selbst wenn dies wirklich ein schwacher Zug ist.

Antworten
Tina Bauer am 06.06.2018 um 11:07 Uhr

Lieber Seb,

Hetze hat nichts mit Meinung zu tun. Und Rechtfertigung von Hetze hat überdies nichts auf unserer Seite zu suchen. Wir behalten uns vor, jegliche Kommentare in diese Richtung künftig zu löschen.

Bunte Grüße,
Tina

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