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Molly Trump auf der d3con? Was wir aus der US-Wahl für die Werbung lernen können
Molly Schweickert, Head of Digital Cambridge Analytica, © d3con

Molly Trump auf der d3con? Was wir aus der US-Wahl für die Werbung lernen können

Ralf Scharnhorst | 22.03.17

Trump war auf der d3con? Nein, es geht ja nur um datengetriebenes Marketing. Daher präsentierte seine Werbe-Dienstleisterin Molly Schweickert von Cambridge Analytica die Kampagne, die die US-Wahl gewonnen hat. Gastautor Ralf Scharnhorst kommentiert.

Der Psychometrie-Daten-Werbe-Dienstleister Cambridge Analytica war im Dezember zum Erfolgsgeheimnis hinter der Trump-Kampagne erklärt worden – nachzulesen hier von Das Magazin. In 2017 war Cambridge Analytica dann hart angegriffen und weitestgehend entzaubert worden – unter anderem nachzulesen in der Zeit. Wie viel sie zum Wahlsieg von Trump beigetragen haben? Weiterhin unklar.

Die New York Times berichtete, dass die Psychographie-Merkmale in der Trump-Kampagne nicht zum Einsatz kamen. Für welche anderen Kunden sie arbeiten außer Trump und der Brexit-Kampagne? Geheim.

Haben Einwanderer möglicherweise Trump gewählt, weil sie nicht mitbekommen haben, dass er sie aus dem Land werfen will?

Es bleibt: ein Kandidat Trump mit vielfältigen Wahlversprechen, die am Ende nicht zusammenpassen. Ähnlich die Brexit-Kampagne. Und die Technik, jedem Wähler nur das für ihn passende Versprechen zu senden. Haben Einwanderer möglicherweise Trump gewählt, weil sie nicht mitbekommen haben, dass er ihre nachgereisten Verwandten aus dem Land werfen will? Kann Werbung das leisten?

Schweickert sprach auf der d3con vor großem Publikum über ihre Kampagne für Trump, © d3con

Bannerwerbung alleine sicher nicht. Aber es gab ja noch YouTube, Facebook und vor allem Native Programmatic – die Werbung, die so aussieht, als wäre sie ein redaktioneller Artikel. Erreichen also die von Journalisten geschriebenen Nachrichten das Volk nicht mehr, weil sie von “Native Programmatic” – Ads verdrängt werden, die auch aussehen wie neutrale Berichterstattung?

Falls wir etwas daraus lernen wollen: One-to-One-Kommunikation begünstigt Populisten. 

Beeindruckend präsentiert wurde jedoch die Detailtiefe, mit der Cambridge Analytica die Kampagne gesteuert haben will. Und die Menge der verwendeten Daten, bei denen deutsche Datenschützer im Grab rotieren würden, noch bevor sie beerdigt sind.

Einerseits: beruhigen wir uns. Cambridge Analytica fehlen die Daten, um in Deutschland aktiv zu werden.

Molly Schweickert präsentierte, wie grundsätzlich anders der amerikanische Wahlkampf gegenüber normalen Werbekampagnen sei: alle müssten zu einem genauen Zeitpunkt hin aktiviert werden, ein Marktanteil unter 50 Prozent bedeutet: verloren.

Die Detailtiefe der Trump-Kampagne verblüfft, Quelle: Foto von der d3con

Können wir daraus etwas für Marken-Werbung lernen?

Meine zwei Fragen an sie daher: können wir daraus etwas für Marken-Werbung lernen?
Teils, teils: granulare Werbebotschaften könnten ja auch Marken nützen.

Das wurde in meiner anschließenden Experten-Diskussion noch einmal beleuchtet. Die Idee von Cambridge Analytica ist nur digital gedacht. In Broadcast-Medien oder Plakaten kann nicht jedem Menschen eine völlig andere Positionierung eines Produktes gezeigt werden. Ein Kandidat oder Produkt mit widersprüchlichen Aussagen würde auffliegen. Im Analogen muss eine konsensfähige Message über das Produkt, ein stimmiges Markenbild kommuniziert werden. Und die analogen Medien machen noch den größten Teil des Werbekuchens aus. Eine Marke muss ein Versprechen über Jahre aufrecht erhalten und an der Ladenkasse einlösen. Dennoch: auch bei klassischen Kampagnen wurde hier das eine, dort das andere Motiv platziert, so beispielsweise in Frauenzeitschriften oder Männerzeitschriften, Wirtschafts- oder Boulevard-Zeitungen.

Meine zweite Frage: was Molly Schweickert motiviert hätte, für jemanden zu arbeiten wie … Trump? Sie ist fasziniert von der Technik und wollte helfen, dass alle Stimmen im Volk gehört werden. Wen sie selber gewählt hat, wollte sie auf Nachfrage des Moderators Thomas Promny allerdings lieber nicht sagen.

Andererseits: beunruhigen wir uns, regen wir uns auf! Jeder, der Demokratie will, muss dafür einstehen. Und jeder sollte darüber nachdenken, wen er wählt und für wen er arbeitet.

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