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Digitalabos versus Werbeanzeigen – Krisenzeiten erfordern neue Methoden

Digitalabos versus Werbeanzeigen – Krisenzeiten erfordern neue Methoden

Ein Gastbeitrag von Jan Reichert | 18.09.20

Corona sorgt für sinkende Werbeeinnahmen – selbst bei der einflussreichen US-Tageszeitung The New York Times. Das Gegenmittel: Digitalabos.

Die vergangenen Monate haben viele Branchen zum Umdenken gezwungen. Trotz steigender Internetnutzung hat die Coronakrise auch im digitalen Bereich für Unbehagen gesorgt. Reichweitenstarke Nachrichtenportale verzeichneten plötzlich rapide sinkende Werbeeinnahmen – und das obwohl immer mehr Menschen Online-Portale nach neuen Coronameldungen durchforsteten. Die Umsätze von The New York Times mit digitalen und Print-Anzeigen etwa gingen um 7,9 Prozent beziehungsweise 20,9 Prozent zurück. Doch die seit Jahren erprobten Digitalabos erwiesen sich als ein geeignetes Gegenmittel in der Coronakrise.

Patentrezept Digitalabos – The New York Times macht es vor

Vor 24 Jahren, am 22. Januar 1996, ging die Online-Ausgabe von The New York Times ans Netz. Nachrichten und Bilder der Tageszeitungen konnten fortan im Internet eingesehen werden. Ein erster Versuch, den einst kostenlos zur Verfügung gestellten Content in ein kostenpflichtiges Abo umzuwandeln, misslang. Das Experiment wurde 2007 nach einer Laufzeit von zwei Jahren eingestellt. 2011 folgte der nächste Versuch: Besuchern des Website-Angebots hat The New York Times monatlich 20 Artikel zur kostenfreien Einsicht angeboten, für weitere war ein digitales Abo fällig. Im Laufe der Zeit tüftelte der Publisher stetig weiter am Online-Abo-Modell.

Derzeit werden Lesern drei Möglichkeiten geboten:

  1. „Digital Subscriptions“ mit unlimitiertem Zugriff auf Content
  2. „Cooking“-Abo mit mehr als 19.000 Rezepten
  3. „Games“-Abo mit täglichem Kreuzworträstel, einem 25-jährigen Rätsel-Archiv und weiteren Spielen

Im vergangenen Jahr erwirtschaftete The New York Times mithilfe der Digitalstrategie erstmals über 800 Millionen US-Dollar. Neben Werbeeinnahmen spielte das digitale Abo-Angebot eine entscheidende Rolle. Etwa 3,4 Millionen Abos zählte man für Online-Nachrichten, 600.000 für das Rätsel- und 300.000 für das Rezept-Angebot. Ergänzend kommen noch 900.000 Abonnenten der Printausgabe hinzu.

Genau jene Digitalabos haben sich während der Coronakrise als stabil gezeigt, ganz im Gegensatz zu den einbrechenden Werbeeinnahmen, mit denen Medienhäuser auch hierzulande zu kämpfen haben. Ganz konkret in Zahlen: Ende März 2020 verbuchte The New York Times mit 587.000 neuen digitalen Abos den größten Anstieg in einem Quartal seit dem Start des kostenpflichtigen Online-Angebots im Jahr 2011. Etwa 468.000 Leser davon bezahlten für die die kostenpflichtige Berichterstattung, die übrigen 119.000 verteilten sich auf die separaten Abos „Cooking“ und „Crossword“. Insgesamt zählte The New York Times im ersten Quartal mehr als fünf Millionen Digital-Abonnenten – 3,9 Millionen für News, 1,1 Millionen für „Cooking“ und „Crossword“.

Während auch immer mehr deutsche Verlage exklusive Berichterstattung für zahlende Leser ihrer Online-Ausgaben anbieten, gestaltet sich die Suche nach Abonnements für Kreuzworträtsel und weitere Knobelspiele bei namhaften Online-Nachrichtenportalen schon deutlich schwieriger. Doch das scheint sich derzeit zu ändern.

Printphänomen Kreuzworträtsel als Abo-Magnet

Die Kreuzworträtsel sind aus The New York Times seit Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken. Zwar sträubten sich die Entscheider hinter der Tageszeitung anfangs noch gegen den Kreuzworträtseltrend, der spätestens ab 1924 einen weltweiten Hype auslöste. Doch der Angriff auf Pearl Harbor und das große Verlangen der Menschheit nach Ablenkung und sinnvollem Zeitvertreib bewirkte ein Umdenken: Ab Februar 1942 wurde den Käufern der Sonntagsausgabe ein umfangreiches Kreuzworträtsel präsentiert – das Crossword, das nur acht Jahre später zur täglichen Ausgabe und damit zur absoluten Selbstverständlichkeit gehörte.

Genauso selbstverständlich ist das tägliche neue Rätsel beim Online-Auftritt – nur gibt es hier einen Haken: Nutzern steht jeden Tag aufs Neue lediglich „The Mini“, ein winziges Kreuzworträtsel im 5×5-Raster zur Verfügung, für „The Crossword“, das beliebte umfangreiche Rätsel hingegen ist das separate „Games“-Abonnement fällig. Wie die Zahlen belegen, lockt genau das aber zahlende Nutzer an. Stetig denken sich Redakteure neue Rätsel aus und arbeiten an der beeindruckenden Wordplay-Kolumne, das Kreuzworträtselblog, das im Jahr 2008 startete und noch immer täglich mit neuen Inhalten wie Tipps und Tricks zu den Rätseln befüllt wird.

Erste Modelle auch in Deutschland auf dem Markt

Die aus den guten, alten Print-Tagen bekannten Kreuzworträtsel sind schon lange in der Digitalwelt angekommen. Als kostenpflichtiges Angebot deutscher Verlagshäuser waren sie bisher nicht anzutreffen. Nun nimmt sich jedoch BILD die The New York Times zum Vorbild und versucht, das Abo-Geschäft mit weiteren Angeboten wie einem Kreuzworträtsel anzukurbeln.

Jeder Nutzer – ob Abonnent oder nicht – hat die Möglichkeit, das Kreuzworträtsel des Tages kostenfrei auf einer beliebigen Plattform zu lösen, egal ob komfortabel am heimischen PC, mit dem Tablet auf der Couch oder unterwegs auf dem Smartphone. Um sämtliche Features nutzen zu können, darunter ein täglich neues Rätsel auf größerem Spielfeld, das gesamte Archiv, eine Auto-Check-Funktion sowie eine Druckversion des Rätsels, ist eine BILDplus-Mitgliedschaft vonnöten.

In Deutschland ist BILD damit das erste Nachrichtenportal mit großer Reichweite, welches das eigene Digitalgeschäft mit einem Kreuzworträtselangebot, das als Teil des Abos konzipiert wurde, erweitert. Das Digitalangebot von BILD ist erst vor zwei Monaten gestartet. Möglicherweise werden auch weitere Nachrichtenportale auf umfangreichere Digitalabos mit Spielen oder auf separate Abo-Themenbereiche wie die der The New York Times setzen. In Zeiten stark sinkender Werbeeinnahmen wäre das der richtige Zeitpunkt für die Einführung neuer kostenpflichtiger Digitalangebote, die Nutzer überzeugen und ihnen einen Mehrwert bieten.

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