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Social Media Marketing
Lukrativ und risikofrei: Warum immer mehr Influencer Schleichwerbung machen

Lukrativ und risikofrei: Warum immer mehr Influencer Schleichwerbung machen

Tina Bauer | 18.07.16

Brands setzen zuletzt vermehrt auf Influencer Marketing, doch häufen sich auch die nicht deklarierten Produktplatzierungen. Geht das alles ohne Konsequenzen? Wir sind dem rechtlichen Status auf den Grund gegangen.

Influencer Marketing ist derzeit unbestritten eines der beliebtesten Buzzwords der Branche: Die User versprechen hohe Reichweiten, spitze Zielgruppen, erfolgreiche Kampagnen und kosten werbetreibenden Unternehmen eine Menge Geld. Während unternehmsseitig immer mehr Zweifel an der Performance dieser gehypten Disziplin laut werden und man sich fragt, ob das Budget dort wirklich so gut aufgehoben ist, sieht man andernorts eine massive Zunahme an ungekennzeichneter Produktplatzierung. Wohin führt diese Entwicklung und wie ist der juristische Status quo eigentlich, der dies möglich macht? Wir haben Medienanwalt Stefan Bahner für eine Beurteilung zu Rate gezogen.

Noch immer keine Regulierung, dafür immer mehr Fälle von unlauterer Werbung

In unserem Artikel „Influencer Marketing: Das Problem mit der Schleichwerbung auf Instagram“ sind wir bereits im letzten Herbst dem Trend nachgegangen, dass Influencer gern auf eine Kennezichnung verzichten. Was hat sich seither getan? Bislang hat keine Instanz eingelenkt und die Fälle von Schleichwerbung häufen sich in letzter Zeit massiv. Als eine von Vielen geht hier etwa GZSZ-Soapsternchen Janina Uhse mit schlechtem Beispiel voran.

Janina-Uhse-Marque Noire
Das Bild sieht nicht aus, als wäre es aus völlig freien Stücken entstanden. Der Hashtag zum Hersteller der Mützen hinterlässt einen leichten Beigeschmack.
Janina-Uhse-Seat
Es ist fraglich, ob Uhse das Foto mit dem dominanten Seat Logo auch privat in der Form gepostet, oder eher einen anderen Ausschnitt gewählt hätte. Positiv: Hier wird nicht direkt ein Produkt beworben, sondern allenfalls auf den Hersteller aufmerksam gemacht.

Die als Werbung deutlich zu identifizierenden Posts sind ziemlich platt, jedoch sucht man einen Hinweis auf Sponsoring hier vergeblich.

Andere reichweitenstarke Accounts gestalten sich ähnlich. Und obwohl immer mehr der sogenannten Influencer immer häufiger ungekennzeichnet Produkte in die Kamera halten, tut sich hier juristisch wenig, meint auch Medienanwalt Stephan Bahner bei Osborne Clarke:

Stephan Bahner, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Osborne Clarke
Stephan Bahner, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Osborne Clarke

Im Gegensatz zu gekauften Likes oder vorgetäuschten Bewertungen sind keine Gerichtsentscheidungen bekannt, die sich mit dem Thema Kennzeichnung von Influencer-Werbung in den sozialen Medien befassen. Die zuständigen Medienaufsichtsbehörden sind ruhig und Wettbewerber, die gegen einen Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vorgehen können, halten offenbar still. Verbände (wie die Wettbewerbszentrale oder Verbraucherschutzverbände) scheinen sich ebenfalls noch nicht um dieses Thema zu kümmern.

Fälle, die vor Gericht gebracht wurden sind demnach Fehlanzeige. Vermutlich sitzen zu viele Mitbewerber im selben Boot und das Gewährenlassen ist eine stillschweigende Abmachung. Wahrscheinlich wird aber auch der eine oder andere Fall außergerichtlich geklärt, weshalb hier ebenfalls nichts an die Öffentlichkeit gerät. Dass der Verbraucherschutz bei der Zunahme an Produktplatzierungen in sozialen Netzwerken und der noch immer wachsenden Popularität von Influencer Marketing noch lange die Füße still hält, ist hingegen schwer vorstellbar.

Die US-amerikanische Verbraucherschutzbehörde beginnt zu rügen

Die USA ist unlautere Werbung betreffend zwar Vorreiter – den Wenigsten dürfte etwa der auffallend häufige Konsum von Radeberger in Two and a half Men entgangen sein -, doch wurden Fälle von Schleichwerbung bisher eher lax gehandhabt. Geändert hat sich das erst, nachdem die US-amerikanische Verbraucherschutzbehörde FTC ihre Regelungen verschärft hat und schleichwerbende Unternehmen, wie Lord & Taylorinzwischen rügt.

Aufsehen erregt derzeit ein Fall, bei dem Warner Bros. populäre YouTuber, unter anderem auch LetsPlayer Pewdiepie, für positive Reviews bezahlt haben soll. Die FTC hat kürzlich eine Beschwerde an die Film- und Fernsehgesellschaft veröffentlicht, in der sie das Unternehmen dafür kritisiert, reichweitenstarken YouTubern bereits vor Jahren tausende Dollar für gute Reviews bezahlt zu haben. Auch Bugs und weitere negative Aussagen sollten damit bei der Berichterstattung unerwähnt bleiben, wie The Verge berichtet. Weiterhin kritisiert die FTC, dass das Video in der Beschreibung zwar mit einem Sponsored gekennzeichnet ist, doch ist dies nicht mehr erkenntlich, wenn das Material anderweitig geteilt und eingebettet wird. Zwar haben die Beteiligten keine direkten finanziellen Konsequenzen zu erwarten. Allerdings wirft die Negativ-PR erstmals einen leichten Schatten auf das ansonsten lupenreine Image des Felix Kjellberg. Dieser wiederum ließ mit einer Stellungnahme nicht lange auf sich warten:

Das Video ist zwar etwas länger als fünf Minuten, doch lohnt es sich, das Statement anzuhören. Für kurz Angebundene schnell zusammengefasst: Kjellberg empört sich darüber, dass alle Medien auf den Zug aufspringen, ohne zu hinterfragen, ob die Meldung der Wahrheit entspricht. Er weist auf die Kennzeichnung in der Videobeschreibung hin und bezeichnet die mediale Aufmerksamkeit als Clickbait in seinem Namen. Nun kann man darüber streiten, wo die Kennzeichnung stattfinden sollte – immerhin steht es überhaupt irgendwo.

Influencer sind unbehelligt und vogelfrei unterwegs in sozialen Netzwerken

Anders bei den deutschen Damen und Herren Influencer. Hier wird es unverhohlen ziemlich bunt getrieben. Und das vermutlich ganz ohne Folgen. Denn die Gesetze gegen unlautere Werbung finden tatsächlich häufiger Anwendung im Printbereich, so Bahner:

Dagegen war und ist getarnte Werbung in Printmedien häufiger Gegenstand gerichtlicher Verfahren. Das wird daran liegen, dass nach den Pressegesetzen ‚entgeltliche Veröffentlichungen‘, wenn sie nicht schon aufgrund Anordnung und Gestaltung als Anzeige zu erkennen sind, deutlich mit dem Wort ‚Anzeige‘ zu bezeichnen sind. Im Printbereich geht es also regelmäßig darum, dass diese ausdrücklich vorgeschriebene Kennzeichnung nicht angebracht ist. Die gesetzlichen Regelungen zur Kennzeichnung von Werbung in sozialen Medien sind weniger klar, weil sie keine bestimmte ausdrückliche Kennzeichnung vorschreiben. Diese Unsicherheit wird offenbar erfolgreich genutzt. Tatsächlich sind die Grenzen fließend.

Tatsächlich gibt es keine eindeutige Regelung in den deutschen Gesetzen, die eine fehlende Kennzeichnung von Werbung in sozialen Netzwerken verbietet. Die Interpretation sowie Rechtssprechung ist abhängig von den jeweiligen Landgerichten. So kann es durchaus genügen, das Unternehmen zu nennen, allerdings sollte der Zusammenhang zum werbenden Influencer klar sein:

Es ist aus meiner Sicht weniger kritisch, wenn ein Fußballprofi Schuhe seines Sponsors in die Kamera hält. Dem Betrachter ist klar, dass der Fußballer damit Geld verdient. In diesen Fällen reicht meines Erachtens die Markierung mit #[Name/Marke des Sponsors] vollkommen aus. Es ist dann klar, dass der Protagonist das Bild nicht aus privatem Vergnügen gepostet hat. Kritischer wird es, wenn der Influencer nicht als Profi in dem beworbenen Bereich erkennbar ist: Wenn eine Fernsehmoderatorin (gesponserte) Fußballschuhe postet, wird man nicht darauf kommen, dass sie dies aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit ihrem Sponsor oder auch nur als Gegenleistung für den Erhalt der Schuhe tut. Hier wird man einen deutlicheren Hinweis, z. B. #gesponsert #[Name/Marke des Sponsors], verlangen müssen. Ebensolche Kennzeichnungen wären erforderlich bei – augenscheinlich – rein privat handelnden Personen, die nur ihre guten persönlichen Erfahrungen mit einem Produkt schildern. Für Unternehmen interessant sind diejenigen Influencer, die bereits eine große Zahl an Followern haben. Bei solchen könnte man argumentieren, dass deren Auftritt (z. B. ein Blog) insgesamt kommerziell ist und sie immer – bezahlte – Werbung für das gezeigte Produkt machen, so dass kennzeichnende Hinweise überhaupt nicht erforderlich sind.

Es ist schwer vorstellbar, dass dieses Thema gerichtlich ungeklärt bleibt.

In welchem zeitlichen Rahmen sich dies allerdings abspielen soll, kann man sich bei den in Deutschland mahlenden Mühlen sicher vorstellen.

Übrigens: Auch wenn Unternehmen Produkte an Influencer verschenken und diese es daraufhin in ihrem Blog oder einem Social Networks als positiv darstellen, ist das dennoch Schleichwerbung.

Ein vielschichtiges Problem

Abgesehen davon, dass sich die Gerichte vermutlich noch Zeit lassen werden einzulenken, sind Produktempfehlungen auch anderweitig problematisch. Den Influencern wird von ihren Fans viel Vertrauen entgegengebracht und hier ist auch die Problematik der Schleichwerbung angesiedelt. Die Influencer ist zu unterstellen, nicht aus Überzeugung für die Produkte zu werben, sondern weil sie diese als Geschenk oder aber eine Bezahlung erhalten haben. In diesem Bereich herrschen allerdings noch zu viele Unklarheiten, als dass konkrete Aussagen zu den zu erwartenden Konsequenzen getroffen werden könnten.

Um sich selbst und auch die Fans künftig aber zu schützen, ist es ratsam mit offenen Karten zu spielen und sich von keiner Seite, auch nicht für höhere Bezahlung, unter Druck setzen zu lassen. Ehrlichkeit trägt in hohem Maße zur Authentizität bei und das ist doch im Grunde auch eines der Ziele von Influencern.

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