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Social Media Marketing
Hate Speech und Homophobie trotz verschärfter Richtlinien gebilligt – YouTube widerspricht sich selbst

Hate Speech und Homophobie trotz verschärfter Richtlinien gebilligt – YouTube widerspricht sich selbst

Aniko Milz | 06.06.19

Nach Christchurch-Aufruf: Verschärfte Richtlinien sollen stärker gegen unerwünschte Inhalte vorgehen. Der Fall Carlos Maza zeigt die Lücken auf.

Nachdem vermehrt Kritik an der Video-Plattform laut geworden ist, kündigte diese jetzt an, Schritte einzuleiten, um die Verbreitung von bestimmtem Content einzudämmen. Dazu gehören, wie YouTube in einem Blogpost mitteilt, diskriminierende Videos, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung oder anderen Merkmalen beleidigen. Darunter fallen auch Videos, „that promote or glorify Nazi ideology, which is inherently discriminatory.“ Aufgrund dieser Maßnahmen wird vermutet, dass mehrere tausend Channel von der Plattform entfernt werden sollen.

Der Fall „Carlos Maza“

Die Ankündigung YouTubes löste einen wahren Sturm auf Twitter aus. Der Fall Carlos Maza, der direkt mit YouTubes neuen Vorsätzen korreliert, gab Anlass zu hitzigen Debatten. Der homosexuelle Journalist mit mexikanischen Wurzeln war in mehreren Videos von dem bekannten rechtsextremen YouTuber Steven Crowder extrem rassistisch und homophob beleidigt worden. Maza beschwerte sich und berief sich auf Youtubes Richtlinien, die besagen, dass Inhalte, die darauf ausgerichtet sind, andere Menschen zu demütigen oder sie aufgrund ihrer Herkunft oder sexuellen Orientierung zu verurteilen, nicht auf der Plattform geduldet sind. Doch statt den eigenen Richtlinien zu folgen, wurde der Account nicht gesperrt, sondern von YouTube lediglich demonetarisiert solange Crowder weiterhin auf seinen Online-Shop mit beleidigendem und homophoben Merchandise-Artikeln verlinkt. Diese Reaktion wurde von vielen auf Social Media stark kritisiert und als feige und schwach bezeichnet. Es wird vermutet, dass die Video-Plattform das Vorgehen nur so lange ignoriert habe, weil durch Werbeanzeigen in Crowders Videos viel Geld zu verdienen war. Bei einem YouTuber mit 3,8 Millionen Abonnenten dürften die Einnahmen für YouTube jedoch nur von geringer Bedeutung sein.

Freie Meinungsäußerung bedeutet keinen Freifahrtschein

Doch die Entscheidung von Youtube steht. In dem Blogpost rechtfertigte Chris Dale von YouTube die Entscheidung auf der Grundlage von freier Meinungsäußerung.

If we were to take all potentially offensive content down, we’d be losing valuable speech — speech that allows people everywhere to raise their voices, tell their stories, question those in power, and participate in the critical cultural and political conversations of our day.

Bei der Durchsicht von gemeldeten Videos würde darauf geachtet, was das Hauptziel des Videos ist. Wenn dieses nicht eindeutig danach strebt, Hass anzustiften oder gegen eine Person oder Gruppe aufzuwiegeln, greift die Policy nicht. Diese Aussage empörte viele Twitter-Nutzer erneut.

Auf der anderen Seite sitzen User, die Maza selbst vorwerfen, mit einigen Kommentaren und Aussagen gegen die Richtlinien verstoßen zu haben und sich unnötig darüber aufzuregen, dass Crowder ihn in seinen Videos beleidigt und diskriminiert hat. Und hier schließt sich der Kreis zur freien Meinungsäußerung wieder. Nur weil grundsätzlich jeder das Recht dazu haben sollte, seine Meinung frei zu äußern, heißt das nicht, dass diese Meinungen jeden Inhalt haben können, denn trotzdem muss jeder auf den Rahmen achten, in dem er etwas kundtut und dabei gilt mindestens das Grundgesetz oder eben die Regelungen der Plattform, auf der dies geschieht – in diesem Fall YouTube. Auch Maza vertritt starke Meinungen und publiziert diese; so rief er beispielsweise in einem Tweet dazu auf, Milchshakes auf rechtsextreme Personen zu werfen. Dies fällt im Vergleich zu dem, was Crowder über Jahre in seinen Videos gegen Maza gesagt hat, zwar relativ harmlos aus, doch YouTube ist nun in der Position zu entscheiden, wo die Linie gezogen wird.

In diesem Fall – und besonders vor dem Hintergrund der kürzlich verschärften Richtlinien – hat sich der Online-Riese jedoch ins eigene Fleisch geschnitten. Die Inhalte online zu lassen, die gegen ein Individuum aufgrund seiner Herkunft und sexuellen Orientierung vorgehen, heißt, dass das Unternehmen selbst die eigenen Richtlinien noch nicht konsequent verfolgt. Wie weiterhin mit der Thematik umgegangen wird und wie viele Accounts tatsächlich gelöscht werden, bleibt abzuwarten.

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