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Recruiting: LinkedIn & Tesla setzen auf Spiele aus der Neurowissenschaft anstelle von Lebensläufen

Recruiting: LinkedIn & Tesla setzen auf Spiele aus der Neurowissenschaft anstelle von Lebensläufen

Stephan Hütter | 06.09.18

Ein neues Recruiting-System bewertet mit Hilfe eines Spiels das Potenzial der Bewerber, nicht ihre bisherigen Stationen.

Vorbei sind die Zeiten, als sich auf dem Schreibtisch des Personalchefs Aktenberge mit Bewerbungsmappen sammelten. Jedenfalls wenn es nach Frida Polli geht. Die Amerikanerin hat ein System entwickelt, mit dem die Rekrutierung neuer Mitarbeiter einfacher und effizienter funktioniert.

Lebensläufe haben ausgedient

Die bisherige Arbeitserfahrung ist einer der schwächsten Indikatoren für die zukünftige Leistung in einer neuen Anstellung. Diese Behauptung wurde bereits 1998 in einer Studie von Frank Schmidt und John E. Hunter bewiesen. Der klassische Lebenslauf drückt genau diese bisherige Erfahrung aus. Im Umkehrschluss ist seine Aussagekraft sehr gering, wenn es um das Auswählen der besten Bewerber geht. Trotzdem setzen viele Unternehmen weiterhin auf den klassischen CV, um ihre Mitarbeiter zu rekrutieren.

Spiel statt Lebenslauf

Frida Polli geht einen anderen Weg. Sie ist die Mitgründerin und CEO von Pymetrics. Das Startup hilft Unternehmen bei der passenden Auswahl ihrer Mitarbeiter. Polli verfolgt dabei einen Ansatz, den sie in ihrer zehnjährigen Zeit in Harvard und am MIT entwickelt hat. Dort erforschte sie, wie man emotionale und kognitive Eigenschaften von Menschen am besten messen kann. Anhand dieser Eigenschaften lassen sich dann die Fähigkeiten der Person ableiten und erkennen, wie gut sie auf die ausgeschriebene Stelle passt.

Das Problem bei diesen Tests war, dass sie vier Stunden dauerten und unter wissenschaftlicher Aufsicht geführt werden müssen. Damit waren sie für den Unternehmensalltag ungeeignet.

Um ihre Erkenntnisse für Unternehmen nutzbar zu machen, entwickelte Polli ein Spiel. Dieses ersetzt den ersten Schritt des Bewerbungsprozesses; das Anschreiben mit Lebenslauf. Das Spiel dauert 30 Minuten, in denen die Bewerber ein Dutzend Aufgaben lösen müssen. Der Aufwand für den Bewerber ist also identisch oder geringer im Vergleich zum Verfassen eines Anschreibens und Lebenslaufes.

Die Auswertung des Spiels erfolgt dann in verschiedenen Kriterien, unter anderem Multi-Tasking, Altruismus und Problemlösung. Die Ergebnisse werden mit den Werten der besten Mitarbeiter in diesem Bereich verglichen. So zieht das Programm die Schlussfolgerung, welcher Kandidat am erfolgreichsten in der neuen Position arbeiten wird.

Mehr Vielfalt

Durch diese Methodik sorgt das Programm auch für eine größere Vielfalt, denn die Faktoren Geschlecht, Rasse oder Religion fallen in dem Test nicht ins Gewicht. Die Quote an eingestellten Frauen und Angehörigen einer Minderheit ist höher als im Durchschnitt.

Auch für Bewerber ohne College-Abschluss bietet der Test eine neue Chance. Der Fokus liegt nicht auf dem bisherigen Lebensweg, sondern auf dem Potenzial des Bewerbers. So werden Nicht-Akademiker nicht pauschal ausgeschlossen.

Gerade in Zeiten der Digitalisierung wird dieser Fokus noch wichtiger. Durch die industrielle Revolution verändert sich die Arbeitswelt massiv und stetig. Viele Menschen müssen sich neuen beruflichen Herausforderungen stellen. Wenn sie bisher 20 Jahre lang eine Tätigkeit ausgeführt haben und sich jetzt mit ihrem Lebenslauf auf eine neue Stelle bewerben, kann es mit einer Anstellung schwierig werden. Das von Pymetrics entwickelte System misst nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft. So haben auch Quereinsteiger gute Chancen bei einer Bewerbung – vorausgesetzt sie passen zur Ausschreibung. Mit einem fortschreitenden Wandel in der Arbeitswelt wird diese Art der Mitarbeiterauswahl immer wichtiger werden.

Jetzt schon ein Erfolg

Zu den Kunden von Pymetrics zählen unter anderem LinkedIn, Accenture, Unilever und Tesla. Laut Polli ist das System schon jetzt ein voller Erfolg. So habe sich die Quote der Personen verdoppelt, die nach einem Bewerbungsgespräch auch eingestellt wurden. Auch die Entlassungsquote nach einem Jahr habe sich um 30% bis 60% reduziert, je nach Unternehmen. Zudem ist die Arbeitsleistung der neuen Mitarbeiter höher als in der Vergangenheit.

Pymetrics ist nicht das erste Unternehmen mit einer HR-Lösung dieser Art. Im Gegensatz zu anderen Systemen ist hier die Verbindung zwischen Testmetrik und ausgeschriebener Stelle aber größer. Das Programm prüft bspw. nicht die Fähigkeit für irgendeine Sales-Stelle, sondern für diese eine Stelle in diesem Unternehmen an diesem Standort. So wird die Vorhersage noch genauer.

Kommentare aus der Community

Ric am 03.04.2019 um 13:30 Uhr

Sehr schöner Artikel, welcher die Arbeit von Herrn Prof. Uwe Peter Kanning (https://www.youtube.com/channel/UCi1_qDKslpMp_lF1JWxSFsg) bestätigt.

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