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Frühes Aufstehen: Ein Zugewinn für Gesundheit & Produktivität

Frühes Aufstehen: Ein Zugewinn für Gesundheit & Produktivität

Michelle Winner | 29.08.18

Wenn der Wecker früh klingelt, hat man morgens mehr Zeit und Ruhe und ist den Tag über produktiver. Sind all die Vorteile des frühen Aufstehens wahr? Oder kann man auch ohne schlechtes Gewissen etwas länger im Bett liegen bleiben?

Nicht jeder ist ein Frühaufsteher. Vielen fällt es schwer, sich morgens aus dem Bett zu schälen und direkt motiviert in den Tag zu starten. Meistens war man am Abend zuvor länger wach, als man eigentlich hätte sein sollen und bekommt am nächsten Morgen dann die Quittung. Der Wecker wird einige male auf Snooze gestellt und schlussendlich bleibt man doch länger im Bett als geplant, in der Hoffnung eine Stunde später ausgeruhter zu sein. Doch seit einiger Zeit hält sich die Behauptung, dass gerade das frühe Aufstehen dafür sorgt, dass wir ausgeruhter und produktiver sind. Ist da wirklich was dran, oder handelt es sich nur um einen Mythos, der Langschläfer in die Falle locken soll?

Selbstversuch: Jeden Tag um fünf Uhr aufstehen

Auch der Entrepreneur John Rampton hat von diesen Gerüchten gehört und deshalb direkt den Selbstversuch gestartet. Einen Monat lang wollte er testen wie es für ihn ist, wenn der Wecker schon um fünf Uhr klingelt. Rampton gehört laut eigener Aussage zu den Menschen, die morgens schnell und wach aus dem Bett hochkommen und so hatte er sich in kurzer Zeit an die neue Uhrzeit gewöhnt. Die eigentliche Herausforderung für ihn war das frühere zu Bett gehen. Aus Mitternacht oder später wurde dadurch 22 Uhr. Nur so konnte er auf seine sieben Stunden Schlaf kommen. Oft findet sein Sozialleben in den Abendstunden statt, was die Umstellung noch schwieriger machte. Und auch Ramptons Frau war anfangs nicht begeistert von der Umstellung, passte sich schlussendlich aber auch an – vermutlich dem Eheleben zuliebe.

Besonders gefallen hat Rampton die Ruhe am Morgen. Steht man später auf, hat man häufig schon zig Nachrichten auf dem Handy und draußen herrscht der Verkehrslärm der Rush Hour. Um fünf Uhr sieht das anders aus. Für Rampton bedeutete die Ruhe nicht nur weniger Ablenkungen, sondern auch Zeit für sich selbst. Er bemerkte, dass er am Morgen die Dinge erledigen konnte, für die er vorher oft wenig Zeit hatte, wie Trainieren, in Ruhe Nachrichten lesen oder sich einem Buch widmen. Zudem konnte er seinen Tag in Ruhe durchplanen und fühlte sich dadurch weniger gehetzt.

Carving out this personal time in the early morning is energizing for the entire day. I was much more focused on the tasks at hand and less anxious about my responsibilities.

Frühes Aufstehen kann ein Killer fürs Sozialleben sein

Rampton gibt zu, seine Freizeitgestaltung habe sich erheblich verändert. Während er sonst abends oft mit Freunden unterwegs war, kam das für ihn durch das Experiment kaum noch in Frage. Trotzdem habe er genug Zeit mit Anderen verbringen können, nur eben zu anderen Zeiten. Besonders an den Wochenenden konnte er planen worauf er Lust hatte und so vermisste er die fehlende Freizeit an den Abenden nicht. Im Gegenteil, Rampton beschreibt seine nächtlichen Ausflüge mit Freunden als Zeitverschwendung, zumindest aus einem karriereorientiertem Blickwinkel. Durch seinen geänderten Tagesrhythmus nutzt er die Nächte zur vollständigen Regeneration und startet so ausgeruht und voller Energie in den Tag.

Now that time is spent sleeping. I am working during my most productive hours and sleeping during my least. While the amount of work vs. play has not changed drastically with this transition, the efficiency of both activities has. I am more productive when I work, and I am more relaxed when I am taking it easy.

Probleme beim Einschlafen sind Schnee von gestern

Einen weiteren Vorteil sieht Rampton darin, dass er schneller einschlafen konnte. Wenn er nach dem frühen Aufstehen abends ins Bett stieg, rutschte er binnen Sekunden ins Land der Träume. Unter anderem läge das daran, dass er vor dem zu Bett gehen nichts mehr erledigen musste, da er alle kleineren Aufgaben schon am frühen Morgen erledigt hatte. Insgesamt schlief der Entrepreneur diesen Monat weniger Stunden als sonst, fühlte sich jedoch ausgeruhter. Er schiebt dies darauf, dass sein Schlaf besonders tief war. Mit Hilfe von diversen Apps und Gadgets hatte er sein Schlafverhalten aufgezeichnet und analysiert.

One additional advantage: when I go to bed, I have not been anxious about all that I have to do in the upcoming day. I know I will figure it out when I wake up early. I have three hours of high-productivity in the morning before most people get moving.

Frühes Aufstehen – doch nicht nur ein Mythos

Ramptons Beobachtungen aus dem Selbstversuch decken sich mit den Aussagen diverser Quellen zu dem Thema. Besonders die Ruhe und die zusätzliche Zeit am Morgen werden immer wieder betont. Zudem gerät man nicht ins Hetzen und kommt seltener zu spät zur Arbeit oder zu Terminen. Desweiteren kann man den frühen Morgen nutzen und sich ein reichhaltiges Frühstück für einen guten Start in den Tag zubereiten. Definitiv besser als eine schnelle Tasse Kaffee und ein Bäckerbrötchen für unterwegs. Und apropos Ernährung: Das National Institute for Health and Welfare in Helsinki hat festgestellt, dass sich Frühaufsteher tendenziell gesünder ernähren und allgemein einen aktiveren Lebensstil pflegen. Und auch einige der erfolgreichsten Menschen der Welt nutzen den Tag schon zu seinen frühen Stunden. Michelle Obama, Jack Dorsey, Sergio Marchionne und Tim Cook stehen – oder in Marchionnes Fall: standen – alle schon vor 6 Uhr auf.

Frühes Aufstehen ist jedoch nicht für Jedermann gemacht 

Einige der genannten Vorteile sind definitiv nicht von der Hand zu weisen. Jedoch richten sich diese eher an Personen, die ihre Arbeitszeit frei einteilen können. Menschen in der Schichtarbeit oder mit strikt vorgegebenen Zeiten können das extra frühe Aufstehen wohl eher weniger umsetzen. Zudem tritt die erholsame Wirkung nur dann ein, wenn man sich wirklich an den neuen Tagesrhythmus hält. Gerade das frühere zu Bett gehen stellt in Zeiten von Netflix und Co. für die Meisten das größere Problem dar. Gleichzeitig ist es für Andere wiederum normal, dass sie schon um fünf Uhr oder früher Aufstehen müssen. Für diese Menschen ist das keine extra Zeit am Morgen, sondern genau derselbe Prozess den manche eben erst um acht oder neun Uhr haben.

Des Weiteren ist das Argument, dass man am Nachmittag mehr Zeit für Freunde hätte, eher schwach. Diese Rechnung geht nur dann auf, wenn das Umfeld einen ähnlichen Tagesablauf hat. Ansonsten sitzt man allein im Park, während die Anderen noch an den Schreibtisch gefesselt sind. Im Endeffekt muss jeder für sich selbst festlegen, was ihm gut tut. Egal ob frühes Aufstehen, langes Ausschlafen oder ein Mix, bei dem unter der Woche der Wecker zeitig klingelt und der fehlende Schlaf am Wochenende nachgeholt wird – Hauptsache man fühlt sich fit und ausgeruht. Doch in einem Punkt sind sich vermutlich alle einig: Das kuschelige, warme Bett verlässt man nur selten gern. Egal ob früh oder spät.

© Ruby Schmank – Unsplash

Kommentare aus der Community

Ben am 03.09.2018 um 18:21 Uhr

Sergio Marchionne steht mittlerweile bestimmt auch nicht mehr um 5 Uhr auf. Er hat sich vor einigen Wochen nämlich für immer zur Ruhe gelegt.

Antworten
Niklas Lewanczik am 04.09.2018 um 08:38 Uhr

Hallo Ben,

ein richtiger Hinweis, danke. Haben wir im Text angeglichen.

Beste Grüße

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