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Human Resources
Sexismus im Bewerbungsgespräch? Diese Fragen sind neutral und professionell

Sexismus im Bewerbungsgespräch? Diese Fragen sind neutral und professionell

Michelle Winner | 17.11.21

Sexistische Fragen sind ein häufiges Problem in Jobinterviews, unter dem vor allem Frauen und nicht-binäre Menschen leiden. Umso wichtiger ist, dass du als HRler mit gutem Beispiel voran gehst und Vorurteile aus Bewerbungsprozessen vertreibst.

Personaler:innen sind auch nur Menschen: Sie machen Fehler und haben wie wir alle unterbewusste Vorurteile. Doch gerade in Bewerbungsprozessen ist es wichtig, dieses innere Bias zu erkennen und dagegen vorzugehen. Denn noch viel zu oft kommt es vor, dass Bewerber:innen sexistische oder diskriminierende Fragen im Jobinterview gestellt bekommen. Damit du eben nicht in diese Situation gerätst und durch solche Fragestellungen auch den Ruf deines Unternehmens schädigst, wollen wir dir ein paar Möglichkeiten zeigen, wie du Bewerbungsgespräche inklusiver gestalten kannst.

Sexismus ist Begleiter im Alltag

Für viele ist Sexismus ein alltägliches Problem, das oft auf unterbewussten Vorurteilen oder veralteten Ansichten basiert. Vor allem Frauen und Mitglieder der LGBTQ+ Community sind häufig davon betroffen. So hat über die Hälfte der weiblichen Angestellten in Deutschland schon mit Sexismus am Arbeitsplatz zu kämpfen gehabt und auch nicht-binäre Personen oder Trans-Menschen werden oft aufgrund ihres Genders diskriminiert. Diese Diskriminierung beginnt oft schon in der Bewerbungsphase und macht sich vor allen in Jobinterviews bemerkbar. Frauen werden hier oft auf das Muttersein beschränkt und nach ihrer Familienplanung befragt. Häufig kommen auch Fragen dazu, ob sie sich in einem Team voller Männer überhaupt durchsetzen könnten, oder Kommentare zum Aussehen.

Selbst Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock musste sich, im Gegensatz zu ihren Gegnern, mit Fragen und Diskussionen rund um die Vereinbarkeit ihres Familienlebens und dem Amt auseinandersetzen. Abgesehen davon, hat wie erwähnt auch die LGBTQ+ Community mit Sexismus zu kämpfen. So wird häufig anhand des Aussehens einer Person auf deren Gender geschlossen und daraufhin falsche Pronomen benutzt. Heterosexualität wird oft vorausgesetzt , wodurch Menschen mit anderen Sexualitäten oft in eine unangenehme Erklärungsnot geraten, wenn sie beispielsweise nach Ehefrau oder -mann gefragt werden. In Extremfällen werden Trans-Menschen darüber hinaus nach ihrem Deadname (der Name, den sie bei der Geburt erhielten) gefragt, sofern ihre Transition bekannt ist, oder gefragt:

„Achso, sie sind also eigentlich ein Mann/eine Frau?“

Solche unangenehmen Situationen für die Bewerber:innen lassen sich glücklicherweise vermeiden, indem du inneres Bias erkennst, dagegen vorgehst und inklusive Fragestellungen für das Bewerbungsgespräch entwickelst.

Was sind Ihre Pronomen?

Diese einfache Frage zu Beginn des Gesprächs hilft dabei, unangenehme Situationen und Misgendering zu verhindern. Wichtig ist, dass du die Antwort deines Gegenübers ernst nimmst und dich darum bemühst, die richtigen Pronomen zu verwenden. Auch dann, wenn die Person noch relativ unbekannte, genderneutrale Neopronomen wie „sier“ verwendet. Die Genderidentität anderer Menschen sollte mit Respekt behandelt werden, auch dann, wenn du bisher kaum abseits des binären Genderspektrums gedacht hast.

Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?

Im Gegensatz zu Fragen wie „Wollen Sie Kinder haben?“, ist diese Frage weniger problematisch, besonders wenn sie jungen Frauen gestellt wird, die sonst oft auf ihre Familienplanung reduziert werden. Du kannst dir durch die Antwort einen Überblick über die beruflichen Ambitionen und Ziele einer Person machen. Dabei bleibt das Gespräch auf einem professionellen Level und verletzt nicht die Privatsphäre deines Gegenübers. Ähnliche Varianten hat auch Edition F in ihrem Post auf Instagram geteilt:

Was können sich andere von Ihnen abschauen?

Bei der Beantwortung dieser Frage können Bewerber:innen ihre Stärken erläutern und zeigen, was ihre Qualitäten sind. Diese Fragestellung ist eine bessere Wahl als das klassische „Was wollen Sie Ihren Kindern einmal mitgeben?“, denn viele Personen möchten keine Kinder haben. Das gilt unabhängig vom Gender.

Welche Rolle nehmen Sie in einem Team ein? Können Sie sich durchsetzen?

Bei dieser Fragen können Bewerber:innen ihre Erfahrungen mit vorherigen Gruppenprojekten teilen und erläutern, wie sie sich bei der Arbeit im Team verhalten haben. Die Fragestellung ist neutral und zielt darauf ab, die Teamfähigkeit zu testen, im Gegensatz zu: „Können Sie sich gegen einen Mann/Männer durchsetzen.“ Diese Frage wurde Frauen in Bewerbungsgesprächen gestellt und sie ist deshalb so problematisch, weil sie auf dem Vorurteil beruht, dass Frauen das „schwächere“ Geschlecht sind. Attribute wie Zurückhaltung, Schüchternheit und fehlende Durchsetzungskraft werden einem Gender, in diesem Fall dem weiblichen Geschlecht, zugeordnet, was nicht nur extrem oberflächlich, sondern auch sexistisch ist.

Gestalte Bewerbungsgespräche professionell und neutral

Das Privatleben der Bewerber:innen sollte aus den Fragen im Bewerbungsgespräch herausgehalten werden. Gender oder Sexualität einer Person dürfen bei deiner Entscheidung, ob sie den Job bekommt, keine Rolle spielen. Das ist sogar offiziell durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz festgelegt. Streiche also sexistische Fragen aus deinem Katalog und füge professionelle, inklusive Fragestellungen hinzu. Gleichzeitig solltest du an den inneren Vorurteilen arbeiten. Setze dich beispielsweise vermehrt mit dem nicht-binären Genderspektrum auseinander, anstatt dieses als „Trend“ abzustempeln. Führe dir vor Augen, dass nicht jede Frau irgendwann Mutter sein will und wenn doch, dass das kein Karriereaus bedeuten muss.

Wenn du ein diverses Team zusammenstellen willst, dass effektiv, kreativ und problemorientiert zusammenarbeitet, dann musst du dieser Diversität auch offen gegenüber stehen – und sie nicht im Keim ersticken, indem du in Jobinterviews auf der Grundlage von Vorurteilen entscheidest.

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