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Gendern für Anfänger:innen: So einfach etablierst du gendergerechte Sprache in deinem Unternehmen

Gendern für Anfänger:innen: So einfach etablierst du gendergerechte Sprache in deinem Unternehmen

Michelle Winner | 02.06.21

Gendern muss nicht kompliziert sein und trägt dazu bei, Diversität zu normalisieren. Wir klären dich über Bedeutung, Anwendung sowie Vor- und Nachteile auf.

Juni ist Pride Month: Der Monat, indem wir die Diversität von Sexualitäten sowie Genderidentitäten in der Gesellschaft feiern. Gleichzeitig dient diese Zeit aber auch dazu, auf die immer noch stattfindende Diskriminierung der LGBTQ+ Community aufmerksam zu machen. Der Pride Month ist also auch dazu da, Zeichen zu setzen und nicht nur dafür, durch Regenbogenflaggen die Reputation des eigenen Unternehmens aufzubessern. Ein kleiner Schritt gegen Diskriminierung wäre beispielsweise die Etablierung gendergerechter Sprache in deinem Unternehmen. Und keine Sorge: Gendern muss kein „Gendergaga“ sein. Wir erklären dir, welche Formen von gendergerechten Formulierungen es gibt, welche Vor- und Nachteile diese haben und wieso sie überhaupt so wichtig sind.

Gendergerechte Sprache ist ein Zeichen der Wertschätzung

Egal ob journalistischer Artikel, offizielles Schreiben oder Text auf einer Unternehmens-Website: Inzwischen ist es üblich, dass Männer und Frauen gleichermaßen angesprochen werden, sei es durch Doppelnennungen (Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen) oder Binnen-I (MitarbeiterInnen). Das Problem hier ist jedoch, dass lediglich das binäre Genderspektrum, das die Kategorien Mann und Frau umfasst, berücksichtigt wird. Es ist jedoch Tatsache, dass Gender jenseits von männlich und weiblich existieren, was auch die Politik anerkennt: So erlaubt seit 2018 das Gesetz zum Personenstand, dass Personen nicht nur zwischen männlich und weiblich wählen müssen, sondern auch divers als Gender angeben oder den Personenstand gänzlich streichen lassen können. Um nicht-binäre Menschen jedoch sprachlich zu repräsentieren, gibt es bisher noch keine festen Regelungen. Dabei ist gerade das wichtig, denn gendergerechte Sprache ist ein Ausdruck der Wertschätzung, Anerkennung und des Respekts gegenüber allen Genderidentitäten und trägt dazu bei, die Diversität unserer Gesellschaft sprachlich widerzuspiegeln.

Nicht zuletzt behindert die zweigeschlechtliche Strukturierung von Sprache und Räumen, von Recht und Verwaltung die sozioökonomische und gesellschaftliche Teilhabe von nicht-binären Menschen,

erklärt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) und setzt sich ebenfalls fürs Gendern ein. Denn Sprache beeinflusst nachweislich unser Denken und kann dazu beitragen, Diversität zu normalisieren. Nicht-binäre Menschen können sich durch sie zugehöriger fühlen und müssen im unternehmenskontext weniger fürchten, Diskriminierung zu erfahren. Wenn du vielleicht unsicher bist, wer mit nicht-binären Personen gemeint ist, hier eine einfache Definition aus dem Regenbogenportal des BMFSJ:

Manche Menschen verstehen sich weder als Mann noch als Frau […]. Das kann bedeuten, dass ihr Geschlecht beziehungsweise ihre Geschlechtsidentität männliche und weibliche Anteile umfasst, zwischen diesen beiden Geschlechtern liegt oder gar keinen Bezug auf sie nimmt. Manche Menschen haben kein Geschlecht (agender), mehrere Geschlechter (zum Beispiel polygender) oder ihre Geschlechtsidentität verändert sich (genderfluide). Ein Oberbegriff und zugleich eine weitere Selbstbezeichnung ist ’nicht-binär‘ (engl.: ’non binary‘). Das bedeutet ungefähr ’nicht eines von zweien‘.

Bereits 2011 hat der Ethikrat erklärt, dass binäres Genderdenken nicht mehr zeitgemäß ist. Es wird also Zeit, dass nicht-binäre Menschen auch in der Sprache repräsentiert werden und sich nicht länger durch Doppelnennungen oder gar das generische Maskulinum „mitgemeint“ fühlen müssen. An dieser Stelle möchten wir betonen, dass Gender Diversity kein Modetrend ist. Die Genderidentität einer Person ist ein sensibles Thema, das oft mit vielen Problemen, Unsicherheiten und Ängsten einhergeht. Dass das nicht-binäre Spektrum derzeit immer mehr in der Öffentlichkeit steht, hat damit zu tun, dass unsere Gesellschaft offener wird und mehr Personen sich trauen, ihr Coming-Out zu haben.

Vorteile von gendergerechter Sprache

Nachdem die repräsentative Bedeutung von gendergerechter Sprache klar sein sollte, wollen wir dir ein paar Vorteile von gendergerechter Sprache für dich und dein Unternehmen aufzeigen. Hier nennt die Gleichstellungsbeauftragte der Universität zu Köln die folgenden drei Punkte:

  1. Eindeutigkeit: Personen jeder Genderidentität werden angesprochen
  2. Repräsentation: Alle Genderidentitäten werden repräsentiert, um ein akkurateres Bild der Gesellschaft widerzuspiegeln
  3. Anti-Diskriminierung: Unterdrückte und oft vergessene Personengruppen werden sichtbar gemacht

Und auch im War for Talents kann gendergerechte Sprache dir Vorteile bringen. Nutzt du auf deiner Website oder in Stellenanzeigen das generische Maskulinum, wird das schnell als ausschließend oder sexistisch wahrgenommen und Frauen sowie nicht-binäre Menschen tendieren weniger dazu, sich zu bewerben. Entgegen der üblichen Annahme wird das generische Maskulinum nämlich oft nicht als neutral oder mitmeinend wahrgenommen. Neutrale Formulierungen lassen die Bewerbungsquote hingegen nachweislich steigen. Wenn du also Wert auf ein diverses Team legst, solltest du gendergerechte Sprache erwägen. Darüber hinaus kann sie auch die Reputation deines Unternehmens verbessern, indem es durch den Gebrauch als weltoffen und modern wahrgenommen wird. Bei den Gegnern des Genderns kannst du dadurch aber auch Missmut erwecken. Wenn du Gendergerechtigkeit als Unternehmen jedoch promotest, solltest du auch wirklich dahinterstehen und die Regenbogenflagge nicht nur zu Marketing-Zwecken schwenken.

Gendergerechte Sprache einfach erklärt: So funktioniert’s

Generell gilt bei gendergerechter Sprache, dass es zwei Möglichkeiten gibt, diese zu etablieren: Das Sichtbarmachen und das Neutralisieren von Gender. Du solltest dich also im Vorhinein fragen, was du mit gendergerechter Sprache erreichen möchtest. Willst du sowohl binäre als auch nicht-binäre Genderidentitäten gezielt sichtbar machen, um Genderdiversität zu betonen? Dann sind Sonderzeichen eine Option für dich. Oder willst du Gender neutralisieren, ihm also keine übergeordnete Rolle zuschreiben? Dann sind neutrale (Um-)Formulierungen eine Variante.

Sonderzeichen: Sternchen, Gap und Doppelpunkt

Sonderzeichen werden vor allem online, aber inzwischen auch in den Printmedien zum Gendern genutzt. Am häufigsten kommen das Gendersternchen, die Gender Gap und der Doppelpunkt vor, laut des Rat für deutsche Rechtschreibung. Jedes dieser Zeichen hat seine individuellen Vor- und Nachteile und oft auch eine individuelle Symbolik. Die Sonderzeichen können sowohl für Personenbeschreibungen im Singular als auch Plural genutzt werden und Texte wirken durch sie persönlicher als durch neutrale Formulierungen.

Das Gendersternchen

Das Sternchen ist das meistgenutzt Sonderzeichen und wird sogar vom Rat für deutsche Rechtschreibung empfohlen, auch wenn es derzeit noch unter Beobachtung steht und noch nicht ins Amtliche Regelwerk aufgenommen wurde. Die Arme des Sterns symbolisieren hier die Diversität von Genderidentitäten, weshalb das Zeichen sich auch in der LGBTQ+ Community großer Beliebtheit erfreut.

Die Gender Gap

Die Gap, also die Lücke, wird durch einen Unterstrich gekennzeichnet, beispielsweise bei Mitarbeiter_innen. Sie ist das am zweithäufigsten genutzte Sonderzeichen beim Gendern und hat ebenfalls eine individuelle Symbolik: Sie kann einen Freiraum für alle Genderidentitäten, die bisher bekannt sind und für jene, die noch kommen, darstellen. Kritische Stimmen geben jedoch zu bedenken, dass eine Lücke auch als Leerstelle interpretiert werden kann und so nicht-binäre Genderidentitäten eher ausradiert.

Der Doppelpunkt

Dieses Sonderzeichen wird vor allem online genutzt, so auch von unserer Redaktion bei OnlineMarketing.de. Auch die Stadt Lübeck nutzt den Doppelpunkt ganz offiziell als gendergerechtes Sonderzeichen. Er hat den Vorteil, dass er ein bekanntes Interpunktionszeichen ist und so oft als weniger störend für den Lesefluss empfunden wird. Eine besondere Symbolik hat der Doppelpunkt jedoch nicht. Zudem kann er, gerade weil er ein Interpunktionszeichen ist, für Verwirrungen sorgen.

Nachteile aller Sonderzeichen

Der größte Nachteil aller Sonderzeichen ist, dass sie nicht barrierefrei für blinde und sehbehinderte Menschen sind. Sie lassen sich von Programmen kaum bis gar nicht vorlesen und auch nicht in Blindenschrift darstellen. Abgesehen davon ist die Nutzung von Sonderzeichen recht unkompliziert. Es gibt jedoch grammatische Fälle, bei denen Vorsicht geboten ist. Bei zusammengesetzten Substantiven, wie Mitarbeiter:innengespräch, können die Zeichen eher als störend wahrgenommen werden. Hier empfiehlt es sich, das Wort einfach aufzuteilen (Gespräch mit Mitarbeiter:innen). Personenbeschreibungen, die nicht auf -er enden im Maskulinum, sind ebenfalls problematisch. Nehmen wir das Wort Kollege: Mit Sonderzeichen wird daraus Kolleg:innen. Das Problem ist hier, dass die männliche Form des Wortes nicht erhalten bleibt, denn den „Kolleg“ gibt es nicht. Ziel von gendergerechter Sprache ist es jedoch, alle Genderidentitäten gleichermaßen zu repräsentieren. Hier muss also eine andere Lösung her, wie zum Beispiel „Kollegium“.

Auch Personenbeschreibungen, bei denen die weibliche Form einen Umlaut enthält, sind schwierig. Unser Beispiel hier ist „Bäuer:innen“. Dabei wird suggeriert, dass die männliche Form des Wortes „der Bäuer“ statt „der Bauer“ ist, was natürlich falsch ist. Um diesen Fehler zu umgehen, kann nach Synonymen gesucht werden, beispielsweise „Landwirt:innen“. Abgesehen davon wird Sonderzeichen oft vorgeworfen, dass sie den Lesefluss stören. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Gewohnheitssache: Wer oft damit zu tun hat, gewöhnt sich schnell an das Lesen und Nutzen von Sonderzeichen. Wer eine abgeneigte Haltung gegenüber dem Gendern hat, stört sich natürlich eher daran. Studien belegen jedoch, dass das Leseverständnis an sich durch Sonderzeichen nicht gestört wird.

Genderneutrale Formulierungen

Neutrale Umschreibungen haben generell den Vorteil, dass sie rechtschreibkonform sind, barrierefrei für blinde Menschen und es bereits viele Ratgeber und sogar Online-Wörterbücher dazu gibt, beispielsweise das Online-Wörterbuch Geschickt Gendern. Diese genderneutralen Formulierungen sind übrigens nicht immer Wortneuschöpfungen, sondern oft Teil unseres alltäglichen Sprachgebrauchs, wie Person, Mensch, Eltern, Mitglied, Vorgesetzte oder Angestellte.

Die Partizipmethode

Manche Personenbeschreibungen lassen sich mit der Partizipmethode in eine genderneutrale Variante umwandeln. Die bekanntesten Beispiele dafür sind wohl Studierende und Mitarbeitende. Achtung: Diese Variante gelingt nur im Plural, im Singular sind die Worte nicht mehr genderneutral. Einige Linguist:innen kritisieren die Methode jedoch, weil sie nur einen kurzen, vorübergehenden Augenblick widerspiegeln würde. Das stimmt jedoch nur bedingt. Beispielsweise sind Arbeitssuchende das nicht nur während der aktiven Jobfindung, sondern auch, während sie anderen Tätigkeiten des täglichen Lebens nachgehen, ebenso wie Studierende oder Mitarbeitende. Dennoch sollte man die Partizipmethode mit Bedacht verwenden.

Umformulierungen und Abstraktion

Abgesehen davon, können Personenbeschreibungen oft auch abstrahiert werden: So wird aus Kollegen das Kollegium, aus Lehrern die Lehrerschaft, aus Mitarbeitern die Arbeitskräfte oder aus Chefs die Führungsetage. Und auch Umformulierungen können zur genderneutralen Sprache beitragen. Oft werden hierfür Adjektive genutzt. Aus Kritikern können ganz einfach kritische Stimmen werden.

Neutrale Pronomen

Auch Pronomen tragen dazu bei, Sprache gendergerechter zu gestalten. Neutrale Pronomen sind beispielsweise wer, alle, niemand, jemand und man, wobei letzteres oft in der Kritik steht. Denn trotz unterschiedlicher Schreibung, hat das Wort die gleiche Lautfolge wie „der Mann“ und kann entsprechende Assoziationen in den Köpfen der Leser:innen hervorrufen. Dennoch ist „man“ so gängig in unserem Sprachgebrauch, das es oft auch als neutral gilt. Eine gute Methode um Genderassoziationen, beispielsweise durch „man“, zu vermeiden, ist die direkte Ansprache von Leser:innen mit „du“ oder „Sie“. Das lässt sich zum Beispiel auch einfach in Stellenausschreibungen umsetzen.

Nachteile von genderneutralen Formulierungen

Genderneutrale Sprache ist zwar rechtschreibkonform und barrierefrei, wirkt aber leider oft sehr unpersönlich. Beginnt eine Mail beispielsweise mit „Liebe Arbeitskräfte“, fühlen viele Mitarbeiter:innen sich weniger angesprochen. Hinzu kommt, dass neutrale Formulierungen oft trotzdem männliche Assoziationen im Kopf hervorrufen. Heißt, die gewünschte mentale Repräsentation aller Gender, kann bei den Leser:innen ausbleiben. Hinzu kommt der bereits erwähnte Streit unter Linguist:innen, ob beispielsweise die Partizipmethode richtig oder falsch ist. Dennoch fällt genderneutrale Sprache in Texten weniger auf als Sonderzeichen – je nachdem, wie sie genutzt wurde.

Kritik am Gendern: Ist das alles „Gendergaga“?

Das Thema gendergerechte Sprache wird seit einiger Zeit heiß diskutiert, egal ob auf politischer, medialer oder privater Ebene. Leider sind die Diskussionen oft unsachlich und gehen schnell in eine beleidigende Richtung, gerade online. Wer gendert muss also darauf gefasst sein. Doch warum wird gendergerechte Sprache so heftig kritisiert, obwohl sie doch lediglich ein Akt der Wertschätzung und des Respekts gegenüber allen Genderidentitäten ist? Das größte Problem ist, dass dem Gendern oft eine politische Ideologie unterstellt wird. Das liegt vermutlich daran, dass die Befürworter:innen oft aus dem politisch links-liberalem Spektrum kommen, die Gegner:innen vertreten hingegen eher konservative bis rechte Ansichten. Teilweise steigern sich Personen so sehr in das Thema hinein, dass sie nicht mehr offen für sachliche Argumentationen sind.

Ein eher lustiges Beispiel hierfür ist ein Fauxpas des AFD-Politikers Gunnar Lindemann: Dieser hat einmal das Wort ‚Fahrspurende‘ falsch gelesen und ist aufgrund der Endsilbe ‚-ende‘ davon ausgegangen, dass die Fahrbahn gegendert worden sei und machte seinem Ärger über das „Gendergaga“ online Luft – und machte sich selbst zum Gespött. An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass gendergerechte Sprache sich auf Personenbeschreibungen bezieht, nicht auf unbelebte Objekte. Diskreditierende Argumente wie, man wolle damit ja Begriffe wie „Salzstreuerin“ einführen, sind völliger Unsinn und unsachlich.

Wird die Ästhetik von Texten zerstört?

Oft wird gendergerechter Sprache unterstellt, sie würde Texte verkomplizieren oder sie sogar zerstören. Wie kompliziert sie etwas macht, hängt jedoch von der Anwendung ab. Der Rat für deutsche Rechtschreibung argumentiert, dass gendergerechte Sprache nicht den Regeln von Grammatik und Orthografie entgegenwirken muss. Ein größeres Problem ist eher die fehlende Barrierefreiheit von Sonderzeichen, weshalb der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband genderneutrale Formulierungen empfiehlt, denn auch für ihn ist es wichtig, dass keine Personengruppen aus der Sprache ausgeschlossen werden. Experimente mit Zeitungsartikeln zeigen zudem, dass genderneutrale Formulierungen Texte nicht weniger ästetisch machen.

Ist gendern unnatürlich?

Diese Frage lässt sich mit ja und nein beantworten. Ein Gegenargument zum Gendern ist oft, dass es ein unnatürlicher Eingriff in die Sprache sei. Das waren Rechtschreibreformen aber auch und trotzdem wurden sie durchgesetzt. Hinzu kommt, dass Sprache sich immer im Wandel befand beziehungsweise befindet und generell als menschliches Konstrukt gilt. So erklärt das BMFSJ:

Sprache entwickelt und verändert sich im Laufe der Zeit und alle, die sprechen und schreiben, sind daran beteiligt.

Reicht männlich und weiblich nicht aus?

Die Behauptung, es würde nur zwei Geschlechter geben, ist sowohl biologisch als auch auf sozialer Ebene falsch. Dennoch wird sie oft als Argument in den Diskussionen rund ums Gendern genutzt. Oft heißt es auch, gendergerechte Sprache will die Existenz des biologischen Geschlechts auslöschen, was ebenfalls Unsinn ist. Wie bereits beschrieben, geht es um eine gerechte Repräsentation aller Genderidentitäten, also auch männlich und weiblich. Wer jedoch nicht akzeptieren will, dass es auch ein nicht-binäres Genderspektrum gibt, wird man vermutlich auch nicht vom Gendern überzeugen können.

Gibt es nicht größere Probleme für die LGBTQ+ Community?

Gendergerechte Sprache wird auch oft als Ablenkung von eigentlichen Problemen gesehen. Und natürlich: Es gibt überall auf der Welt noch Diskriminierung von Mitgliedern der LGBTQ+ Community, teilweise werden sie sogar politisch verfolgt und hart bestraft oder gar getötet. Wir in Deutschland haben den Vorteil, in einer vergleichsweise offenen und toleranten Gesellschaft zu leben – wenn auch nicht frei von Diskriminierung. Doch die tief verwurzelten Vorurteile lassen sich nur mit Zeit und Mühe ausmerzen. Gendergerechte Sprache ist hingegen etwas, dass sich schnell und verhältnismäßig einfach umsetzen lässt und dabei zur Normalisierung von Gender Diversity beiträgt.

Gendern: Ja oder nein?

Diese Frage muss jede Person und jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. Wie in jeder Diskussion, gibt es Vor- und Nachteile, die abgewägt werden müssen. Leute zum Gendern zu zwingen, führt vermutlich zu nichts, da die Gegenseite sich vermutlich ungern bevormunden lassen möchte. Hinzu kommt, dass nicht jeder den Shitstorm, der oft mit gendergerechter Sprache einhergeht, mental aushält. Viel eher sollte aus Sensibilierung gesetzt werden, um mehr Menschen mit dem Thema erreichen zu können und Verständnis zu wecken. Ein Verbot des Genderns ist aber ebenso unsinnig und sollte nicht zur Debatte stehen. Jede Person muss selbst entscheiden, ob sie gendergerechte Sprache verwenden möchte – am Ende muss dann aber auch akzeptiert werden, wenn gegendert wird. Dabei sollten politische Ansichten in den Hintergrund rücken und der Mensch im Vordergrund stehen: Gendergerechte Sprache soll in erster Linie gegen Diskriminierung wirken und Diversität normalisieren. Der österreichische Moderator Armin Wolf sagt dazu:

Ich habe für mich noch keine perfekte Lösung gefunden, weder für schriftliche Texte, noch für TV-Moderationen oder Interviews. Allerdings stimmt auch in diesem Fall, was der US-Epidemiologe Anthony Fauci in ganz anderem Zusammenhang sagt: ‚Don’t let the perfect be the enemy of the good.‘ Jede Variante, […] ist besser als das ignorante generische Maskulinum. Ich werde noch ein bisschen experimentieren.

Das Fehlen offizieller Regelungen zur gendergerechten Sprache sollte nicht über der guten Sache selbst stehen, ist die Kernessenz dieses Zitats. Du und dein Unternehmen solltet euch davon also nicht zwingend abschrecken lassen. Stattdessen könntet ihr dazu beitragen, unsere Gesellschaft offener und bunter zu gestalten und eben dieses Bild zu normalisieren. Trau dich zu experimentieren, wenn dir das Thema wichtig ist, und warte die Reaktionen ab.

Kommentare aus der Community

Paul am 09.08.2023 um 22:06 Uhr

Wirklich fraglicher Artikel. Wir hatten eine Kundenbefragung im Rahmen unseres Newsletters: 3% Zustimmung für *.

Es kann jetzt die hundertste Befragung durchgeführt werden, aber faktisch steigt und steigt die Ablehnung.

Antworten
Niklas Lewanczik am 10.08.2023 um 09:23 Uhr

Hallo Paul,

es ist gut, dass ihr aktiv auf eure Kund:innen zugeht und deren Interessen prüft. In diesen Fällen ist es angebracht, sich auch daran zu orientieren, wenn es um eine Veränderung im Schriftsprachgebrauch geht. Ja, es gibt Menschen, die gendergerechte Sprache nicht wichtig finden oder gar ablehnen und das ist im Business-Kontext zu berücksichtigen. Deshalb ist allerdings unser Beitrag nicht fraglich, er liefert Tipps für Menschen, die sich für eine gendergerechte Sprache entscheiden und dazu etwas Kontext. Nicht mehr und nicht weniger. Es ist ein Angebot, sich über das Thema zu informieren, das für viele Menschen von großer Relevanz ist (zumal auch viele Publisher und Organisationen längst gendern; und vielleicht möchten sich manche Unternehmen anpassen).

Liebe Grüße

Antworten
Annika am 09.08.2023 um 22:02 Uhr

Der Artikel ist wirklich sehr ausführlich, aber inhaltlich Fraglich. Die Ablehnung gegen * ist so hoch, darauf wird nicht eingegangen. Es wirkt eher wie eine Meinung, als Faktische Empfehlungen für das Marketing

Antworten
Niklas Lewanczik am 10.08.2023 um 09:17 Uhr

Hallo Annika,

du hast recht, eine Integration neuester Zahlen zur Akzeptanz würde den Beitrag bereichern. Dieser ist allerdings auch über zwei Jahre alt und daher nicht mit den jüngsten Zahlen versehen. Dennoch würde durch die Integration eine weitere Perspektive eröffnet.
Der Beitrag gibt allerdings ganz klar Tipps für Menschen, die gendergerechte Sprache einsetzen möchten und liefert dazu Kontext. Im Text steht zudem, dass es eine Ermessenssache von Unternehmen ist, ob sie diese Schreibweisen einsetzen sollten oder nicht.
Ob und inwieweit gendergerechte Sprache abgelehnt wird, muss diese Entscheidung nicht umfassend bestimmen (vor allem, wenn es um das Transportieren bestimmter Wertvorstellungen geht). Dass es eine Debatte über den Einsatz gendergerechter Sprache gibt, wird im Text angerissen und in aktuelleren Artikeln umfassender thematisiert.

Liebe Grüße

Antworten
Estella am 03.06.2021 um 15:00 Uhr

Ein weiterer ideologischer Werbe-Beitrag fürs Gendern, voller guter Absichten, aber von geringem Reflexionsgrad.

Erstens: Man kann für Diversität und gegen Diskriminierung sein, ohne zu gendern.

Zweitens: Man muss dafür kein alter weißer Mann sein.

Drittens: Das generische Plural im Deutschen ist ein Abstraktum. Es geht dabei nicht ums Geschlecht, sondern um eine Funktion oder Tätigeit, die Personen, aber u.U. auch Tiere, Gegenstände oder Institutionen erfüllen können. Mitbewohner können z.B. auch Tiere sein. Unternehmen, die bekannterweise kein biologisches oder sonstwelches Geschlecht haben, können auch Mieter, Kläger, Arbeitgeber etc. sein. Drucker haben auch kein Geschlecht, sie sind einfach Dinge, die drucken.

Das Problem liegt nicht in der grammatischen Form. Sonst müsste man auch Opfer*innen und Gender*innen sagen, Wörter, die ein ähnliches Bauschema haben. Das Problem der Genderideologen ist, dass das generische Plural „Maskulinum“ heißt. Und heute gilt ja alles, was irgendwie unter Verdacht steht, „männlich“ zu sein, als toxisch und überholt. Muss also weg. Auf Kosten der Verständlichkeit, des Informationsgehaltes der Sprache, auf Kosten von Migranten, die es schwerer haben, Deutsch zu lernen und sich so zu integrieren, auf Kosten der Kinder, die sich zusätzlich eine Kunstsprache aneignen müssen und auf Kosten von Sehbehinderten, die darauf warten müssen, dass die Leseprogramme irgendwann an das Gendersprachprogramm angepasst werden. Kollateralschäden für ein großes Sprachexperiment, von dem niemand weiß, ob es was bringt.

Übrigens: Dass es keine biologischen Geschlechter gibt, ist auch ein ideologisches Dogma, das kein Biologe oder Naturwissenschaftler unterschreiben wurde. Dagegen spricht übrigens auch das berühmte Geschlechtsexperiment des Erfinders von „gender identity“ und „gender role“ John Money. Einfach mal googeln.

Antworten
Michelle Winner am 08.06.2021 um 09:41 Uhr

Hallo Estella,

danke für deinen ausführlichen Kommentar. Auf ein paar der von dir angesprochenen Punkte, würde ich gern eingehen:

Dieser Artikel ist kein Werbebeitrag, sondern hat eine erklärende Funktion: Er soll zeigen, wie gendergerechte Sprache unkompliziert funktionieren kann, welche Probleme es gibt, welche Kritik und wieso Gendern überhaupt in Betracht gezogen werden sollte. Schlussendlich muss aber jede Person oder jedes Unternehmen selbst entscheiden, wie es die Sache handhabt.

Genau deshalb stimmt es natürlich, dass man auch ohne Gendern gegen Diskriminierung sein kann. Unser Artikel behauptet dies auch gar nicht. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass gendergerechtes Schreiben gegen Diskriminierung wirken kann, indem es Diversität normalisiert.

Und natürlich hast du auch recht, dass auch Unternehmen Kläger, Mieter, etc. sein können. In diesem Artikel geht es jedoch um das Gendern von Personenbeschreibungen für Personen – nicht um „unbelebte“ Objekte. Kennt man das Gender einer Person oder von Personen in einer Gruppe nicht, kann der gegenderte Plural, beispielsweise „Mieter:innen“, definitiv ein Weg sein, um zu zeigen, dass man auch das nicht-binäre Spektrum wahrnimmt und mit einbezieht.

Nun kurz zu deiner Anmerkung bezüglich Maskulinität: In unserem Artikel zeigen wir keineswegs mit dem Zeigefinger auf, wie du schreibst, „alte weiße Männer“. Unser Artikel dient als Informationsmaterial für Menschen jeden Alters und jeden Genders. Worum es vor allem geht, ist die Abkehr vom generischen Maskulinum, dass es sowohl im Singular als auch im Plural gibt. Das generische Maskulinum ist keine grammatische „Einheit“, sondern eine Gewohnheitssache. Studien, die du unter anderem in den im Artikel erwöhnten Quellen findest, belegen, dass sich einige Frauen und nicht-binäre Menschen vom generischen Maskulinum ausgeschlossen fühlen können. Das „Mitmeinen“ funktioniert nicht immer und gerade im Bewerbungskontext ist es weniger wahrscheinlich, dass sich Frauen und Nicht-Binäre auf Arbeitsplätze bewerben, bei denen die Jobanzeige im gen. Maskulinum verfasst wurde.

Kinder begreifen zudem das Konzept gen. Maskulinum oft noch nicht. Auch hier zeigen Studien, dass sie sich oft wirklich nur eine Gruppe von Männern vorstellen, wenn man es verwendet. Neutrale Formulierungen sorgen hingegen dafür, dass die Kinder auch inklusiver denken. Kinder haben auch oft keine Probleme damit, genderneutrale Formulierungen zu verstehen und selbst Sonderzeichen müssen kein Problem darstellen, wenn diese richtig verwendet und erklärt werden.

An dieser Stelle bitten wir auch nochmal zu beachten, dass es hier nicht nur um das Verwenden von Sonderzeichen geht, sondern auch alternativ um genderneutrale Formulierungen, die in Texten oft kaum auffallen. Diese werden vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. präferiert, denn der Verband unterstützt gendergerechte Sprache, weißt aber daraufhin, dass Sonderzeichen hier problematisch sein können. Dennoch gibt es auch hier bereits Fortschritte, nämlich in Form von Screenreaders, die bereits in der Lage sind, beispielsweise den Doppelpunkt als Pause vorzulesen und so auch für Blinde und Sehbehinderte zu verdeutlichen.

Gendergerechte Sprache richtet sich übrigens nicht gegen alles was maskulin ist: Schließlich gibt es sowohl Frauen als auch nicht-binäre Menschen, die sich eher maskulin fühlen. Und es geht auch nicht um Männerhass, denn gendergerechte Sprache soll gerecht für alle Gender sein – also auch Männer. Wofür Gendern hingegen wirklich sorgen soll, ist, dass „männlich“ nicht als allgemeingültiger Status gilt (beispielsweise durch das gen. Maskulinum). Gleichzeitig soll dabei Gender Diversity normalisiert werden, um gegen Diskriminierung zu wirken. Frauen sowie nicht-binäre Menschen sollen sich von Texten angesprochen fühlen und nicht ausgeschlossen werden. Das kann durch generische Maskulinum jedoch passieren, weshalb auch wir als Redaktion versuchen, den Gebrauch zu vermeiden und durch inklusivere Formulierungen zu ersetzen.

Zum Schluss noch ein Wort zum biologischen Geschlecht: Unser Artikel behauptet an keiner Stelle, dass es kein biologisches Geschlecht geben würde. Im Gegenteil: Es wird betont, dass es mehr als nur zwei Geschlechter gibt, sowohl biologisch als auch sozial betrachtet. Und wenn eine Person sich dem bei Geburt zugeordneten Geschlecht nicht zugehörig fühlt und ihre Genderidentität ändert, sollte das akzeptiert und die Person deshalb nicht anders behandelt werden. Oder gezwungen, sich dem binären Genderspektrum zu zuordenen. Gendergerechte Sprache soll genau das mit auffangen und allen Gender Wertschätzung und Respekt zeigen, egal ob Mann, Frau oder Nicht-binär.

Beste Grüße
Michelle

Antworten
Karin Frey am 02.06.2021 um 11:42 Uhr

Der Genderstern wird vom Rechtschreibrat aus gutem Grund nicht empfohlen. Ich zitiere: „Der Rat hat vor diesem Hintergrund die Aufnahme von Asterisk („Gender-Stern“), Unterstrich („Gender-Gap“), Doppelpunkt oder anderen verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu diesem Zeitpunkt nicht empfohlen.“

Es gibt viele Gründe, diese Kunstsprache nicht zu verwenden. Der für mich Wichtigste ist die Tatsache, dass diese Genderschrift diskriminiert. Das ist übrigens auch der Grund, warum der Verband der Blinden und Sehbehinderten diese Schreibweise ablehnt.

Ansonsten wäre es schön gewesen, wenn man im Artikel auch Kritiker dieser Sprache, die nicht „gendergerecht“, sondern absolut genderungerecht ist. zu Wort kommen lassen würde. Ich fühle mich als Frau durch diese Sprache ausschließlich auf mein Geschlecht reduziert, meine Kompetenz ist völlig unerheblich. Ich bin Arzt. Und dabei spielt mein Geschlecht überhaupt keine Rolle. Als „Ärztin“ werde ich auf mein Geschlecht reduziert nach dem Motto „Ach, das blonde Frauchen kann sogar Arzt sein“. Vielleicht denkt ihr da mal darüber nach.

Antworten
Niklas Lewanczik am 02.06.2021 um 14:24 Uhr

Hallo Karin,

danke für deine ausführliche Kritik. Wir sind uns bewusst, dass einige Genderschreibweisen (wie der Doppelpunkt, den auch wir verwenden) gewissen Nachteile mit sich bringen. Einige dieser Nachteile werden im Artikel ja auch konkret beschrieben. Allerdings denken wir, dass die Vorteile einer gendersensiblen Sprache diese Nachteile zu überwiegen imstande sind (das ist aber Ermessenssache und liegt natürlich auch im Auge Einzelner).

Dass eine gendersensible Sprache diskriminierend ist, würden wir als pauschale Aussage so nicht unterschreiben, wenngleich es durch diese Sprache zu Benachteiligung von Personen kommen kann; denn eine gendersensible Sprache, die allumfassend für alle Geschlechtszuschreibungen und dabei grammatikalisch korrekt und barrierefrei ist, gibt es in dieser Form leider nicht. Dass es für sehbeeinträchtigte und blinde Menschen Probleme mit diesen Formen geben kann, ist ein Problem (das sich aber nicht direkt auf die Frage des Genderns, sondern auf die Funktionalität einer Spracherkennung und Wiedergabe bezieht). Allerdings können Screenreader wie bei Amazon, iOS oder Google den Doppelpunkt beispielsweise bereits als Pause lesen; so wie es bei dieser Schreibweise intendiert ist, da diese Pause als Leerstelle für nicht-binäre Geschlechtszuschreibungen fungieren kann.

Siehe Beispiele hier:
https://taner-aydin.dev/a11y-up/genderinklusive-sprache-und-barrierefreiheit/

Favorisiert werden vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. übrigens Lösungen „die kein Geschlecht ausschließen wie bei Team“ (https://www.dbsv.org/gendern.html); auch das ist eine gute Option, um gendersensibel zu schreiben, jedoch nicht in jedem Kontext anwendbar.

Dass Personen aufgrund von gendersensibler Sprache auf ihr Geschlecht reduziert werden, ist nicht im Sinne der Maßnahme; immerhin werden die Begriffe divers ausgelegt. Dass bei der weiblichen Form einer Berufsbezeichnung eine geringere Kompetenz assoziiert wird, mag eine subjektive Wahrnehmung sein. Wir plädieren dafür, gendersensible Sprache in dem Ausmaß und der Form, die jeder Person für angemessen hält, zu tolerieren und möglichst auf inklusive Formen zu achten; um auch strukturelle Diskriminierung zu unterlaufen.

Beste Grüße

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