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Digitalpolitik
Petition gegen Good Omens: Christen fordern Netflix auf Serie von Amazon Prime zu löschen

Petition gegen Good Omens: Christen fordern Netflix auf Serie von Amazon Prime zu löschen

Toni Gau | 21.06.19

Seltsame Petitionen gibt es viele im Internet. Netflix aufzufordern, eine von Amazon produzierte Serie wegen Blasphemie abzusetzen, ist besonders fragwürdig.

Letzten Monat erschien das Amazon Prime Original Good Omens, die Serienadaption des gleichnamigen Buches, geschrieben von Neil Gaiman und Terry Pratchett. Hierbei handelt es sich um eine Satire zur Apokalypse, welche sich mit der Frage von Gut und Böse befasst. Eine Gruppe Christen zeigte sich besonders verärgert von der Serie. Es handle sich um Blasphemie und satanistische Propaganda, weshalb recht bald eine Petition folgte, die zur Entfernung der Serie auffordert. Leider wurde diese nur an den falschen Streamingservice gerichtet: Netflix.

Warum der Aufruhr?

Good Omens bewerkstelligt es die Apokalypse vollkommen ad absurdum zu führen, wie es die ganze Handlung über spürbar ist. Der Antichrist, Einläuterer des Endes aller Tage, wurde geboren – und bei der Geburt vertauscht. Ein Engel und ein Dämon, welche seit Jahrtausenden unter den Menschen leben und über die Jahre zu besten Freunden wurden, sind nun dazu verpflichtet diesen so aufzuziehen, dass er der eigenen Seite zunutze geführt wird. Der Engel Erziraphael (gespielt von Michael Sheen) soll also seine positiven, der Dämon Crowley (gespielt von David Tennant) seine negativen Einflüsse ausmachen, sodass der Antichrist die Apokalypse einleiten kann. Interesse daran hat keiner der beiden, da diese mittlerweile das Leben unter den Menschen genießen. Die vier gefürchteten apokalyptischen Reiter – Krieg, Hunger, Tod, und selbstverständlich auch Umweltverschmutzung – sind ebenfalls mit von der Partie, dargestellt als Biker.

Die Satire scheut sich also nicht ihr Ausgangsmaterial so weit zu parodieren, wie nur irgend möglich ist, wenn auch nie geschmacklos. Dass sich hierzu dennoch Widersacher finden würden, ist unvermeidlich. Bei Veröffentlichung des Buches verhielt sich dies nicht anders. Dass die Petition ans falsche Unternehmen gesendet wurde, ist bereits kurios genug. Die dazu aufgelisteten Punkte sind jedoch auch eher spezieller Natur.

Die Petition selbst

Der primäre Kritikpunkt der Serie sei, sie fördere Satanismus (wer die Serie zu Ende gesehen hat wird wissen, inwiefern dieser Kritikpunkt nicht allzu zutreffend ist), jedoch sei auch die Gesamtdarstellung dieser moralisch falsch und würde die Weisheit Gottes verspotten. Jedoch wurden noch weitere Kritikpunkte gelistet, darunter folgende:

  • Gott ist eine Frau
  • Der Antichrist ist ein Kind, welches die Erde gar nicht zerstören möchte
  • Engel und Dämon wollen das Ende der Welt nicht einleiten, da diese ihnen mittlerweile gefällt
  • Es gäbe satanische Nonnen (Der schwatzhafte Orden der Heiligen Beryll)
  • Der Teufel und Satanisten würden angeblich als gut dargestellt

Weitere mögliche Kritikpunkte wie, dass Adam und Eva nicht als weiß dargestellt werden oder der apokalyptische Reiter Pestilenz im Ruhestand ist, scheinen nicht schwerwiegend genug, um sie zu listen. Die Argumentation hinter der Forderung wirkt nicht ganz schlüssig und es bleibt fraglich, ob die Begründer der Petition die Serie überhaupt gesehen haben oder sie nur ganz prinzipiell einleiteten. Die Petition selbst sammelt weiterhin Stimmen und hat bisher 20.000 von angestrebten 35.000 erreicht.

Was hat der Autor dazu zu sagen?

Für Neil Gaiman war die Serie ein Herzensprojekt, da Mitautor Terry Pratchett ihn noch kurz vor seinem Tod bat, dass diese dem Buch treu sein solle. Da die beiden nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde waren, zeigte Gaiman sich besonders bemüht, dies auch umzusetzen. Viele Fans des Buches erfreuen sich an der Serienadaption und die Rezensionen sind überwiegend positiv, sodass Gaiman über diese Petition hinwegsehen kann. Wie auf seinem Twitter Account zu sehen ist, empfindet er sie tatsächlich als sehr belustigend.

Doch auch eine Vielzahl religiöser Fans meldete sich zu Wort und widersprach der Petition vehement. Laut eigenen Worten seien die Erzählungen eigener Erfahrungen der Zuschauer mit Good Omens für den Autor einer der bereichernsten, wofür Gaiman sich dankbar zeigt.

Weder Gaiman noch Pratchett beabsichtigten einen respektlosen Umgang mit Glaube und der Ausgangserzählung. Dass all dies mit dem nötigen Anstand behandelt wird, war beiden durchaus wichtig und viele scheinen der Ansicht, dass dies auch gelungen ist. So melden sich auch unter anderem Pastoren und Priester zu Wort, welche teils von ihrer Zuneigung gegenüber Good Omens sprechen.

Good Omens bleibt

Amazon Prime Video wird die Serie natürlich nicht wieder entfernen. Tatsächlich scheint dieser Streamingservice die Situation selbst auch amüsant zu finden. Gestern erst folgte ein Tweet, in dem Amazon Netflix das Angebot stellte, sie würden Stranger Things entfernen, wenn Netflix selbiges mit Good Omens tut.

Petitionen wie diese gibt es mittlerweile im Übermaß. Auch zur achten Game of Thrones-Staffel wurde per Petition dazu aufgefordert, diese nochmal zu filmen. Selbstverständlich ohne Ergebnis. Dadurch, dass derartige Petitionen mittlerweile bei jeder Kleinigkeit folgen, die einer mal mehr, mal weniger kleinen Personengruppe missfällt, werden derartige Petitionen oftmals nicht allzu ernst genommen. Fans der jeweiligen Serien und Filme können über diese Petitionen solange sie existieren jedoch ein klein wenig schmunzeln.

 

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