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Von limitierten Superkräften, illustrierten Affen und unbequemen Re-Designs – der UX Salon in Tel Aviv

Von limitierten Superkräften, illustrierten Affen und unbequemen Re-Designs – der UX Salon in Tel Aviv

Ein Gastbeitrag von Torben Maskow | 15.05.18

Was hat Ed Sheeran mit Engagement und Designprozessen zu tun? Mehr als man denkt, wie der Beitrag von Torben Maskow von Moccu zeigt.

Am Anfang war das Wort

Avi Itzkovitch, Gründer des UX Salons, eröffnete die Veranstaltung in Tel Aviv und motivierte die Teilnehmer, das Maximum aus der Veranstaltung herauszuholen: Notizen machen und Netzwerke aufbauen. Das klingt zunächst banal, formte aber die Kultur der Konferenz. Interessante Speaker mit toller Energie und eine gelungene Mischung aus Vorträgen und Workshops haben alle begeistert.

Ein „Big-Bang-Redesign“

Co-Founder des Smashing Magazines, Vitaly Friedman, bot mit „Humanizing Web Design: The Smashing Magazine Relaunch Case Study“ einen sehr spannenden Einblick in den Redesign-Prozess des Magazins. Dabei ging es vor allem darum, eine innovative Experience zu schaffen, die gleichzeitig mit einem einzigartigen Look-and-Feel überzeugt. Dass wir immer wieder die gleichen Websites designen, stellte er etwas ketzerisch anhand eines Tweets dar:

Wie es auch anders funktionieren kann, zeigte er anhand von Beispielen auf, bei denen Unternehmen faszinierende Online-Erlebnisse geschaffen haben. Dazu gehörte unter anderem das Beispiel „Mailchimp“, bei dem ein illustrierter Affe den Nutzer bei der Interaktion mit der Website emphatisch begleitet.

Die Überraschung im Falle von Smashing Magazine: Am Ende des Redesign-Prozesses kam das Design bei den Lesern des Magazins gar nicht an; es folgten sogar Hass-Mails. Selbst Friedman gefällt das neue Design nicht besonders, aber dennoch: Es ist endlich mal was anderes und punktet mit Stärken im Detail. Friedmans zentrale Botschaft lautete deshalb: Es ist schwer, eine Experience zu gestalten, die allgemein gut ankommt und zudem prägnant ist. Oft sei es im Hinblick auf die Zielgruppe besser, lieber nur die entscheidenden Nutzer durch Prägnanz zu überzeugen als gewöhnlich zu sein.

Vitaly Friedman stellt Freddie vor

Ungewissheit als kreativer Treiber

Ein absolutes Highlight der Konferenz war der Vortrag „How to Turn Uncertainty Into Creative Power“ von Yonatan Levy. Auf mitreißende Weise plädierte er dafür, dass wir weniger Pläne machen sollten, um gesteckte Ziele zu erreichen. Vielmehr gehe es darum, sich in das Ungewisse zu begeben. Der UX- und Produktexperte kommt aus der professionellen Malerei. So verwundert auch seine Eingangsfrage nicht sonderlich: Warum sind wir vor allem dann kreativ, wenn wir begrenzte Ressourcen haben oder auf andere Art eingeschränkt sind? Sein Credo: Die eigenen Superkräfte – besondere Stärken und Talente – zu limitieren, kann enorme Kreativität hervorbringen.

Eines seiner eingängigen Beispiele dazu war Wikipedia, das ursprünglich als Expertenplattform erdacht wurde, auf der nur professionelle Redakteure schreiben sollten. Aus der Not heraus, Profis nicht bezahlen zu können, entstand die heutige offene Plattform.

Networking beim UX Salon in Tel Aviv

Design-Prozesse grundlegend verändern

„Wir brauchen ein Umdenken, eine neue Design-Kultur bei der Entwicklung von digitalen Produkten und Services“, dieser Meinung ist Matteo Cavucci, ein international bekannter Tech-Berater. In seinem Vortrag „Redesign Design: How to Manage Effective Design“ zeigte er auf, wohin sich der Design-Prozess entwickeln muss, um den Anforderungen unseres Umfelds gerecht zu werden. Dabei stellte er das Modell „Design Ops“ vor, welches einen Umbruch des Design-Prozesses darstellt. Seine zentrale These beinhaltet, von einem planungsorientierten Prozess zu einem adaptiven „People First“-Ansatz zu wechseln.

Drei Elemente stehen im Mittelpunkt von „Design Ops“:

  1. Design als explorativen Prozess zu verstehen, um Neues zu lernen
  2. Die Befähigung des gesamten Teams zu stärken, um mit möglichst wenig Aufwand Design zu betreiben
  3. Die User und das Team direkt zu verbinden, um für einen bestmöglichen Kreationsprozess zu sorgen

Es ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit, in der sich schnell wandelnden Komplexität effiziente Lösungen zu kreieren und dafür im Unternehmen die richtigen Voraussetzungen zu schaffen.

Echtes Engagement als Wettbewerbsvorteil

Ein besonderes Highlight war der Vortrag – oder besser die Show – von Scott Gould, einem international tätigen UX-Berater, „The Engagement Advantage“ (vgl. Webexpo-Aufzeichnung ). Auf mitreißende Art zeigte er, was Engagement ist und wie Unternehmen mit ihren Zielgruppen interagieren können. Schon nach drei Minuten war das Publikum auf jeden Fall „engaged“. Und das, obwohl es der letzte Vortrag des Tages war und der Kopf mittlerweile schon ganz schön rauchte.

Scott Gould spricht über Engagement

Seine Art der Inhalts-Vermittlung hat die Zuhörer inspiriert, Dinge auch mal anders anzugehen. Beispielsweise rief er bei besonderen Charts seiner Präsentation dazu auf, Fotos davon zu machen und fragte, ob er mit auf dem Bild sein soll. Höhepunkt seines Vortrags war, als er zu einer Instrumental-Version von Ed Sheerans „Shape Of You“ rappte: „I´m in love with the Shape of Engagement – Like a pulley lift you of the pavement – Touch some meaning, don´t be impatient – And they´ll be in love with ya company“.

Kompakte Inspirationsquelle

Besonders wertvoll wird eine Konferenz, wenn es gelingt, mit Leidenschaft neue Themen und Denkanreize zu vermitteln. Diesem Anspruch ist der UX Salon gerecht geworden.

Entscheidendes Take-away der Konferenz ist die Erkenntnis, dass wir Design-Prozesse noch agiler gestalten müssen. Dabei kann Design nicht auf das visuelle Erscheinungsbild reduziert werden. Auch kann man sich nicht auf das digitale Medium beschränken, welches die Inhalte transportiert. Entscheidend ist die gesamte Experience.

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