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Service ist das neue Marketing – So geht digitaler Kundenservice heute

Service ist das neue Marketing – So geht digitaler Kundenservice heute

Ein Gastbeitrag von Christoph A. Dassler | 08.09.16

Wer ein positives Erlebnis mit dem Kundenservice hatte, gibt mehr Geld für die Marke aus und ist bereit diese und deren Produkte weiterzuempfehlen.

1:1 Kundenmanagement als Herausforderung

Kein Netz, die SmartWatch synchronisiert sich nicht mit dem online Portal, die Heizung springt nicht an, der Kühlschrank wird nicht kalt, der Wagen ist liegen geblieben, das Display bleibt schwarz und die mobile Tan kommt nicht: Die vielen kleinen Katastrophen des Alltags sind es, die Marken zu schaffen machen. Insbesondere da alles geteilt und schnell öffentlich und reichenweitenstark diskutiert wird. Für die Reputation kann das problematisch werden. Große Marken, die für sich reklamieren „Love Brands“ zu sein, Marken, die in Sachen Identifikation und Involvement seitens ihrer Kunden mehr erreicht haben als andere und auch nach der harten Währung der Weiterempfehlung glänzen, haben hier viel zu verlieren, aber noch mehr zu gewinnen. Denn auch Positives hinterlässt Eindruck, zieht weite Kreise und nicht nur jede Krise birgt eine Chance, sondern überhaupt jeder positive Kundenkontakt. In Omni-Channel-Zeiten eine große Herausforderung.

Der anspruchsvolle Konsument artikuliert seine Erwartungen laut und deutlich und diese sind nicht von Pappe: Eine schnelle Reaktionszeit, wenn der Kunde Kontakt zum Unternehmen aufnimmt – bei WhatsApp sind es maximal 5-10 Minuten, im Live-Chat gerade mal 60 Sekunden; Ansprechbarkeit möglichst rund um die Uhr; einheitliche Kommunikation über alle Kanäle hinweg; Kommunikation auf Augenhöhe, will heißen, respektvoll, in der eigenen (Landes-) Sprache, in der Tonalität, die den Erwartungen des Verbrauchers an „seine“ Marke entspricht, und da, wo sich der Kunde aufhält. Und letztlich gilt: Mobile first. Jede Form der direkten als auch persönlichen Interaktion muss heute auch mobil funktionieren.

Markenbildend: Kommunikation und Dienstleistung

Das eigentliche Produkt, sei es der Grill, der teure Wagen oder das neueste Tablet, rücken in den Hintergrund, die persönliche Kommunikation und Dienstleistungen drum herum prägen das Kundenerlebnis und zahlen damit auf den Markenwert ein. Nichts katapultiert eine Marke erfolgreicher ins Herz des Kunden als schnelle, unkomplizierte Hilfe, wenn es klemmt. 80 Prozent derer, die ein positives Erlebnis mit dem Kundenservice hatten, geben nicht nur erwiesenermaßen mehr Geld für die Marke aus sondern empfehlen am Ende auch die Produkte weiter (Studie 2016, Customer Service 2020 von defacto digital research).

Die hohen Erwartungen der Verbraucher sind erfüllbar. Das machen einige Unternehmen vor und hängen damit die Latte für alle höher. Die Rallye zur optimalen Customer Experience ist eröffnet.

Der Zugang zum Kunden ist für die Marke das höchste Gut. Dabei wählt der Kunde selbst den Kanal, sei es WhatsApp, mittlerweile ein mehr und mehr relevanter Produkt- und Service-Kanal, Facebook mit dem Messenger, Twitter, Communities oder Blogs. Und der Kunde ist mittlerweile auch offen für die Kommunikation auf diesen Kanälen, sowohl für Push-Nachrichten aufs Handy als auch für die öffentliche Problemlösung in sozialen Medien. Eine aktuelle Studie belegt das: Fast 40 Prozent der Verbraucher schätzen Live Chat in Online Sales und erwarten, dass eine Marke beispielsweise auch nach 20 Uhr für sie da ist – und dies nicht nur über das Telefon. Über 50 Prozent akzeptieren Serviceerlebnisse über Facebook Messenger. Service ist das Zauberwort, über Werbung spricht man gar nicht mehr.

Den ROI im Nacken soll dieser „Service“ natürlich ebenfalls verkaufen. Allerdings: Wir spielen über Bande. Denn auf den Kanälen, die auf das aller heiligste Smartphone zielen, ist die Gefahr groß, die sogenannten open Subscriber, welche ihre Handynummer preisgegeben haben, zu verärgern. Man begibt sich auf sensibles Terrain, es droht Adressverlust, wenn man den falschen Ton trifft, beispielsweise mit irrelevantem Content nervt. Spam ist tabu – dem Kunden bleibt überlassen, ob er dem Link zum Video folgt und den nächsten Click macht. Aber die Potenziale, welche diese Kanäle eröffnen, sind riesengroß.

Was tun, damit der Kunde Kommunikation akzeptiert?

Wie gelingt es, den Kunden davon zu überzeugen, diese Kanäle für die Marken-Kommunikation freizugeben? Man muss ihm gute Gründe liefern. Exklusiver, nutzwerter Content und besonderer Service sind gute Gründe. Aktuelle Beispiele aus der Praxis:

  • Über Facebook Messenger und/oder WhatsApp, erhält der Kunde bei Anwendungsproblemen Hilfe. Die Marke ist für ihn erreichbar und bereit, sich jeder Frage direkt anzunehmen.
  • Für erklärungsbedürftige Produkte ohne eigenen Support im Einzelhandel, beispielsweise wenn ein Produkt vorzugsweise über Baumärkte vertrieben wird, kann eine App mit direktem Live-Zugang zu Experten Orientierung geben und das nicht stattfindende Beratungsgespräch übernehmen – via Chat, Videobeiträge und Call-Back.
  • Für Unternehmen mit reinem Onlinevertrieb erspart die Kommunikation mit den Kunden via Facebook Messenger oder App den Medienbruch.
  • Produkte mit langer Lebensdauer, wie etwa eine Küche oder ein teures Gartengerät, können über digitale Kommunikationswege den Kontakt zu ihren Kunden halten und die Marke durch Content-Angebote aufladen bzw. ihre Nutzungsintensität erhöhen.
  • Ein Concierge-Service über die unternehmenseigene App beantwortet inhaltliche Fragen.

Neue Dienstleister braucht das Land

Wer für die Marke kommuniziert, noch dazu als Lösungsanbieter im „Notfall“, an den werden hohe Anforderungen gestellt. Im Bestfall ist der für die hochpreisige Puls-Uhr Fragen beantwortende Servicemitarbeiter selbst Läufer sowie Verwender dieser Uhr und kennt sich aus. Ein hochklassiger Service auf Augenhöhe also, der auch die Entwicklung völlig neuer Dienstleister bedingt, die die hohen Kunden-Anforderungen an Love Brands überhaupt erfüllen können. Das gilt auch für die Kommunikation in Foren, Communities und Blogs, in denen sich je nach Marke die echten Fans und Intensiv-Verwender sowie Interessenten gleichermaßen tummeln – sowie Dienstleister mit Pionierqualitäten, die hier im Auftrag großer Marken moderieren, antworten und Influencer identifizieren, die man in einen 1:1-Dialog führen möchte. Gerade in Foren, Blogs und Communities besteht die große Herausforderung in der ständigen Präsenz sowie in dem klug abwägenden Interagieren der Marke. Aber es lohnt sich. Relevante Interaktion in den sozialen Medien ist ein starkes Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb.

Wofür welchen Kanal?

Facebook und Twitter sind gute Kanäle für Support, Krisenkommunikation und Content-Distribution. Insbesondere der Facebook Messenger mit knapp 800 Millionen aktiven Nutzern pro Monat ist als „Erste-Hilfe-Kanal“ ein akzeptiertes sowie zukünftig weitaus mehr zu berücksichtigendes Medium, auch für Produkt- und DIY-Beratung oder zur Reklamationen-Kommunikation. In Communities, Foren und Blogs stößt man auf Influencer, die nicht nur selbst eine starke Beziehung zur Marke haben, sondern über die man auch andere Konsumenten erreicht.

Ausblick

Intelligente, selbst lernende Roboter übernehmen langsam aber sicher in diesem Bereich schon viele Vorgänge, die sich präzise definieren lassen. Ein Kunde, der sich zum Beispiel wegen einer verlorenen Kundenkarte meldet, kann Schritt für Schritt durch den Prozess des Sperrens und neu Beantragens begleitet werden. Diese sogenannten Chat Bots funktionieren 24/7 in allen angelernten Sprachen und können sowohl proaktiv als auch reagierend tätig sein. Unsere Einschätzung ist, dass ein Bot vor allem in Chat-Kanälen zukünftig bis zu 50 Prozent aller Anfragen von Kunden an klassische Handelsunternehmen auf diese Weise automatisch beantworten kann – und zwar in Echtzeit und rund um die Uhr ohne Wartezeiten. Erst wenn etwas knifflig wird, wird der Kunde zu einem Mitarbeiter weiter geleitet. Die frei gewordenen Kapazitäten können in die Verbesserung der Service Qualität investiert werden. Insgesamt erhöht die Orchestrierung von Bot und menschlicher Intelligenz die Budget-Effizienz und die Customer Experience.

Kommentare aus der Community

Roman Schneider am 14.12.2016 um 22:10 Uhr

Sehr differenzierte Darstellung, – wenn dies alle berücksichtigen würden, wäre vieles einfacher. So gibt es Arbeit für eine Vielzahl von Consultants…

Antworten
Hans-Henning Göhrum am 12.09.2016 um 07:23 Uhr

Diese Erkenntnis ist überfällig und begegnet einem jeden Tag vielfach. Danke für die Hinweise

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