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Performance Marketing
Zukunft ohne Cookies – ein Ding der Möglichkeit

Zukunft ohne Cookies – ein Ding der Möglichkeit

Ein Gastbeitrag von Heiko Staab | 10.06.21

Ein großer Teil der weltweiten Ad-Kampagnen beruht auf der Cookie-Technologie. Das Problem: Google will Third Party Cookies in Chrome bis Anfang 2022 beenden. Vor allem durch Werbung finanzierte Publisher müssen nun Wege finden, wie sie ihren Traffic in Zukunft effektiv monetarisieren können. 

Die Cookie-Ära endet in absehbarer Zeit und zwingt Publisher dazu, alternative Lösungen zu finden. Mit der Privacy Sandbox und den intelligenten Kohorten (FLoC) bietet Google bereits eine cookielose Alternative an. Diese ist aber hierzulande aufgrund der DSGVO noch gar nicht im Einsatz. Zudem ist noch unklar, wie gut das Targeting für Werbekund:innen mit dieser Lösung funktionieren wird – Schätzungen gehen von einem Abfall der Genauigkeit von 50 Prozent aus. Google hingegen spricht davon, dass Werbetreibende mindestens 95 Prozent der Conversions pro ausgegebenem Dollar im Vergleich zu Cookie-basierter Werbung erwarten können

Auf der anderen Seite buhlen mehr als 80 ID-Lösungen darum, die Nachfolge der Cookies anzutreten. Das Versprechen der ID: Privatsphäre und genaues Cross-site Targeting zu vereinen, indem User zwar einer Kennung per E-Mail-Adresse zustimmen, diese jedoch aufgrund der kryptografischen Verschleierung nie preisgegeben wird. Die prominenteste Initiative für solch persistente Identifier mit vielen Fürsprecher:innen und mittlerweile Open Source ist UID 2.0. Aber auch das ist noch Zukunftsmusik, denn die Lösung ist in Deutschland bisher noch nicht ausgerollt. Zudem gehen Schätzungen von einer User-Akzeptanz von nur 20 bis (optimistischen) 30 Prozent für Logins aus. Infrage steht auch, ob die ID-Lösungen den sich schnell entwickelnden regulatorischen Einschränkungen überhaupt standhalten.

Verschiedene Wege, um First-Party-Daten auszubauen

Publishern bleibt angesichts der Unsicherheit um IDs und Sandboxes kaum etwas anderes übrig, als sich auf sich selbst und den Aufbau von First-Party-Daten zu fokussieren. Denn wenn die Daten von Drittanbieter:innen verschwinden, steigen First-Party-Daten im Kurs. Um diesen direkten Draht zu den Usern zu nutzen, gibt es verschiedene Modelle:

Das Pay-Modell läuft über eine Bezahlschranke und bietet kaum Möglichkeiten, Werbemodelle zu etablieren. Weiterer Nachteil: Die Reichweite ist bei diesem Modell im Vergleich zu anderen am niedrigsten. Für die meisten Publisher ist es daher gar nicht möglich und generell auch nicht ratsam, nur auf das Pay-Modell umzustellen.

In Deutschland auch häufig anzutreffen ist das sogenannte PUR-Modell, das Nutzer:innen vor die Wahl stellt: Entweder Content bezahlen oder Einwilligung zur Datennutzung geben. Wegen des DSGVO-Kopplungsverbots ist noch unklar, ob dieses Vorgehen rechtskonform ist.

Das Log-in-Modell fokussiert auf breite Nutzer:innenbindung sowie einfaches Single-Sign-On (SSO) und kann mithilfe einer Consent-Management-Plattform (CMP) ermöglicht werden. Der Vorteil: Es werden alle Nutzer:innen mit diesem Modell erreicht und der Zugang ist für sie einfach. Mit einem Website-übergreifenden CMP reduziert sich auch der Aufwand, denn bereits abgegebene Einwilligungen können direkt verwendet werden, ohne dass den Usern bei jedem Öffnen erneut ein Pop-up-Fenster angezeigt wird.

Beim Plus-Modell hingegen wird ein In-Article Log-in beziehungsweise eine Paywall als Freemium-Modell für Nutzer:innen eingerichtet mit dem Ziel, mehr zahlende Stammnutzer:innen zu gewinnen. Für besonderen Content lassen sich neue Nutzer:innen dann hinter die Paywall holen beziehungsweise über die Paywall einfache Log-ins generieren.

Das Touchpoint-Modell hat eine ähnliche Funktionsweise: Durch Zusatzservices wird Mehrwert an User weitergegeben, beispielsweise durch Newsletter oder Gewinnspiele.

Pyramide zum Cookieless Tracking
Pyramide zum Cookieless Tracking (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Traffective

Mit welchem Modell auch immer: Eingeloggte Nutzer:innen stehen für Publisher an der Spitze der Pyramide. Wenn sie es schaffen, dass 30 Prozent oder mehr ihres Traffics mit einem Log-in verknüpft sind, können diese First-Party-Daten in Kombination mit datenschutzkonformen ID-Lösungen das Filetstück im Monetarisierungs-Mix sein. Hier kann das Targeting sogar besser funktionieren als vorher, da es auch Cross Device ermöglicht. 

Targeting von User-Segmenten auch ohne Log-in  

Doch wie sieht es mit den restlichen 70 Prozent des Traffics aus, also jenen Nutzer:innen, die sich nicht zum Log-in überzeugen lassen? Hier kommen kontext- und nutzungsbezogene First Party Segments ins Spiel, die ohne Third Party Cookies funktionieren, weil sie auf First Party Cookies aufbauen. Diese Segmente liefern Kontext fürs Targeting, lassen jedoch keine Rückschlüsse auf die Identität der User zu. Liest zum Beispiel jemand innerhalb von fünf Tagen drei Artikel über den FC Bayern, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese Person fußballinteressiert ist. Entsprechend wird ein Segment „Fußball” gebildet. Diese Information geht an die SSP und triggert eine Auktion an, die Segment-IDs enthält, die der Buyer dann einkaufen kann. 

Dieses Segment-Targeting ist teilweise schon heute möglich. Die große Hürde dabei ist allerdings, diese Segmente über viele Publisher und Länder hinweg skalierbar zu machen. Dazu hat sich bereits eine Taskforce zusammengetan – der flächendeckende Roll-out ist noch in diesem Jahr geplant. Der Vorteil sowohl von Log-ins als auch von einheitlichen First Party Segments liegt für Publisher auf der Hand: Sie behalten mehr Kontrolle und ihre Position im Ökosystem könnte sogar stärker werden.  

Die Zukunft: Weniger eingebundene Vendor:innen, mehr Innovation  

Die Veränderungen, die der Werbewelt bevorstehen, bieten auch eine riesengroße Chance, das offene Web neu und besser zu gestalten. Der Status quo mit Cookies und unzähligen Vendors ist wenig nachhaltig, denn im Schnitt werden 200 und bis 600 Vendor:innen in CMPs eingebunden. Es ist jetzt Zeit für Innovation und Kooperation: Publisher kennen ihre Benutzer:innen am besten, entwickeln Inhalte und stimmen sie auf deren Interessen ab. Diese kontextuell und datenschutzkonform zu erweitern, um Interessen und Absichten zu verstehen, wird in Zukunft interessenbasierte Werbung ermöglichen, ohne User-Identitäten preiszugeben. 

Publisher müssen sich auf den neuen Traffic-Mix aus Log-in Users, First Party Segments und Sandbox einstellen und für sich das beste Modell finden. Dann kann die Zukunft jenseits von Third Party Cookies eine Chance für Publisher, Innovation und das Open Web an sich sein.

Kommentare aus der Community

Olli am 22.06.2021 um 11:46 Uhr

das stimmt, denn dieser Artikel fasst High-Level den aktuellen Status quo richtig gut zusammen. Ich bin dankbar für diese Info!

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Michael Kornobis am 14.06.2021 um 13:16 Uhr

Danke für den in die Zukunft schauenden Artikel. Es ist zudem noch viel Gesprächsbedarf, um Werbungtreibende die Angst zu nehmen sich von dem auslaufenden Modell der 3rd-party-cookies als auch 3rd-party Daten, wie sie die letzten rund 10 Jahre verwendet wurden, zu verabschieden.

Viele versuchen noch, mit Brücken und Tricks die User-ID’s im 3rd-party-Ökosystem zu retten, es sind jedoch u.a. die drei Ansätze von Heiko, über deren Zukunftsfähigkeit diskutiert und entsprechend ausgetestet werden muss.

Antworten
Martin Boomann am 11.06.2021 um 08:32 Uhr

nutzer:innenbindung? Ernsthaft????

Antworten
Ralf Lienesch am 13.06.2021 um 11:07 Uhr

Ja, Gendern geht auch anders. ‚Einbindung von Nutzenden‘ zum Beispiel. Dennoch schon schade, dass dies der einzige Kommentar zu einem interessanten Artikel ist.

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