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Hinter den Kulissen von Instagrams Scheinwelt: Influencerin @jldrae im Interview

Hinter den Kulissen von Instagrams Scheinwelt: Influencerin @jldrae im Interview

Aniko Milz | 16.04.21

Wie sieht der Tag einer Influencerin aus? Wie geht man mit dem Druck um, stets perfekt aussehen zu müssen? Haben Influencer auch mal Urlaub und wie sieht die Zukunft der Branche aus? Diese und weitere Fragen haben wir Açelya de Rosa, einer Fashion Influencerin aus Nürnberg, gestellt.

Es gibt wohl kaum eine andere Berufsgruppe, über die sich so viele lustig machen, während sie gleichzeitig von so vielen bewundert wird. Mit dem Aufstieg von sozialen Medien erschienen Influencer auf der Bildfläche. Schnell wurden sie von Meinungsmacher:innen zu bezahlten Promotern von Unternehmen und Produkten. Mittlerweile können viele Influencer ihr täglich Brot mit dem Auftritt auf Instagram, TikTok und Co. verdienen. Wir haben mit der Influencerin Açelya de Rosa (@jldrae auf Instagram) über ihren Alltag und die Vorteile und Schattenseiten des Lebens als Influencerin gesprochen.

Açelya ist das, was man als Lifestyle/Fashion Influencerin bezeichnet. Auf ihrem Account teilt sie überwiegend Outfit-Inspirationen. Damit begeistert sie täglich ganze 511.000 Follower. Im Interview erklärt sie uns, warum sie ihren Account gestartet hat:

Ich hatte schon immer großen Spaß daran, Outfits zusammenzustellen und diese dann mit anderen zu teilen. Auf meinem Profil findet man also neben Lifestyle Content hauptsächlich Inhalte, die sich auf das Thema Mode beziehen.

Wie wird man überhaupt zu einer Influencerin?

Wie wird man Influencerin? Ab wann kann man davon leben? Theoretisch kann sich jeder Instagram User als Instagram Influencer bezeichnen. Schließlich ist dies kein geschützter Begriff und sobald man einige Follower hat, kann man diese auch „influencen“. Doch niemand wird von jetzt auf gleich zum Influencer. Açelya hat vor Jahren damit begonnen, jeden Tag ein Foto ihres Outfits zu posten. Nach und nach kamen mehr Follower hinzu:

Aber tatsächlich hat es sich dann einfach über die Jahre hinweg entwickelt, dass sich immer mehr Menschen für meine Postings interessiert haben und in mir Inspiration gefunden haben. Das freut mich natürlich sehr. So bin ich quasi über die Zeit zur Influencerin geworden.

Seit einigen Jahren ist Instagram ihre Haupteinnahmequelle. Durch Werbung auf Instagram verdient sie so gut, dass sie davon leben kann. Dazu, wie viel ihres Contents gesponsert ist, verrät sie uns nichts. Nur so viel, dass bezahlter Content immer als solcher gekennzeichnet wird.

Außen- und Selbstwahrnehmung: Was verändert sich?

Doch aller Anfang ist schwer. Schließlich wird das Influencer-Dasein anders angesehen als ein klassischer 9-5 Job. Wie reagieren Familie und Freunde auf die Ankündigung, dass man nun Influencer ist?

Wie man sich im Influencer Business vorstellen kann, haben sie anfangs sehr skeptisch reagiert. Als ich damit begonnen habe, war Instagram noch nicht so professionalisiert wie heute und der Beruf war auch überhaupt nicht angesehen.

Trotz erfolgreichem Instagram Account legten Açelya und ihre Familie viel Wert auf ein abgeschlossenes Studium:

Mir war es auch auf jeden Fall wichtig, dass ich für den Beruf nicht alles andere an den Nagel hänge. Deswegen habe ich ein abgeschlossenes Studium, weshalb es meine Familie heute auch sehr gut aufnimmt und stolz auf mich ist.


Wenn man beispielsweise das Outfit einer Person in der Innenstadt nicht schön findet, geht man ja auch nicht zu ihr hin und beleidigt sie“

Viele hält sicher eines davon ab, es selbst einmal als Influencer zu versuchen: Um erfolgreich zu sein, muss man immer online sein und vor allem das ganze Leben auf Instagram und Co. teilen. Privatleben adé. Oder? Wie viel muss man von seinem eigenen Privatleben preisgeben, Açelya?

Ich versuche, so wenig zu möglich von meinem Privatleben preiszugeben. Auf Instagram ist das so eine Sache, denn der Preis des Erfolges ist das Privatleben. Zumindest habe ich das Gefühl, je mehr man von sich privat preisgibt, desto erfolgreicher wird man. Ich habe das nie gemacht und werde es nie machen. Im Vordergrund steht nur meine Fashionliebe, mehr nicht.

Wer sich täglich im Internet präsentiert, muss heutzutage leider damit rechnen, auch Hate-Kommentare abzubekommen. Natürlich, so erklärt uns Açelya, bekommt man in der Branche schnell mit, dass viele Influencer Hate erfahren, ob durch Follower oder bestimmte Formate. Die Anonymität, hinter der sich viele verstecken, verstärkt dies nur.

Wenn man beispielsweise das Outfit einer Person in der Innenstadt nicht schön findet, geht man ja auch nicht zu ihr hin und beleidigt sie. Deswegen verstehe ich nicht, dass manche Menschen denken, dass es auf Social Media okay wäre,

erklärt sie ihren Standpunkt. Wem der Content nicht gefalle, sei ja schließlich auch nicht dazu gezwungen, ihn anzugucken. Doch in den letzten Jahren ist Influencer Bashing fast zu einem beliebten Zeitvertreib geworden. So veröffentlichte Oliver Pocher ein Lied namens „Influenza“, in dem er über die Berufsgruppe herzieht. Instagram Accounts wie @influencersinthewild haben sich ganz dem Lustigmachen über Influencer verschrieben. Ein Grund könnte die fehlende Authentizität bei einigen Influencern sein.

Schein oder Sein: Wie viel ist fake auf der Social-Plattform?

Den Vorwurf, dass Influencer fake seien, kennen diese selbst wohl am besten. Schließlich teilen die meisten nur eine kuratierte Auswahl aus ihrem Leben. Dementsprechend perfekt ist diese dann. Doch seit einiger Zeit ist ein Shift im Influencer Marketing zu beobachten. Neben Followern erwarten auch Unternehmen, dass ihre Produkte passend und quasi nahtlos in die Inhalte der Influencer eingebaut werden.

Influencer Marketing lebt von dieser Authentizität und davon, Produktvorstellung sinnvoll in den Alltag zu integrieren,

so Açelya. Mit gefakten oder am besten gephotoshoppten Bildern kommt man heutzutage nicht mehr weit. Der Konkurrenzkampf um authentischen Content, auf dem man selbst und die beworbenen Produkte gut aussehen, ist groß. Doch die Branche fragt auch immer mehr nach Content, der nicht unbedingt perfekt ist. So erklärt uns Açelya:

Ich mache mir keinen allzu großen Druck. Wenn mir nicht danach ist perfekt auszusehen, dann tue ich es nicht. Instagram hat sich (zum Glück) dahin entwickelt, dass es nicht mehr nur darum geht, immer perfekt auszusehen und nur die schönen Seiten des Lebens zu zeigen und als Inspirationsseite zu dienen. Heute geht es vielmehr darum, seine Follower authentisch im Alltag mitzunehmen – und dazu gehören dann eben auch mal Tage, an denen man nicht perfekt aussieht und an denen vielleicht auch einmal nicht alles gut läuft. Das ist auch völlig okay, so ist das Leben.

In der Welt von Social Media vergleicht sich jeder“

Schwierig kann jedoch das Verhältnis zu sich selbst und der Druck sein, genau so gut zu performen wie andere Influencer. Denn, believe it or not, auch Influencer sind nicht davor gefeit, sich mit anderen Influencern zu vergleichen. Wer hier das Gegenteil behauptet, lügt, sagt Açelya. Solange das Vergleichen im richtigen Rahmen bleibt, sei das auch vollkommen okay meint sie:

Durch andere Profile bekommt man ja auch selbst Inspiration und weiß, was momentan angesagt ist. Das hilft einem auch schon weiter. Ich versuche aber, den Druck und den Konkurrenzkampf nicht zu groß werden zu lassen. Ich bin ich und damit bin ich auch glücklich.

A Day in the Life

Doch wie genau sieht der Tag einer Influencerin aus? Das Klischee, welches die Influencer so in Verruf geraten ließ, ist, dass die Arbeit als Influencer gar keine richtige Arbeit sei. Ein paar Fotos am Tag von Kaffee, Outfit und Mittagessen. Später noch ein paar Selfies im Fitnessstudio und nachmittags ein paar Produkte in die Kamera halten. Dass das Influencer-Dasein harte Arbeit ist oder zumindest nicht so lockerflockig nebenher passiert, wie viele sich das vorstellen, erklärt uns Açelya:

Mein Tag beginnt immer damit, dass ich als erstes mit meiner Managerin spreche, um einmal durchzusprechen, was für den Tag ansteht, was gemacht werden muss und welche Kooperationen live gehen. Einen festen Postingplan habe ich bei meinem ‚privaten‘ Content nicht, weil ich sehr gerne spontan agiere und die Follower ja quasi live an meinem Alltag teilhaben lassen will.

Was täglich an Content gepostet wird, wird teilweise lange vorher geplant und bedarf einiger Vorbereitungszeit:

Für einen Story Haul brauche ich ca. zwei bis drei Stunden. Kommt natürlich auch immer auf den Umfang an. Für eine normale Story, in der ich spreche, vielleicht 30 Sekunden. Für ein Feedpost ist das schwer zu sagen. Es kommt hier auch darauf an, was genau gefordert ist und für ein Outfit Reels / Video brauche ich auch manchmal drei bis vier Stunden.

Thema Work-Life-Balance: „Influencer haben auch mal Urlaub“

Mehr als bei anderen Berufen verschwimmt in der Influencer-Branche die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. Schließlich teilen die meisten Influencer Content aus ihrer „Freizeit“ und sind somit immer am Arbeiten. Auch der „Urlaub“ wird dazu genutzt, Bilder zu machen und zu posten. Oder können Influencer auch mal richtig frei machen?

Natürlich, Influencer haben auch mal Urlaub. Den kann man meiner Meinung nach nicht mit dem klassischen Urlaub in anderen Branchen vergleichen, weil ich mein Handy ja trotzdem immer dabei habe und ja auch privat auf Social Media unterwegs bin. Deswegen fällt es schon teilweise schwer, eine Work-Life-Balance zu finden. Stattdessen poste ich dann in meinem Urlaub etwas weniger oder pausiere auch mal Kooperationen.

Zukunftsvisionen: Wohin entwickelt sich die Branche?

Damit wird klar, dass ein ernsthaft und professionell geführter Instagram Account schnell zu einem Vollzeitjob wird. Läuft dieser gut, lässt sich davon leben. Doch vielleicht mehr als in anderen Branchen müssen Influencer sich Gedanken dazu machen, wie lange sie ihren Job so ausüben können. Açelya hat durch den Launch eines eigenen Online Shops bereits vorgesorgt.

Ich hoffe natürlich, dass ich diese Möglichkeit noch sehr lange habe. Aber auch neben Instagram habe ich durch meinen Abschluss und durch meinen eigenen Onlineshop ‚Chu Chu Loves‘ weitere Möglichkeiten.

Doch nach ihrer Einschätzung werden im Influencer Marketing auch in Zukunft noch große Geschäfte abgewickelt.

Influencer Marketing ist ein sehr wichtiger Teil der Werbemaßnahmen von Unternehmen geworden. Es wächst immer stärker und professionalisiert sich auch enorm. Deswegen denke ich, dass es in der Zukunft nur noch relevanter wird.



Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Agentur lookfamed und natürlich bei Açelya für das Interview.

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