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Unternehmenskultur
Mindestlohn in der EU im Vergleich: Deutschland belegt Platz 2 trotz Schattenseite

Mindestlohn in der EU im Vergleich: Deutschland belegt Platz 2 trotz Schattenseite

Michelle Winner | 24.08.20

Der Mindestlohn soll die Ausbeutung von Arbeitskräften verhindern. Doch reichen 9,35 Euro pro Stunde zum Leben? Und wie steht Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedsstaaten da?

Der gesetzliche Mindestlohn ist immer wieder Thema in unserer Gesellschaft und die Meinungen gehen dabei weit auseinander. Momentan beträgt er in Deutschland 9,35 Euro pro Stunde. In den nächsten zwei Jahren soll er noch weiter angehoben werden auf 10,45 Euro – das empfiehlt zumindest die zuständige Kommission. Doch wo liegt Deutschland mit diesem Wert im europaweiten Vergleich? Das hat die Statistikbehörde Eurostat untersucht.

Wieso der bloße Vergleich in Euro nichts bringt

Von den 27 Staaten der Europäischen Union gibt es in 21 einen gesetzlichen Mindestlohn, der landesweit und branchenübergreifend gilt. Es sollte beim Vergleichen mit anderen Ländern bedacht werden, dass der Mindestlohn auch Auskunft über das Preisniveau des jeweiligen Landes gibt. Heißt, die Werte müssen umgewandelt werden in eine Einheit, die einen sinnvollen Vergleich zulässt. Dafür nutzt Eurostat die künstliche Währungseinheit Kaufkraftstandard (KKS). Einfach gesagt, gibt diese an, was sich Arbeitnehmer für ihren Mindestlohn kaufen können. Beim Vergleich der Länder wird also der Mindestlohn in KKS umgerechnet und einem bestimmten Warenkorb zugrunde gelegt. Für einen KKS kann in jedem Land die gleiche Menge an Waren oder Dienstleistungen gekauft werden – soweit die Theorie.

Die Werte in KKS werden mit denen in Euro verglichen. Dabei wird Bezug auf das durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen mit Mindestlohn genommen. Aus dem Vergleich ergeben sich folgende Platzierungen:

Traurige Schlusslichter

Auf Platz 21 und damit auf dem letzten liegt Lettland. Der Mindestlohn liegt hier bei 579 KKS im Monat. In Euro verdienen Arbeitnehmer 430 Euro Mindestlohn, was der zweitniedrigste Wert in Europa ist. Nur knapp vor Lettland liegt Bulgarien. Hier liegt der Wert bei 618 KKS, was 312 Euro pro Monat entspricht. Damit hat das Land den niedrigsten Mindestlohn in Euro. Diese geringen Werte seien laut Eurostat in fast allen osteuropäischen Staaten zu beobachten. Lediglich Slowenien stellt mit einer Lohnuntergrenze von 941 Euro eine Ausnahme dar.

Deutschland unter den Top 3

Auf dem dritten Platz liegen die Niederlande sowohl nach Euro als auch nach Kaufkraftstandard. Die Werte liegen hier bei 1.636 Euro pro Monat beziehungsweise 1.460 KKS. Den zweiten Platz sichert sich Deutschland mit einem Kaufkraftstandard von 1.529. Im Vergleich zu den ebenfalls eher reichen Ländern der EU, in denen die Lebenshaltungskosten dementsprechend hoch sind, bekommt man in Deutschland mehr Waren oder Dienstleistungen für den Mindestlohn. In Euro landet Deutschland mit 1.584 Euro pro Monat jedoch lediglich auf Platz 5. Irland, die Niederlande und Belgien führen hier, auch wenn sie Deutschland in KKS gerechnet nachstehen. Auf dem ersten Platz sowohl nach Euro als auch KKS steht aber Luxemburg. Arbeitnehmer, die den Mindestlohn bekommen, erhalten hier 2.142 Euro beziehungsweise 1.705 KKS pro Monat.

Mindestlohn als Streitthema

In sechs der EU-Staaten gibt es keinen Mindestlohn, vermutlich weil einige von ihnen bereits ein überdurchschnittliches Lohnniveau haben. Bei diesen Ländern handelt es sich um Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und Zypern. Außerdem sind die Löhne in den nördlichen Ländern zu zu 90 Prozent Tarifgebunden. Doch was können wir nun aus dem Vergleich der Mindestlöhne mitnehmen? Sollten wir uns freuen, dass Deutschland den zweiten Platz belegt? Nur bedingt. Denn tatsächlich liegt der Mindestlohn in Deutschland im Verhältnis zum allgemeinen Durchschnittsgehalt im unteren Bereich – vor allem im Vergleich zu anderen Ländern. Die geplante Anhebung scheint also mehr als überfällig. Beim Streitthema Mindestlohn sollten wir uns vielleicht die folgende Frage stellen: Reichen 1.583 Euro Brutto-Gehalt im Monat zum Leben aus?

Natürlich ist diese Frage zunächst sehr individuell, da jeder Mensch eigene Lebensstandards und Prioritäten hat. Dennoch kann sie zum Nachdenken anregen. Wie stehst du zum Thema Mindestlohn? Findest du ihn überflüssig? Nutzen Arbeitgeber ihn aus, um ihren Angestellten prinzipiell weniger Gehalt zu zahlen? Oder hältst du ihn für eine gute Maßnahme und bist gleichzeitig auch für eine Anhebung? Lass es uns gern in den Kommentaren wissen.

Kommentare aus der Community

Erkan Bostan am 28.09.2021 um 18:15 Uhr

Wir haben genug Arbeitslose. Warum können wir nicht die Arbeit auf 6 h reduzieren und Arbeit aufteilen für den gleichen Gehalt. Wir müssen stark um denken

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