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Technologie
Fake-Kunden: Diese App sorgt dafür, dass die Leute bei dir Schlange stehen

Fake-Kunden: Diese App sorgt dafür, dass die Leute bei dir Schlange stehen

Anton Priebe | 12.09.17

Warum für Likes bezahlen, wenn du dir Kunden aus Fleisch und Blut kaufen kannst? Die App Surkus verspricht Menschen an einem Ort zu versammeln.

Surkus vermittelt Unternehmen Besucher für ihre Events oder Geschäfte. Die Mitglieder der App werden für ihre physische Präsenz bezahlt. So reihen sie sich beispielsweise in einer Schlange vor dem Laden auf, um Interesse zu generieren, oder füllen eine Party. „Crowdcasting“ nennen die Macher das Prinzip.

Surkus sorgt gegen Bezahlung für passende Besucher

Das Startup Surkus aus Los Angeles ist bereits zwei Jahre alt, sorgt aber erst in den vergangenen Wochen für Wirbel in den internationalen Medien. Peter Holley von der Washington Post stellt die App in seinem Artikel ausführlich vor.

Das Konzept des Unternehmens nennt sich Crowdcasting und die App sieht sich selbst als „On-Demand Crowdsourcing Platform„. Kurz gesagt bezahlen Marken mit ihrer Hilfe Menschen, damit sie an einem Ort zusammenkommen. Dabei ist es egal, ob es sich sich um ein Restaurant, eine Filmpremiere, ein Konzert, die Neueröffnung eines Sneaker-Stores oder eine Party handelt.

Die Personen tauchen auf. Garantiert. Ohne Fragezeichen dahinter, ob die Marketingmaßnahmen fruchten. Denn sie melden sich verbindlich per App an und werden per Geolocation getrackt. Die Mitglieder bauen sich gleichzeitig mit ihrer Verlässlichkeit einen Ruf auf, der mitentscheidet, ob sie nochmals gecastet werden. Wie sehr sie sich beim Besuch engagieren, spielt ebenfalls eine Rolle. Sie dürfen nur keinem verraten, dass sie unter Vertrag stehen.

Warum sollte jemand für Besucher bezahlen wollen? Der Hebel ist einfach: Der Mensch ist ein Herdentier und wenn etwas die Aufmerksamkeit auf sich zieht, möchten wir wissen, was es ist. Es sieht auch einfach besser aus, wenn sich vor einem Restaurant eine Schlange bildet – dann muss das Essen schließlich gut sein. Außerdem ist ein leerer Raum der Albtraum eines jeden Partyveranstalters. Aus Sicht von Surkus ist es eher das gezielte Zusammenbringen von interessierten Menschen mit den für sie spannenden Marken.

Die App wächst und will Mitglieder glücklich machen

Die Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand. Der Mitgründer und CEO von Surkus Stephen George sieht sein Produkt anderen Marketing-Maßnahmen überlegen, wie er Holley gegenüber erklärt:

So many companies know their core demographic, but they don’t know how to get a hold of those people. They hire promoters and marketers and PR agencies to connect, but it’s a one-sided interaction that involves blasting out a message to get people engaged, but they don’t necessarily know if that message is being received.

Er sorgt also dafür, dass die richtigen Personen angesprochen werden und reagieren. Dabei unterstützt ein Algorithmus, der die Zielgruppe des Kunden bestimmt. Die Targeting-Möglichkeiten reichen von Alter, Wohnort, Style und Interessen bis hin zu den Facebook Likes. Auf der Website des Unternehmens heißt es:

Now customers are paid to experience the latest hot spots and events in their neighborhoods. Surkus matches customer profiles with events they’ll love thus creating an unforgettable experience for all.

Der Claim für die User: „Go out. Have fun. Get paid.“ Eine scheinbare Win-Win-Situation für Kunden und Nutzer der App. Surkus zählt nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als 150.000 Mitglieder in Los Angeles, New York, Chicago, Miami und San Francisco. 4.200 Events für 750 Kunden wurden bereits realisiert.

Zur Pool-Party in Las Vegas als Surkus-Mitglied, Quelle: Surkus –
Instagram

Stephen George ist der Techszene als ehemaliger Head of Operations von Groupon bekannt, der mit seinen Firmenanteilen Millionen verdient hat. 250.000 US-Dollar investierte er 2015 in Surkus, das so langsam an Fahrt aufnimmt. Der 30-Jährige möchte nun anscheinend ernsthaft Geld mit der App verdienen. Wie? Ein Kunde kostet zwischen 5 und 100 US-Dollar. Im Schnitt muss eine Marke etwa 25 bis 40 US-Dollar pro Besucher bezahlen. Die Entlohnung erfolgt innerhalb von 24 Stunden via PayPal. Surkus selbst behält einen Teil des Kundenbudgets ein.

Illusion oder spannender Marketing-Hebel?

Von außen betrachtet bleibt das Crowdcasting eine Illusion, die Kunden sind nicht von dem Produkt oder der Dienstleistung überzeugt, sondern werden als Statisten angeheuert. Es erinnert entfernt an ein großes Problem aus dem Influencer Marketing – auch hier werden zurzeit oftmals Personen bezahlt, die nicht hinter einem Produkt stehen, um es zu promoten. Gerade in diesem Bereich wird jedoch stetig auf Transparenz und Authentizität gepocht. Das Modell von George präsentiert das genaue Gegenteil. Obwohl er vehement abstreitet, dass Marken mit Surkus Fake-Events zu Manipulationszwecken veranstalten können, bleibt die Idee moralisch umstritten.

Ein interessanter Use Case aus der anderen Richtung, den Holley in seinem Artikel aufgreift, beleuchtet das Beispiel eines LA-stämmigen Comedians. Dieser hatte Probleme, die Säle zu füllen, was für viele Locations eine der Grundvoraussetzungen darstellt, um auftreten zu dürfen. Nachdem er vergeblich Flyer verteilte und kostenlose Tickets anbot, bezahlte er für Besucher und testete mithilfe von Surkus seine Zielgruppe. Wer lachte am meisten über seine Witze? Es waren nicht die jungen Hipster, wie er zuvor glaubte, sondern Hispanics in den 50er oder gar 70-Jährige. Diese Erkenntnis erlaubte ihm seine Ansprache zu verbessern und passendere Inhalte zu liefern.

Was haltet ihr von Surkus? Sind Fake-Kunden ebenso negativ zu bewerten wie Fake-Likes und gefälschte Rezensionen oder ein schlaues Marketing-Instrument?

Quelle: Econsultancy

Kommentare aus der Community

Daniel am 12.09.2017 um 21:14 Uhr

Ich bin mir sicher, das hier Bedarf besteht. Der Mensch ist eben ein Herdentier und Fotos von prall gefüllten Verkaufsräumen oder Partys machen sich gut in den Social Networks.

Antworten
Blebs am 14.09.2017 um 10:19 Uhr

Klar, und das es die pure Form der Verarsche ist macht ja nichts stimmts? :D

Antworten
Johannes K. am 12.09.2017 um 16:11 Uhr

Falls Trump ein zweites Mal gewählt wird, kann er damit ja für mehr Zuhörer sorgen.

Antworten
Strenzke am 12.09.2017 um 15:33 Uhr

Ich finde diese Idee gut und bin davon überzeugt das es einen Bedarf geben wird. Gut durchdacht, weiter so.

Antworten
Blebs am 23.08.2017 um 14:48 Uhr

Spätestens wenn sich solche Geschäftsmodelle entwickeln weiß man dass man in einem vollkommen übersättigten Teil der Welt lebt der gar nicht mehr weiß was er noch sinnvolles produzieren, anbieten oder konsumieren soll.

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