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Über-Personalisierung vermeiden: Warum du deinen Kunden nicht zu gut kennen darfst

Über-Personalisierung vermeiden: Warum du deinen Kunden nicht zu gut kennen darfst

Anton Priebe | 23.01.17

Personalisierung lautet das Zauberwort im Marketing, doch dürfen Marketer damit nicht übertreiben. Drei Handlungsempfehlungen für eine akzeptable persönliche Ansprache.

Personalisierung ist in der heutigen datengetriebenen Marketing-Welt ein mächtiges Werkzeug. Eines steht fest – ohne einen vernünftigen Datenpool kann nicht die Personalisierung erfolgen, die User erwarten. Andererseits dürfen Nutzer dabei keinesfalls den Eindruck gewinnen, dass jeder ihrer Schritte im Netz überwacht wird. Eine Zwickmühle, der Unternehmen mit ein wenig Fingerspitzengefühl entkommen können.

Der schmale Grat der Personalisierung

Vielerorts wird gepredigt, dass Marketer ihrer Zielgruppe auf Augenhöhe begegnen sollen. Vorbei ist die Zeit der Konzerne, die für den Konsumenten unerreichbar erschienen, heutzutage ist jede Marke gleichzeitig auch der beste Freund des Konsumenten. Dabei soll der Kontakt möglichst persönlich erfolgen, den Kunden berühren, ihm nicht das Gefühl vermitteln, dass er nur eine Nummer für das Unternehmen ist. ‚Kenne deinen Kunden‘, lautet die Maxime. Das bedeutet in der Virtualität: ‚Beobachte den User, sammle möglichst viele Daten und nutze sie für deine Marketing-Maßnahmen.‘

René Kulka, Email Marketing Evangelist bei optivo, bringt das Thema Personalisierung auf den Punkt:

Rene Kulka Optivo2Personalisierung ist Service am Kunden, weil dieser maßgeschneiderte Informationen erhält. Aufgrund der technischen Möglichkeiten ist eine hochgradig individuelle Kundenansprache inzwischen ohne größeren Aufwand realisierbar. Der Kunde bekommt entsprechend seiner Präferenzen, die für ihn passenden Nachrichten – und das zum optimalen Zeitpunkt und im gewünschten Kanal. Diese Art der Personalisierung basiert auf intelligenten Algorithmen, die Profilinformationen und zurückliegende Nutzerbewegungen kontinuierlich verarbeiten und interpretieren. Die explizite Einwilligung sowie eine vollständige und jederzeit einsehbare Datenschutzerklärung sind hierbei unerlässlich. Der Marketer sollte jedoch auch beachten, dass ‚Über-Personalisierung‘ keinem Selbstzweck dient, sondern immer für Relevanz sorgen muss und wandelnde Interessen berücksichtigen sollte. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich die Nutzer thematisch ‚im Kreis drehen‘ und Kundenwerte verloren gehen.

Damit betreten Unternehmen jedoch einen schmalen Grat. Insbesondere in einem enorm für Datenschutz sensibilisierten Land wie Deutschland gilt es, bloß nicht zu viel zu wissen. Schnell kommen Bedenken auf à la „Woher kennt mein Online-Shop eigentlich meine Lieblingsfarbe?“. Keimt einmal der Gedanke an die NSA, besucht der User die Website garantiert nicht wieder. Das Problem gilt nicht nur für Shops, genauso betrifft es hochgradig personalisierte Display Anzeigen, E-Mails, die persönliche Ansprache auf Websites et cetera.

Econsultancy hat Top Marketer in Australien an einen Tisch gebeten und diskutiert, wie Marketing persönlich sein kann, ohne dass sich der User verfolgt fühlt. Die Ergebnisse stellt Jeff Rajeck auf der eigenen Plattform vor. Wir fassen im Folgenden die Handlungsempfehlungen für Marketer zusammen.

I. Kläre den Nutzer darüber auf, welche Daten du nutzt

Die versammelten Marketer kamen zu dem Schluss, dass Seitenbetreiber möglichst offen mit dem Thema Datennutzung umgehen sollten. Nahezu jeder Besuch einer Website wird mit einer Einblendung bezüglich der Regelungen zum Datenschutz begleitet. Das ist in erster Linie richtig und auch gesetzlich vorgeschrieben. Doch anstatt die Datenschutzerklärungen möglichst zu verstecken, wie es hierzulande oftmals geschieht, schlugen sie vor, beispielsweise einen festen Banner dafür einzubinden.

Laut einer Studie der New York University, die 2014 im Journal of Retailing erschien, soll Offenheit im Umgang mit gesammelten Daten sogar höheres Engagement mit den personalisierten Elementen hervorbringen. Entsprechend negativ wirkt sich Totschweigen aus:

Personalization leads to greater click-through when firms use overt data collection. Covert methods increase customer vulnerability resulting in lower click-through.

II. Sei dir im Klaren darüber, welche Daten du tatsächlich brauchst

Personalisierung ist gut, aber kenne die Grenzen. Auch wenn viele Umfragen unter Konsumenten unter anderem bemängeln, dass Werbung irrelevant ist, bedeutet dies nicht im Umkehrschluss, dass sie persönlicher werden muss. Sie muss eben relevanter werden. Die meisten Nutzer sind zufrieden, wenn sie nicht das Gefühl haben, ein Standard-Massenmailing geschickt zu bekommen. Rajeck schreibt dazu sehr passend:

Though what consumers find acceptable changes over time, it is likely that consumers currently appreciate a lot less personalisation than most marketers believe.

Am Roundtable wurde diesbezüglich auch über den Einsatz von heikler Technologie diskutiert. Gesichtserkennung zum Beispiel wird noch immer mehrheitlich abgelehnt.

III. Nutze nicht den gesamten Datenpool für alle Maßnahmen

Dieser Punkt ist eng mit dem vorangegangenen verwoben. Er betrifft vor allem die Orchestrierung der verschiedenen Kanäle. Was in einer E-Mail akzeptiert wird, kann den User beim Browsen verschrecken.

Es mag seltsam erscheinen, aber der Konsument von heute möchte nicht, dass sein Supermarkt die Essgewohnheiten aufzeichnet und beim nächsten Besuch Empfehlungen ausspricht. Auf der anderen Seite fühlt er sich beleidigt, wenn sein Online-Shop das nicht kann.

Manchmal ist weniger eben doch mehr. So ist eine persönliche Ansprache in einem Mailing absolut positiv konnotiert. Taucht sie jedoch in einer Werbeanzeige auf, wird es kritisch. Es geht darum, die Nutzer persönlich anzusprechen, ohne sie zu kennen. Anonymisierung hin oder her – der User darf nie denken, dass du genau weißt, wer er ist. Nur „Was für eine Art Mensch“ er ist.

Quelle: Econsultancy

Kommentare aus der Community

Mailljet am 23.09.2016 um 14:54 Uhr

Guter Artikel, der das Dilemma gut zusammenfasst.

Die Personalisierung sollte stets mit Bedacht erfolgen. Unternehmen sollten sich im Vorfeld genau überlegen, welche Kundendaten sinnvoll sind. Personalisierung des Personalisierungswillen – damit ist niemanden geholfen. Dies trifft nicht nur im Bereich E-Mail-Marketing zu, sondern gilt für alle Kanäle.

Antworten
Christian Ebernickel am 22.09.2016 um 23:06 Uhr

Ich muss dem Kunden nicht unter die Nase reiben, dass ich weiß, wie er heißt. Doch ich sollte wissen, wofür er sich interessiert, was für ihn relevant ist.

Kurzer, aber guter Artikel, der deutlich macht, dass Personalisierung nicht bedeutet, einen Kunden überall mit seinem Namen anzusprechen. Marketer sollten nicht laut rufen „Lieber Kunde, schau mal, was ich alles von Dir weiß!“, sondern lieber ein effektives Marketing betreiben.
Dazu gehört eben auch, das richtige Maß an Zurückhaltung gegenüber dem Kunden üben und sich nicht wie ein Elefant im Porzellanladen aufzuführen. Kundenansprache geht auch subtiler und ist – nach meiner Meinung – effizienter, wenn man die zur Verfügung stehenden Daten klug nutzt und darauf verzichtet, sein Wissen über den Kunden allzu laut hinauszuposaunen.

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