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Social Media Marketing
Facebook Watch soll unser Verhalten ändern – und den Streaming-Markt erobern

Facebook Watch soll unser Verhalten ändern – und den Streaming-Markt erobern

Tina Bauer | 30.01.18

Mit Facebook Watch will der Konzern den Streaming-Markt aufmischen. Ob das Konzept richtig zündet, bleibt abzuwarten.

Facebook will mit Facebook Watch nicht nur den Streaming-Markt erobern, sondern anscheinend auch die Art, wie wir TV konsumieren, verändern. Das Angebot soll eine Mischung aus YouTube und Twitter darstellen und Konversationen in der Community ankurbeln. Hoch gesteckte Ziele für den Konzern, die allerdings mit Problemen gespickt sind. Denn Zuckerberg konnte mit Facebook zwar das größte Social Network der Welt erschaffen. Doch etablierten Streamingdienstleistern den Kampf anzusagen ist reichlich ambitioniert. Eine Bestandsaufnahme.

Facebook Watch soll TV Konsum grundlegend verändern

Video Content steht bereits seit einigen Jahren im Fokus der Plattform. Denn er erfreut sich wachsender Beliebtheit und gilt als eines der derzeitigen Top-Formate. Bewegtbild wird im Newsfeed vorangestellt und promotet, was das Zeug hält. So konstatierte Zuckerberg gegenüber BuzzFeed bereits vor knapp zwei Jahren, dass wir uns im goldenen Zeitalter von Video befänden: „We’re entering this new golden age of video, I wouldn’t be surprised if you fast-forward five years and most of the content that people see on Facebook and are sharing on a day-to-day basis is video“.

Nicht zuletzt will man dem Konkurrenten YouTube mit dem Voranstellen von Videos User abgraben. Das zumindest gilt für Video Content im normalen Feed. Facebook Watch ist eine andere Hausnummer. Facebook unternimmt mit Watch erstmals den Versuch eine eigene Brand mit nativem Content zu vermarkten. Ob dem Netzwerk der Quantensprung gelingt und Facebook Watch den Streaming-Markt erobert sowie unser TV-Verhalten ändern kann, ist fraglich.

Die Oberfläche von Facebook Watch. Ähnlichkeiten mit Video Content im Newsfeed sind rein zufällig.

Facebook Watch wurde im August 2017 gelauncht und Ende August in den USA ausgerollt. Seitdem finden sich im Fundus knapp drei Dutzend native Formate, das restliche Angebot wird von Drittanbietern wie der New York Times oder Slate zur Verfügung gestellt. Von einem umfassenden Angebot, das sich vom sonstigen Video Content auf Facebook abhebt, kann bis dato noch keine Rede sein. Der dunkle Schatten, der gerade über der gesamten Plattform liegt, nennt sich: passiver Konsum. In einem selbstreflektierten Blogpost widmete Facebook sich im Dezember der Frage, ob ein Zuviel an Social Networks am Tag zu einem schlechteren Befinden der User beitragen kann und verglich das passive Scrollen mit dem Fernsehschauen.

Die User scrollen sich nebenbei in einer Geschwindigkeit durch ihre Newsfeeds, dass dem Konzern anscheinend schwindelig wird. Nun stellt sich den Verantwortlichen aber nicht die Frage, ob User zu viel Zeit auf den Social Plattformen verbringen, sondern wie sie diese Zeit besser verbringen:

According to the research, it really comes down to how you use the technology. For example, on social media, you can passively scroll through posts, much like watching TV, or actively interact with friends — messaging and commenting on each other’s posts. Just like in person, interacting with people you care about can be beneficial, while simply watching others from the sidelines may make you feel worse.

Mit Facebook Watch, glaubt zumindest der Konzern, soll zu einer Lösung dieses Problems beigetragen werden. Denn Watch ist speziell dafür konzipiert, Interaktionen zu fördern.

Steigende Nutzerzahlen, trotz ungünstiger Oberfläche

Die Community steht bei Facebook Watch im Mittelpunkt. Und so verwundert es auch kaum, dass die Oberfläche stark an Videos im Newsfeed erinnert. Nicht etwa der Content ist hier als zentrales Element zu betrachten, sondern die Kommentarspalte nebenan. Das Problem dabei ist allerdings folgendes: Wenn wir TV schauen oder streamen, tun wir das in der Regel Full Screen. Da Facebook aber seine User dazu ermuntern will proaktiv in Interaktion zu treten, erscheinen beim Klick auf eine Episode zwei Bedienfelder im Desktop Browser. Links findet sich das eigentliche Video, rechts daneben eine Episodenbeschreibung sowie entsprechende Möglichkeiten zu liken, zu kommentieren oder zu sharen. Auf dem Desktop jedenfalls ist zwischen einem Video im Newsfeed und einer Serie auf Watch kaum ein Unterschied auszumachen.

Das Design von Facebook Watch erinnert stark an den gängigen Video Content auf der Plattform.

Zudem soll hier der Twitter-Ansatz greifen: Berüchtigte Shows des linearen TV schaut man heute simultan mit der Nutzung von Twitter. Dschungelcamp, Tatort oder Bachelor ohne Twitter wäre für ein Gros der Twitteruser wie Sahnetorte ohne Sahne. Doch das Kommentieren einer Sendung in Real Time ist nun einmal etwas gänzlich anderes als Facebook mit Watch suggerieren und simulieren möchte. Zumal Twitter und TV Sendungen auf zwei Screens konsumiert werden. Eine weiße Oberfläche mit schwarzem Text direkt neben dem Video ist eher deplatziert und lenkt vom eigentlichen Content ab. Ein Zwitschergefühl kommt bei Weitem nicht auf. Man fühlt sich eben, als wäre man auf Facebook unterwegs.

Weiterhin wird mit Watch das System der Filmkritiken komplett neu aufgerollt. Waren bislang also Kritiker zwischengeschaltet und haben sich Serien sowie auch Filme an professionellen Parametern messen lassen müssen, will Facebook diese „Mittelsmänner“ abschaffen. Der Content verbreitet sich durch plattforminterne Weiterempfehlungen der User. Gefällt einem User also eine Serie, postet er den Piloten einfach auf die Timeline seines Freundes, der dann direkt mit dem Schauen beginnen kann. Er muss die Plattform nicht mehr verlassen und den richtigen Streaming-Anbieter finden, um etwas ansehen zu können.

Die Userzahlen scheinen sich derweil ganz gut zu entwickeln. So ergab eine Studie von Morgan Stanley auf Basis von 1.400 Facebook Usern in den USA, dass bereits 40 Prozent der Befragten Facebook Watch wöchentlich schauen. Und dies sei laut den Initiatoren der Studie signifikant, da sie Watch und Video im Allgemeinen als künftigen Umsatz- als auch Engagementtreiber der Plattform sehen. Für Deutschland sei allerdings bisher kein Rollout geplant, so ein Facebooksprecher auf Nachfrage gegenüber OnlineMarketing.de.

Weniger Politik, mehr Entertainment

Nach einer schier endlosen Debatte um das Aufkeimen und die rasende Verbreitung von Fake News, wobei Facebook keine geringe Rolle spielte, macht es den Anschein, als würde die Plattform weg von politischen Kontroversen wollen. Denn ist ist offensichtlich, dass Facebook dieser Debatte nicht gewachsen ist. Mit Watch will man sich mehr dem Entertainment und der wachsenden Beliebtheit von Bewegtbild widmen, – leichtere Kost also für den Konsumenten. Allerdings, so meint auch Slate, ist es sehr naiv zu denken, durch ein paar Diskussionen am Rande einer Sendung würde Facebook ein besserer Ort. Denn dazu müssten weit andere Maßnahmen ergriffen werden. Ob Facebook mit Watch allerdings den Streaming-Markt aufmischen wird, steht in den Sternen. Bisher sieht es noch nicht danach aus. Es bleibt zu beobachten, wie die neue Brand von den Usern adaptiert wird.

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