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10 Thesen von der CeBIT 2014 zur Zukunft des Online-Marketing: Fortschritt durch Fragmentierung
CeBIT, Quelle: Deutsche Messe

10 Thesen von der CeBIT 2014 zur Zukunft des Online-Marketing: Fortschritt durch Fragmentierung

Ralf Scharnhorst | 11.03.14

Ralf Scharnhorst veröffentlicht seit 13 Jahren 10 kontroverse Thesen zur CeBIT. Sein Anstoß zur Diskussion dieses Jahr.

1. Daten sind das neue Öl – aber ein sehr zähes

Mit Daten über den einzelnen User lassen sich Streuverluste in der Werbung viel besser reduzieren als bislang über redaktionelle Umfelder und Studien zur Soziodemografie. Aber die Verarbeitung der Daten ist vielschichtig und die Quellen vielfältig.
Selbst wenn datengetriebenes Realtime-Advertising die letzte Innovation in der Mediaplanung gewesen sein sollte, wird sie uns zumindest noch sehr lange beschäftigen.

2. User in der Defensive

Abzuwarten bleibt, wie die User auf die massiven Rechtsbrüche der Geheimdienste reagieren. Datensparsamkeit würde Innovationen lähmen, ist eher unwahrscheinlich. Aufklärung tut not: der User fühlt sich von Schuhen in der Werbung verfolgt – dabei hält sich das werbende Unternehmen an alle Gesetze. Wie die Geheimdienste die Gesetze brechen, sieht der User dagegen nicht.
Die Nutzung von AdBlockern ist rasant gestiegen. Wer sich damit gegen amerikanische Überwachung schützen will, handelt nicht vernünftig. Wer damit die Finanzierung der Inhalte stoppt, die er lesen will, auch nicht. Aber welcher Werbungtreibende legt es schon auf die Vernunft der Konsumenten an? 

3. YouTube ist das neue TV

TV entstand, als es möglich wurde, einen Video-Kanal landesweit per Rundfunk zu übertragen. Aus einem wurden drei, zuletzt dank Kabel und Digitalisierung 51 Kanäle. Durch das Internet lassen sich nahezu beliebig viele Video-Streams von A nach B und zurück übertragen. Der Zuschauer braucht TV also nicht mehr, sondern nutzt es nur noch nostalgisch, als Einschlafhilfe oder zu Events, bei denen alle das gleiche sehen wollen.
Der Markt für Online-Video-Plattformen bietet viele Nischen, besonders bei kostenpflichtigem Content. Im Mainstream dagegen kristallisiert sich ein Gewinner als Nachfolger des free-TV heraus: YouTube. 

4. Inhalte werden kleinteiliger 

Der Medienkonsument vergibt seine Aufmerksamkeit in immer kleineren Stücken. Einst las man ganze Bücher, dann setzte der Kinofilm einen Standard von eineinhalb Stunden Länge. MTV verkürzte auf dreieinhalb Minuten. Dann kam die SMS und Twitter. Wir haben gelernt, jede Nachricht auf 140 Zeichen zu bringen. Verkürzung ist die Antwort des Konsumenten auf Informationsüberflutung. Auch Werbung muss mehr auf den Punkt kommen.

5. Mobile sind die Pennies noch lousier als im Desktop-Web

Auch die Werbeflächen werden kleinteiliger – weil sie zunehmend auf mobilen Endgeräten angezeigt werden.
Im E-Commerce sind die Conversion Rates vom Klick zum Kauf mobil meist geringer als im Desktop-Web. Für Branding bietet das Telefon einfach weniger Fläche als der PC-Bildschirm. Nur logisch, dass Werbung dort auch weniger Wert ist.
Ein Sonderfall ist die Tablet-Nutzung: wird das mobile Endgerät hauptsächlich auf dem Sofa genutzt, freuen sich viele Online-Shops über die Zeit und Kaufbereitschaft der User.
Die Inflation der Bildschirmauflösung gilt für alle Geräte: hat der neue Bildschirm mehr Pixel als der alte, ist der Banner bei gleichbleibendem Format kleiner als vorher.

6. Micropayment gelingt – irgendwann

Das Bezahlen muss kleinteiliger werden, denn der Leser will einen einzelnen Artikel und keine Zeitschrift, schon gar kein Abo mehr.
Journalistische Inhalte werden den Weg der Musik-Vermarktung gehen: erst von Bundles zu gratis. Und dann von kleinteiligem Payment wie bei iTunes zu Flatrates wie bei Spotify.
Blendle wird es ab April für alle niederländischen Zeitungen vormachen.
Die aktuelle Technologie der Bitcoin-Tauschbörsen mag gescheitert sein. Die Idee, die dahinter steht, muss sich aber ganz zwangsläufig durchsetzen: eine digitale, weltweite und kleinteilige Währung ohne Transaktionskosten.
Die Abhängigkeit der Web-Publisher von Werbegeldern sinkt dann, aber eine Reduzierung der Werbeflächen bleibt unwahrscheinlich.

Ralf Scharnhorst
Ralf Scharnhorst, Quelle: Scharnhorst Media

7. Vertrauen als Währung

Währungen waren schon immer Vertrauen: einst ging es darum, für die Münze später die gleiche Menge an Saatgut zurückzubekommen. Die eigentliche Währung der Zukunft ist reines Vertrauen. Das gilt nicht nur für die Share Economy, in der sich Konsumenten gegenseitig Ferienwohnungen, Autos und Bohrmaschinen leihen. Sondern besonders für Marken, denn im Kern ist es das, was eine Marke ausmacht: das Vertrauen erleichtert die Kaufentscheidung.
Marken müssen konsistent bleiben und genau kommunizieren, wofür sie stehen. 

8. Web Analytics wird Google Analytics

In Deutschland scheint es pro Bundesland ein mittelständisches Unternehmen für Web Analytics-Software zu geben. Von oben drückt Adobe Omniture in den Markt und von unten das kostenlose Google Analytics. Von unten? Bislang, denn als Reserve-Lösung ist der Code von Google Analytics ohnehin meist eingebunden.
Aber spätestens wenn Google dem Shop-Anbieter präzise Daten liefert, welche User seinen Offline-Shop besucht haben (technisch: mit ihrem Android-Gerät in die Reichweite des W-Lans im Shop kamen) kann Google dafür Geld nehmen. Die Datenkrake aus Silicon Valley weiß so viel mehr über den User, dass dagegen jede andere Form von Web Analytics bald alt aussieht.

9. Suchmaschinen-Optimierung wird zu Agenten-Optimierung

SEO wandelt sich von Technik zu Semantik, zu Social und zu Agenten-Beeinflussung.
Wie bekomme ich möglichst hochwertige Links zu meiner Website? – Das war früher. Inzwischen geht es bereits darum, möglichst hochrangige Autoren für die Website zu gewinnen. Wer hochrangig für welches Thema ist, entscheidet Google+. Als nächstes wird es darum gehen, die Angebote so aufzubauen, dass die User-Agenten Siri und Google Now sie vorrangig an ihren User empfehlen.

10. Mobile: die Maschinen kommen uns näher 

Das Innovationstempo der Smartphones verlangsamt sich scheinbar: die letzten zwei Generationen des iPhones und der Samsung-Topmodelle brachten ähnlich wenig nützliche Neuheiten wie die letzten zehn Jahre in der PC-Entwicklung. Das Superhirn in der Hosentasche gewinnt aber noch mehr Sensoren hinzu, mit denen es unseren körpereigenen grauen Zellen immer weiter voraus denken kann. Das bietet Marketern mehr Möglichkeiten – und das Risiko, dem User so nahe zu kommen, dass dieser Werbung verweigert.
So wenig sich an der Form von Smartphones zuletzt geändert hat, so stark hat sich wearable Computing entwickelt. Der Computer stand früher im Rechenzentrum, kam aus dem Keller von Großunternehmen erst unter, dann auf jeden Schreibtisch. Jetzt wartet er in der Hosentasche auf den Sprung an das Handgelenk (Samsung), ins Auge (Google Glass) – oder vielleicht bald direkt ins Gehirn?

Diskutieren Sie mit in den Kommentaren: was fehlt, kommt nicht oder anders? 

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