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Karrieretipps
Moderner Karrierebaustein: Emotionale Intelligenz verstehen und lernen

Moderner Karrierebaustein: Emotionale Intelligenz verstehen und lernen

Mirijam Franke | 27.10.16

Der EQ wird im Gegensatz zum IQ bei Bewerbungen und Beförderungen immer wichtiger. Auch emotionale Intelligenz kannst du lernen. Aber wie?

Der Begriff des Intelligenzquotienten, auch IQ genannt, ist wohl jedem geläufig. Doch nun ist eine andere Art der Intelligenz auf dem Vormarsch. Der sogenannte EQ wird im Berufsleben immer wichtiger und hat einen größeren Einfluss auf die Entwicklung einer Karriere als der IQ. EQ, dahinter verbirgt sich die emotionale Intelligenz. Und diese kann nicht durch Lehrbücher erworben werden.

Was ist „emotionale Intelligenz“?

Prinzipiell steht die emotionale Intelligenz für vielfältige Begabungen im Umgang sowohl mit sich selbst als auch mit anderen Menschen und allen zugehörigen Emotionen. Eingeführt wurde der Begriff im Jahr 1990 durch die zwei US-amerikanischen Psychologen Peter Salovey und John D. Mayer. Die heutige Definition des EQ wird geprägt durch das darauf folgende Grundlagenwerk „Emotionale Intelligenz“ von Daniel Goleman aus dem Jahr 1997. Er beschreibt den EQ als die Fähigkeit, Menschen und deren Gefühle nicht nur richtig einschätzen, sondern auch bewusst beeinflussen zu können. Dazu gehören sowohl die eigenen als auch die Gefühle anderer Menschen. Die emotionale Intelligenz ist damit ein Bestandteil der sogenannten „Soft Skills“.

Wie lässt sich die emotionale Intelligenz erkennen?

Wenn du nun herausfinden möchtest, ob du selbst über eine hohe emotionale Intelligenz verfügst, musst du laut Daniel Goleman auf folgende fünf Faktoren achten:

  1. Empathie: Als emotional intelligenter Mensch kannst du dich gut in die Gefühle, Meinungen und Ansichten deines Gegenübers hineinversetzen. Du nimmst Emotionen wahr und kannst diese nachvollziehen. Anstatt immer nur den eigenen Willen durchsetzen zu wollen, kannst du deine Mitmenschen mit all ihren Gedanken, Grenzen und Imperfektionen akzeptieren und auf sie eingehen. Die Empathie wird auch als Einfühlungsvermögen übersetzt. Prüfe daher, wie groß dein Verständnis und Respekt für Menschen ist, wenn sie einmal nicht „nach deiner Pfeife tanzen“.
  2. Soziale Kompetenz: Laut Goleman geht es dabei um das Engagement in Gruppen. Dies kann eine Freundschaft zwischen zwei Personen sein, aber auch eine Gruppe von Kollegen, also ein Team. Mit einer hohen emotionalen Intelligenz bist du in der Lage, dich in solche Gruppen aktiv einzubringen und die gute Beziehung zu den anderen Personen stabil über einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten. Das bedeutet einerseits, dass du nicht zu schüchtern bist und in den Rückzug gehst. Andererseits gehören hierzu auch Kompetenzen wie Konfliktmanagement, Führungsqualitäten und Kommunikationsfähigkeit.
  3. Selbstbewusstsein: Ein wichtiger Faktor der emotionalen Intelligenz ist deine Beziehung zu dir selbst. Ein gesundes Selbstbewusstsein und damit eine stabile Beziehung zu dir als Person ist nämlich die erforderliche Grundlage dafür, dass auch Beziehungen zu anderen Menschen funktionieren können, zum Beispiel in einem Team. Selbstbewusstsein ist aber nicht als die Überzeugung zu verstehen, dass du alles kannst und in allem der oder die Beste bist. „Selbst-bewusst-sein“ heißt, wie der Begriff bereits erkennen lässt, dass du dir selbst bewusst bist, dass du also sowohl deine Stärken als auch deine Schwächen kennst. Dazu gehört ebenfalls, dass du deine Emotionen wahrnehmen, deuten und bewusst beeinflussen kannst. Daraufhin bist du Situationen nicht mehr machtlos ausgeliefert, sondern kannst gut einschätzen, wie du reagieren wirst und weshalb. Du weißt auch, wo deine Schwächen liegen und wie du daran arbeiten kannst. Dieses Selbstbewusstsein ermöglicht dir ein hohes Maß an Kritikfähigkeit.
  4. Motivation: Goleman zählt auch die Selbstmotivation zu den fünf wichtigsten Faktoren der emotionalen Intelligenz. Darunter ist zu verstehen, dass du immer wieder neue Motivation aus dir selbst heraus schöpfen kannst, selbst in schwierigen Lebensphasen oder bei scheinbar unmöglichen Aufgaben. Du kennst Frustration und den Wunsch zum Aufgeben zwar, kannst dich dann aber doch immer wieder aufraffen und neue Motivation schöpfen, die schlussendlich nicht nur dir selbst, sondern auch deinem Team zugute kommt.
  5. Selbststeuerung: Als emotional intelligenter Mensch verfügst du nicht nur über Selbstbewusstsein und kannst deine Gefühle wahrnehmen und deuten, du kannst sie auch aktiv beeinflussen. Dadurch bist du nicht mehr der Spielball deiner Emotionen, sondern erlangst ein ganz neues Level der Selbstbeherrschung. Cholerische Anfälle und Heulkrämpfe dürften dann bald der Vergangenheit angehören. Es geht darum, eine „innere Ruhe“ zu finden.

Wieso sind diese Eigenschaften wichtig für die Karriere?

Goleman stellte bereits im Jahr 1997 die These auf, dass emotionale Intelligenz für die Karriere und vor allem für Führungskräfte wichtiger sei als der IQ. Laut einer bei Statista veröffentlichten Umfrage teilen 34 Prozent der befragten Männer und Frauen diese Ansicht.
Statistik: Welche Kompetenz ist Ihrer Meinung nach im Leben wichtiger? | Statista

Mittlerweile sind auch viele Arbeitgeber dieser Meinung und achten bei der Auswahl von Bewerbern sowie bei Beförderungen in Führungspositionen auch auf die emotionale Intelligenz. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Führungskräfte müssen in erster Linie Mitarbeiter „führen“ und benötigen daher ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz. Sie dürfen nicht von ihren Emotionen geleitet werden, sondern müssen objektiv bleiben, sachliche Anweisungen geben und für den Mitarbeiter vorhersehbar sein.
  • Die fachliche Qualifikation ist währenddessen für eine Führungskraft nicht immer von Bedeutung. In der Regel delegiert er die Aufgaben ohnehin an die jeweiligen Experten innerhalb seines Teams. Er muss ausreichend Selbstbewusstsein haben, den Mitarbeitern zu vertrauen, sie richtig einzuschätzen und die Verantwortung auch einmal abzugeben.
  • Emotional intelligente Führungskräfte verfallen daher nicht in ein „Mikro-Management“, sondern können die Talente und Stärken sowie Schwächen ihrer Mitarbeiter besser einschätzen und diese dadurch gezielter fördern.
  • Die emotionale Intelligenz ermöglicht erst ein dynamisches, vertrauensbasiertes und zukunftsorientiertes Arbeitsklima, in welchem sich alle Mitarbeiter bestmöglich entfalten und selbstständig sowie produktiv arbeiten können.
  • Auch Verhandlungen werden mit einem hohen EQ sachlicher geführt und sind dadurch in der Regel erfolgreicher.
  • Dadurch entstehen engere, stabilere und langfristigere Bindungen zu Geschäftspartnern und Kunden.
  • Konflikte können von emotional intelligenten Menschen schneller erkannt und besser bearbeitet werden. Sie bleiben konstruktiver, nehmen Kritik weniger persönlich und können ihre Emotionen besser steuern. Dadurch wird die Eskalation eines Konfliktes verhindert.
  • Mit einem hohen EQ bist du auch im Privatleben erfolgreicher, da du besser mit deiner Familie, deinen Freunden und deinem/r Partner/in zurechtkommst.
  • Die Fähigkeit, Menschen so wahrzunehmen und zu akzeptieren, wie sie sind, sorgt für tiefergehende Freundschaften und Beziehungen im Privatleben sowie stabilere und harmonischere Teams im Beruf.

Die Liste der Vorteile, die ein hoher EQ mit sich bringt, könnte noch um viele Punkte ergänzt werden. Fakt ist aber: Eine hohe emotionale Intelligenz bedeutet für dich ein großes Plus für dein Berufs- und Privatleben. Es ist also an der Zeit, die Lehrbücher wegzulegen, und stattdessen an deiner emotionalen Intelligenz zu arbeiten. Doch geht das überhaupt?

Angeboren oder erworben – Woher kommt der EQ?

Über die Herkunft des EQ werden ebenso viele Diskussionen geführt wie um den IQ. Ist er denn angeboren oder kann er erworben beziehungsweise trainiert werden? Die Experten gehen davon aus, dass die emotionale Intelligenz vor allem in den ersten fünf Lebensjahren ausgebildet und von den Erfahrungen des Kindes geprägt wird. Tatsächlich lassen sich bei Einzelkindern in der Regel mehr soziale Probleme erkennen, während Kinder aus Großfamilien eine höhere emotionale Intelligenz aufweisen. Doch von jeder Regel gibt es bekanntlich Ausnahmen und Beweise stehen im Forschungsbereich „EQ“ noch aus. Größtenteils gehen die Forscher aber davon aus, dass der EQ durchaus gezielt trainiert und verbessert werden kann. Allerdings ist die Ausgangssituation für den Lernerfolg durchaus entscheidend und jeder Mensch hat auch Grenzen. Was das bedeutet? Wer über ein äußerst geringes Maß an emotionaler Intelligenz verfügt, kann diese in der Regel auch nur mit viel Mühe und professioneller Hilfe, zum Beispiel einer Psychotherapie, über einen langen Zeitraum hinweg verbessern. Er wird dennoch vermutlich nie das Level anderer Personen erreichen, die bereits eine sehr gute Ausgangsposition haben und ihre Fähigkeiten nur noch „verfeinern“ müssen. Wo auch immer du dich wiederfindest: Die Arbeit an deiner emotionalen Intelligenz lohnt sich in jedem Fall. Probier einfach einmal folgende Tipps aus und hol dir bei Bedarf professionelle Hilfe.

10 Tipps zur Steigerung deiner emotionalen Intelligenz

Tipp 1: Mach einen Selbsttest, um erst einmal herauszufinden, wie hoch deine emotionale Intelligenz ist und wo deine Schwächen liegen. Solche Selbsttests gibt es im Internet zuhauf, zum Beispiel unter sueddeutsche.de.

Tipp 2: Treibe Sport! Du fragst dich, was körperliche Aktivität mit emotionaler Intelligenz zu tun hat? Ganz einfach: Der Sport steigert deine Selbstwahrnehmung. Du kannst Grenzen austesten und ein Gespür für deine Leistungsfähigkeit entwickeln. Auch Yoga oder Meditation können dir auf dem Weg zur Selbstfindung, zu einem besseren Selbstbewusstsein und damit zu mehr emotionaler Intelligenz helfen.

Tipp 3: Ein Tagebuch zu führen, kann dir dabei helfen, deine Stimmungen, Gefühle und Wünsche besser wahrzunehmen. Richte deinen Blick einmal am Tag nach innen und schreibe nieder, was derzeit in dir vorgeht. So lernst du nach und nach dich selbst besser kennen. Erst, wenn du deine eigenen Emotionen und Verhaltensweisen verstehst, kannst du nämlich auch die deiner Mitmenschen nachvollziehen und akzeptieren.

Tipp 4: Kommuniziere mit deinem Umfeld und sprich so viel wie möglich mit anderen Menschen. Vor allem in schwierigen Situationen kann es helfen, mit Freunden, Kollegen oder der Familie nach einer Lösung zu suchen. Hol dir Rat bei emotional intelligenten Menschen aus deinem sozialen Kreis ein.

Tipp 5: Werde zum Beobachter deiner Mitmenschen und achte eine Zeit lang bewusst darauf, wie sie sich in den verschiedenen Situationen verhalten, ohne selbst zu interagieren. Dadurch erhältst du ein besseres Gespür für dein Umfeld und kannst dir praktische Tipps und Verhaltensweisen von den emotional intelligenten Kollegen und Kolleginnen abgucken. Du lernst außerdem, in Zukunft erst zu denken und dann zu sprechen beziehungsweise zu handeln. Dadurch behältst du die Kontrolle über deine Emotionen und wirst gelassener. Das ist ein wichtiger Schritt auf deinem Weg zur „inneren Ruhe“.

Tipp 6: Kritisiere dich selbst. Frag dich jeden Abend, was du am vergangenen Tag hättest besser machen können. Übe dabei konstruktiv zu bleiben und auch das zu loben, was du gut gemacht hast. Dadurch lernst du einerseits selbst kritikfähiger zu sein. Andererseits wirst du auch deine Mitmenschen in Zukunft weniger persönlich und dafür konstruktiver kritisieren.

Tipp 7: Werde Schauspieler und schließ dich zum Beispiel einer Theatergruppe oder einem Verein an. Dies hilft dir dabei, deine Gefühle zu erforschen und auszudrücken. Zudem steigerst du deine Selbstkontrolle und -wahrnehmung – und das ganz nebenbei mit einer Menge Spaß.

Tipp 8: Belege Seminare und Coachings rund um das Thema emotionale Intelligenz, vor allem in den Bereichen deiner Schwächen. So kannst du direkt im Zusammenspiel mit den anderen Teilnehmern das Erlernte austesten und deine emotionalen Fähigkeiten optimieren.

Tipp 9: Lesen steigert IQ und EQ. Daher solltest du vielleicht doch nicht alle theoretischen Lehrbücher verbannen, sondern hin und wieder einmal zum Fachschmöker über emotionale Intelligenz greifen oder sogar zum Selbsthilfebuch. Doch auch Romane können dir bei einem besseren Verständnis von Menschen und ihren Gefühlen helfen. Wähle daher realistische Geschichten, Romane mit einem Fokus auf zwischenmenschlichen Beziehungen oder Erzählungen aus dem wahren Leben.

Tipp 10: Gehe unter Menschen, denn emotionale Intelligenz kannst du schlussendlich nur durch soziale Interaktionen erlernen, ausbilden und optimieren. Eigne dir daher nicht nur theoretisches Wissen an, sondern begib dich anschließend bewusst in entsprechende (schwierige) Situationen. Übe deine neu erlernten Kommunikationstechniken, die Selbstbeherrschung oder die Empathie – denn nur Übung macht den Meister. Vielleicht ist es auch einfach an der Zeit, dass du dich im Fußballverein, Tennisclub oder für ein Ehrenamt anmeldest. Am besten meldest du deine Kinder gleich mit an, denn emotionale Intelligenz wird bislang im deutschen Schulsystem leider vernachlässigt. Wenn dein Sohn oder deine Tochter also einmal mit den Freunden spielen will, anstatt auf den nächsten Test zu lernen, kann das sogar förderlich für die spätere Karriere sein. Oder was denkst du?

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