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Performance Marketing
Conversion: Erkenntnisse eines Marmeladentests

Conversion: Erkenntnisse eines Marmeladentests

Arne Behr | 25.04.12

Das Paradox der großen Auswahl: Ein Marmeladenversuch ist zu einem Menetekel für Händler geworden.

Jedes wirklich gute Restaurant hat eine übersichtliche Karte mit einer ausgesuchten und exquisiten Auswahl an Speisen – es zählt Klasse statt Masse. Der Marmeladentest von Sheena Iyengar und Mark Lepper ist in diesem Zusammenhang schon beinahe zu einem geflügelten Wort avanciert. Jedenfalls steht er für das mit dem amerikanischen Psychologen Barry Schwartz sogenannte Wahlparadoxon, welches das Phänomen eines zwar höheren Interesses aber im gleichen Atemzug auch (paradoxerweise) einer wesentlich niedrigeren Conversionsrate des Kunden beschreibt.

Versuchsaufbau

In einem denkbar simplen Versuch präparierten die amerikanischen Forscher Iyengar und Lepper zwei voneinander getrennte Zonen in einem Delikatessengeschäft. Ähnlich einem A/B Test aus der Werbung, wurde an Theke A eine Auswahl von 6 Marmeladen offeriert, an Theke B 24 verschiedene Sorten. Das Ergebnis: 40% der Besucher des Geschäftes zeigten Interesse für den Stand A, ganze 60% für den Stand B. Jedoch wurden bei letzterem nur ganze 2% zu Käufern, während die kleine Auswahl an Theke A mit 12% für eine sechsfache Rate sorgte. Erklärungsansätze

Wie ist eine derartig umgekehrt proportionale Verteilung zu erklären? Wie Matthias Henrici auf Konversionskraft.de ausführt, führen die Ansätze wenig überraschend in den Bereich der Psychologie. In Erweiterung des Paradox-of-Choice-Begriffes des Psychologen Schwartz kommt die Wissenschaft zu dem Ergebnis, dass eine große Auswahl zwar meist interessanter wirkt als eine kleinere, jedoch die Entscheidungsfähigkeit des Einzelnen negativ beeinflußt. Grund hierfür soll eine lauernde Gefahr sein, nämlich die der falschen Entscheidung. Bei großer Auswahl steigt diese Gefahr exponentiell und führt oft dazu, dass diese Entscheidungsangst dem grundsätzlichen Interesse entgegenläuft.

Lösungsansätze

Mit dem Wissen um die beiden Größen des Interesses und der Konversion sind diese relativ gut zu kombinieren, so dass eine Reihe von Lösungsansätzen entstanden sind.

Individualiserung, (Re)targeting

Wissen ist Macht, vor allem über den Kunden. JKe mehr Wissen über den Kunden vorhanden ist, desto gezielter und individualisierter kann er Angebote bekommen. Wichtig: darüber hinaus müssen weitere Varianten im Hintergrund präsent bleiben, um das Gefühl der Auswahlmöglichkeit nicht zu verlieren.

Beratung

Auch in Zeiten des Online-Marktes bleibt diese eher altmodisch anmutende Geschäftspraxis eine unter Umständen sehr effektive Methode, um nicht nur abseits des Netzes die Kaufkraft zu fördern. Logische Voraussetzung: der/die BeraterIn muss möglichst kompetent sein und wirklich helfen können.

Social Proof

Eine gute Orientierung für den Kunden bieten Bewertungssysteme, weshalb gilt: je früher die Bewertungen sichtbar sind, desto früher und besser wird Ordnung ins Chaos gebracht. Dies minimiert den Paradox-of-Choice Effekt.

Filterung

Mit Kategorisierungen verhält es sich ähnlich wie mit allen Gliederungen. Es gibt schnell ein Zuviel an Struktur, die das genaue Gegenteil, nämlich Verwirrung und Orientierungslosigkeit verursacht. Zudem muss auch hier eine schnelle Rückkehr zur „Gesamtübersicht“ möglich sein, der Kunde darf sich nicht in bestimmten Kanälen verlaufen können.

Forschungsergebnisse versprechen beispielsweise der einfachen Tabellenstruktur bei optimalem Einsatz eine enorme Konversionsrate. Bisher eher bei der Darstellung  großer Datenmengen, Suchmaschinenergebnissen oder Vergleichsergebnissen verwendet, eignet sie sich auch für klassischen Produktkategorieseiten.

Hervorhebung

Alleinstellungsmerkmale bestimmter Produkte herauszustellen ist ein weiterer Weg, nicht nur das Interesse, sondern damit gepaart auch den Kaufimpuls des Kunden zu steigern. Ob Produkt des Jahres, Nur 10% Fett oder siebenfach DLG-prämiert, eine Hervorhebung kann die entscheidende Einschränkung  für ein Produkt gegen andere darstellen.

Obwohl viele der hier aufgezeigten Ansätze längst mehr als Ansätze sind und gängige Praxis, sind dies interessante und vor allem plastische Ergebnisse, die nahelegen, wie wichtig eine möglichst stabile Balance zwischen Interesse und Überforderung ist, gerade vor dem Hintergrund dieses psychologischen Ansatzes des „Auswahlparadoxons“.

Kommentare aus der Community

Sandra Henning am 25.04.2012 um 12:46 Uhr

Eigentlich ist es keine Angst vor einer Fehlentscheidung, sondern eher die kognitive Unfähigkeit sich unter mehr als 5 bis 7 Alternativen entscheiden zu können. Mehr geht halt nicht wirklich, um situativ kaufen zu können. Ansonsten startet ein komplexerer Kaufentscheidungsprozess, der dann mit Informationssuchaufwand verbunden ist. Bei FMCG steht diesem Aufwand allerdings nicht der nötige Ertrag entgegen, sodass dann die Entscheidung abgebrochen wird.

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