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Social Media Marketing
Sadvertising: So nutzt Werbung Emotionen, um viral zu gehen

Sadvertising: So nutzt Werbung Emotionen, um viral zu gehen

Aniko Milz | 20.03.19

Große Emotionen lassen Shares und Likes ansteigen. Durch Sadvertising gehen Werbespots viral und das Ansehen der Marke verbessert sich in den Augen der Zuschauer.

Die Frage, die sich im Advertising heutzutage stellt, ist folgende: Wie können potentielle Kunden angesprochen werden, so dass sie den markeneigenen Content möglichst häufig liken und sharen? Guckt man auf die Statistiken der meistgeteilten Inhalte, kann schnell ein durchgängiges Motiv entdeckt werden. Große Emotionen. Lachen, Weinen und Gänsehaut.

Emotionen lassen sich gut teilen

Lange Zeit setzten Marketer komplett auf Humor. Es sollte geweint werden, aber vor Lachen. Die Zuschauer würden diese positiven Emotionen mit der Marke verknüpfen und so eine stärkere Verbindung zu ihr aufbauen. Auch Ironie und Sarkasmus waren eine Zeit lang beliebte Tools in der Werbebranche, die durch ihre Unangebrachtheit überraschten und witzig waren. Um 2011 herum (einige behaupten, es war Google Chrome mit der „Dear Sophie“ Werbung, die den Stein, bzw. die Träne ins Rollen brachten) kamen vermehrt Werbungen auf den Markt, die geradezu darauf ausgelegt schienen, bei den Zuschauern ein oder zwei Tränen kullern zu lassen.

Content, der starke Emotionen weckt, wird deutlich häufiger geteilt und geliked als der, der schlichte Fakten und Informationen darstellt. „Einer der Schlüsselfaktoren zum viralen Erfolg sind die emotionale Intensität und die Gefühle, die ein Video beim Betrachter hervorruft“, erzählt Martin Dräger, Geschäftsführer von Unruly Deutschland. Der Technologieanbieter sammelt seit 2006 Daten zum Videokonsum von Verbrauchern und analysiert die Verhaltensmuster beim Teilen von Videos. Themen, die immer ziehen, sind Familie, Kinder und Hunde. Das alles sind Themen, mit denen viele Menschen sich identifizieren können und die die meisten nicht kalt lassen.

https://youtu.be/dlNO2trC-mk

„Content“ statt „Ads“

YouTube ist gepflastert mit „ultimately share-worthy content“. Content also, nach dessen Ansicht man gar nicht anders kann, als ihn an Freunde und Familie weiterzuleiten. Die Sehnsucht nach Realität lässt uns Videos von echten Menschen teilen, die bedeutungsvolle Dinge tun und uns zum Weinen bringen. Emotionen unterstützen Authentizität und machen Content „more relatable“. Das Ziel ist es, Werbung zu machen, die aussieht wie die zahllosen schönen und herzerwärmenden Videos auf YouTube und Facebook, die man sich ohnehin anguckt, und nicht wie deren unerwünschte Unterbrechung. Das ist besonders relevant in Zeiten von Adblockern und Werbeunterbrechungen auf YouTube und Facebook. Wer es schafft, einen Zuschauer über die 15 Sekunden obligatorische Werbung hinaus zu tragen, wird das Bild der Marke im Kopf des Zuschauers nachhaltig verändern können.

Wir kaufen mit dem Herzen und nicht mit dem Kopf

Die meisten Kaufentscheidungen werden nicht rational, sondern aus dem Bauch heraus getroffen. In 2016 hat die Nielsen Company Untersuchungen durchgeführt, die belegen, dass Werbeanzeigen mit hoher emotionaler Resonanz im EEG-Scan bis zu 23 Prozent höhere Verkaufsraten nach sich zogen. Werbung sollte also darauf abzielen, die Kunden im Herzen zu treffen und nicht im Kopf. Zum einen sollte sie das Unterbewusstsein ansprechen und zum anderen sind Ads, die uns eine Geschichte erzählen, mehr als nur eine lästige Werbung. Storytelling ist ein Teil der menschlichen Natur. Das Weitererzählen von Geschichten (bzw. Teilen) bringt Gemeinschaften zusammen. Gutes Storytelling bewirkt, dass der Content näher am Leben und nicht so trocken ist. Geschichten werden besser erinnert als pure Information.

Zugegeben, es gab schon immer traurige Werbung, doch in der heutigen Zeit gewinnt sie zunehmend an Bedeutung. Jetzt, da jeder den Computer bzw. Fernseher in der Hosentasche mit sich herumträgt, erreicht uns Werbung immer und überall. Durch das Überangebot an Werbung sind viele Zuschauer „übersättigt“ und genervt von bedeutungsloser und nichtssagender Werbung. Umso wichtiger wird es, Inhalte zu produzieren, die den Zuschauern sinnvoll erscheinen.

Trends kommen und gehen

Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Die Tränendrüsen dürfen nicht überstrapaziert werden. Genau wie mit den ironischen Commercials vor 2011 ist auch der Trend, Menschen zum Weinen zu bringen, irgendwann ausgelutscht. Es schien als wäre die tränengetränkte Zeit der Werbeanzeigen vorbei, als sogar der britische Einzelhändler John Lewis, dessen Werbevideos zu Weihnachten jahrelang den Gebrauch von Taschentüchern erforderten, 2017 lieber ein Elton John Biopic zeigte. Stattdessen war Googles Werbespot „Alexa Loses Her Voice“ auf der Nummer 1 der meistaufgerufenen Videos.

Doch Anfang 2018 brachte Vick mit der Werbung für Vick’s VapoRub das Sadvertising für kurze Zeit zurück. Das Video über einen Jungen, der von seiner Familie verlassen wird und von einer Bekannten der Familie wie ihr eigenes Kind aufgezogen wird, während sie versucht, ihm trotz HIV-Infektion ein normales Leben zu ermöglichen, ging viral. „Just a Boy #TouchOfCare“ erzielte auf YouTube 7.708.004 Aufrufe.

Authentizität ist ein Schlüsselwort

Wichtig ist es, nicht mit allen Mitteln zu versuchen, das Publikum zu Tränen zu rühren. Nichts ist unauthentischer als nach einem Schema vorzugehen und alle Tränengaranten in einem Video zu vereinen, in der Hoffnung, dass es so Erfolg hat. Budweiser gab nach seinem viralen Werbehit „Puppy Love“ an, nicht die Intention gehabt zu haben, die Menschen zu Tränen zu rühren. Sie hätten einfach nur die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft erzählen wollen. „All we did with the Super Bowl is tell a story about an unlikely friendship. The intent wasn’t to make people cry, the intent was to say that this brand is about bringing people together“, sagte Mike Byrne von der Kreativagentur Anomalny über den Werbespot.

Auch P&Gs Werbespot „Best Job“, der zur Olympiade 2012 bekannt wurde, folgte dem Prinzip der Authentizität. „Shaving cream does not make you run fast“, erkannte Joe Staples von Wieden+Kennedy und musste zugeben, dass die Produkte von P&G den Olympioniken nicht zu ihrem Sieg verhelfen. Doch die Produkte unterstützen die Menschen, die den Sportlern helfen: ihre Mütter.

From there you get to tell honest, emotional stories about the relationship between a child and their parent, and if you do it well it will resonate with millions of people because it is true. It will be very emotional, but for the right reasons,

so Staples.

Was ist also das Erfolgsrezept?

Große Emotionen und das Element der Überraschung sind gute Ansatzpunkte, um Werbung zu kreieren, die viral gehen könnte. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Spot zu der Marke passt. Verbraucher verzeihen selten inkongruentes Verhalten und Ads, die nicht echt wirken, schaffen es kaum in die Herzen der Zuschauer. Das Ziel sollte also nicht sein, einem Trend zu folgen und die witzigste oder traurigste Werbung zu kreieren, sondern vielmehr eine ehrliche Geschichte zu erzählen, die zu Produkt und Marke passt und im Gedächtnis der Zuschauer verankert wird.

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