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Technologie
Das wir gewinnt: Warum Mensch und Maschine mit- und nicht gegeneinander arbeiten sollten
KI und Mensch Hand in Hand, © Andy Kelly - Unsplash

Das wir gewinnt: Warum Mensch und Maschine mit- und nicht gegeneinander arbeiten sollten

Ein Gastbeitrag von Jochen Schlosser | 06.05.19

Egal ob Poker oder Schach – in immer komplexeren Spielszenarien setzen wir Künstliche Intelligenz gegen menschliche Gegner ein, um zu sehen, ob sie in der Lage ist, den Menschen zu schlagen. Die Ergebnisse bergen Diskussionsstoff.

Go ist ein altes Chinesisches Brettspiel, bekannt durch seine unglaubliche Komplexität. Künstliche Intelligenz (KI) ist in der Lage, die weltbesten Go-Spieler zu schlagen. Mehr Probleme bereitet der KI dagegen Dota 2, ein Battle Arena-Videospiel mit deutlich weniger intellektuellem Anspruch. Wie kann das sein? Die Antwort ist recht simpel: KI-Algorithmen sind unglaublich leistungsstark, aber sie sind dennoch (noch) nicht für das Lösen jedes Problems geeignet. In Fällen wo das „Wissen“ nicht vollständig ist, sind es eben doch die Menschen, die die besseren Entscheidungen treffen. Das trifft in wissenschaftlichen Umfeldern ebenso zu, wie wenn wir uns die Rolle der KI im digitalen Advertising genauer anschauen.

Die Maschine gewinnt

Im besten Fall haben wir – damit die KI wie gewünscht abliefern kann – eine klare Definition vorliegen, wie Erfolg für die Aufgabe der KI auszusehen hat. Das Spielfeld samt aller Parameter ist bekannt. Und die KI hat schier unerschöpfliche Datenpunkte, von denen sie lernen kann. Nehmen wir Übersetzungssoftware als Beispiel: Auch wenn das Ziel einer „akzeptablen Übersetzung“ nicht wirklich gut geeignet ist für KI, haben KI-basierte Übersetzungstools in den letzten Jahren den Markt erobert. Ursprünglich haben Experten versucht, den Übersetzungssystemen die Syntax, die unterschiedlichen Wortbedeutungen und ihren Kontext beizubringen. Jede noch so kleine Grammatik- und Sprachregel sollte Berücksichtigung finden. Der Erfolg war überschaubar. Zu viele Variablen, Dialekte, semantische Feinheiten und Definitionen machten das Abarbeiten nach Regeln zu einem Ding der Unmöglichkeit. Dann betraten Lösungen wie Google Translate die Bühne. Der Schlüssel zum Erfolg lag in der Menge an Daten, anhand derer das System lernen konnte. Die neueste Generation von Google Translate & Co. bedient sich des Deep Learnings – einem Teilbereich der KI – und erreicht so das hohe Qualitätslevel, wie wir es heute kennen. Ohne gewaltige Trainingsdatenmengen und vollautonomes Lernen wäre das nie möglich gewesen.

Ein ähnliches Prinzip findet sich im digitalen Advertising wieder, wo die KI zum Beispiel den besten CPA (Cost per Acquisition) auf Basis der Wahrscheinlichkeit einer Konversion festsetzt. Tausende Touchpoints und Millionen weitere Parameter beeinflussen die Customer Journey. Diese können in unzähligen Abfolgen kombiniert werden. Die KI kann aber aus Milliarden von Signalen lernen, die Wahrscheinlichkeit vorherzusagen und so das richtige Gebot in Echtzeit abgeben. Kein Mensch könnte Geschäftsregeln aufstellen, die zum selben Ergebnis führen, geschweige denn diese laufend aktualisieren und an die sich stetig wandelnden Gegebenheiten des digitalen Ökosystems anpassen.

Diese Fähigkeit der KI, in einer strukturierten Umgebung zu lernen, verdeutlicht, warum KI besser Go spielen kann als ein Mensch es je konnte. In den gesetzten Regeln des Spiels kann die Maschine zum einen Milliarden von möglichen Zügen des Menschen durch Simulationen vorhersagen und zum anderen auf unterschiedlichste Arten und auf unfassbar vielen Daten sowie durch direktes Feedback lernen. So macht die Maschine vielleicht sogar einen Zug, den ein Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt nie gemacht hätte. Die zahllosen Stunden, in denen die Maschine in einem Keller gegen sich selber gespielt hat, sorgen jedoch dafür, dass die Maschine dem Menschen bereits einen Schritt voraus ist. Sie „ahnt“ schon, was kommen könnte und kann „weiter“ vorrausschauen, als ein Mensch es je könnte. Und genau solche Züge sind es, die für uns auch im Online Marketing essenziell sind, wenn wir der Konkurrenz einen Schritt voraus sein wollen. Denn in Szenarios mit klaren, gut definierten Marketingzielen, weiß die Maschine eben besser, was das Richtige ist, um zum Erfolg zu führen.

Der Mensch gewinnt

Warum verlieren so leistungsstarke Maschinen dann aber in Dota 2? Es ist zwar ein Multiplayer-Spiel, aber ansonsten deutlich weniger anspruchsvoll als etwa Go. Für den Computer spielt es sich aber schwieriger. Die Spieler starten mit relativ wenig Wissen. Sie müssen die Karte erkunden und ihre unbekannten Gegner finden. Sie brauchen dabei nicht selten menschliche Werte, wie Bauchgefühl und Instinkt, um das Verhalten des Gegners zu analysieren und im unbekannten Terrain zu bestehen. Sie müssen einen Bluff erkennen können, ebenso dürfen sie sich durch unlogisches oder irreführendes Verhalten des Gegners nicht verunsichern lassen. Eine Maschine kann das (noch) nicht (sonderlich gut).

Maschinen werden zwar besser im Dota 2 spielen, aber noch triumphiert der Mensch und seine Intelligenz. Wo Wissen fehlt, es an Daten mangelt, wo Grenzen zwischen richtig und falsch verschwimmen, wo echte Kreativität und Einfallsreichtum gefragt sind oder wo Parameter zu weit gefasst sind, da braucht die KI länger, um zu lernen. Hier setzt sich der menschliche Entscheidungsprozess durch. Hier zeigt sich, wie weit die künstliche von der menschlichen Intelligenz noch entfernt ist.

Beide gewinnen

Mensch und Maschine haben unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten und dies sollten wir alle nutzen. Am erfolgversprechendsten ist ein kollaborativer Ansatz, in dem beide Seiten ihre Stärken ausspielen können. Menschen müssen besser darin werden, mit Maschinen zu kommunizieren und Maschinen müssen ihnen bessere Informationen zur Verfügung stellen. Menschen müssen verstehen, was die KI macht und dort wo es wichtig ist auch, warum sie es macht. Nur so entsteht Verständnis und Vertrauen in die Empfehlungen der Automatismen. Nur dann können Maschinen das tun, was sie am besten können, nämlich in gesetzten Strukturen viele Daten verarbeiten und daraus die richtigen Rückschlüsse ziehen. Nur dann hat der Mensch die Freiheit, seine Erfahrung und Innovationsfreude zu nutzen. Die Zusammenarbeit aus künstlicher und menschlicher Intelligenz – einem hybriden Team – ist die Grundlage für Fortschritt und Entwicklung. Sie löst Kundenprobleme und bringt Wettbewerbsvorteile.

Der grundlegende Prozess – Marktchancen identifizieren, Datenströme bewerten und auf Basis dessen Entscheidungen treffen – hat sich nicht geändert. Die Herausforderung, dies in Echtzeit tun zu können und stetig wachsende Inputmengen zu verarbeiten, wird jedoch wachsen. Hier ist der Input von KI nicht nur notwendig, sondern unerlässlich. Während wir uns auf unser Können konzentrieren, geht es gleichermaßen darum, unsere Schwächen auszugleichen. Nur so werden wir in Zukunft erfolgreich sein. Genau hier hat die Zusammenarbeit mit Maschinen bereits heute die Art und Weise, wie digitales Advertising umgesetzt wird, verändert.

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