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Werbewirkung: Ein erklärungsbedürftiger Faktor im Digital Marketing

Werbewirkung: Ein erklärungsbedürftiger Faktor im Digital Marketing

Ein Gastbeitrag von Viktor Eichmann | 20.11.19

Die strategische Planung und Optimierung von Marketingkampagnen macht eine genaue Nachvollziehbarkeit der erzielten Wirkung und den Einsatz steuerungsrelevanter Wirkungshebel unabdingbar. In der Praxis hakt es, woran liegt das?

Nielsen weist für Q1 2019 ein Bruttowerbeaufkommen von 7,2 Milliarden Euro für den deutschen Gesamtbruttowerbemarkt aus, was einem Minus von 1,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum entspricht. Obwohl der Werbemarkt zunehmend technologisiert ist, die Akteure verstärkt datengetrieben arbeiten und die Möglichkeiten, Werbemittel programmatisch auszusteuern, so vielseitig sind wie noch nie, bleiben Problemfelder bestehen, die das weitere Wachstum des Marktes hemmen und Spannungsfelder zwischen Werbungtreibenden und Dienstleistern erzeugen. Der Chef der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM), Uwe Storch äußerte seinen Unmut unlängst so:

Der Aufwand für Werbungtreibende, Online-übergreifend zu planen, wird völlig unterschätzt. Die Online-Werbewirtschaft ist die Wirtschaft mit den größten Versprechungen und dem niedrigsten Erfüllungsgrad.

Woher kommt der Unmut der Werbungtreibenden und wie sollte der Markt reagieren?

Kampagnenerfolge quantitativ und qualitativ messbar machen

Der zentrale Vorwurf: Die versprochene Wirkung von Kampagnen wird nicht ausreichend nachgewiesen, Media-Budget nicht nachvollziehbar eingesetzt. Damit macht Storch auf eine zentrale Herausforderung jedes Werbungtreibenden aufmerksam: die aus der Marktforschung adaptierten Planungs- und Erfolgsmessungsansätze von Kampagnen auf die Werbewirkung hin greifen digital nicht, oder zu kurz, oftmals fehlen einheitliche Modelle für die Echtzeitmessung und -steuerung von Kampagnen auf die Werbewirkung hin. Eine maximale Entfaltung der Werbewirkung lässt sich lediglich dann erreichen, wenn die Kampagne nach den „richtigen“ Parametern optimiert wird – die sich direkt aus den Kampagnenzielen ableiten, um auf Basis technologischer Möglichkeiten die bestmögliche Zielerreichung zu gewährleisten. Fraglos sind die weit verbreiteten Planungskriterien wie Zielgruppenerreichung, Umfeldqualität, Werbeformat, Sichtbarkeit und zu erreichende Kontaktfrequenz weiterhin relevante Gradmesser zur Bewertung und Maximierung von Werbewirkung. Die in Echtzeit messbaren Parameter „tatsächliche Kontaktverteilung“ und „gemessene Zielgruppenerreichung“ stehen indes häufig nicht ausreichend im Fokus der Kampagnenoptimierung, wodurch die Werbewirkung nicht umfassend nachvollziehbar wird und die Kampagneneinstellung nicht ausreichend optimiert werden kann. Werbung kann nur dann wie gewünscht wirken, wenn Nutzer zur Zielgruppe des Werbungtreibenden gehören und darüber hinaus mit der individuell passenden Dosis und im geeigneten Kontext kontaktiert werden. Eine übergreifende Strategie ist hierbei unumgänglich – und in der Praxis, das zeigt sich, fehlt sie oftmals. Woran liegt das?

Bei wem wirkt Werbung wann und wie?

Statt das technische Kampagnen-Set-Up auf die Zielsetzung auszurichten, wird das Pferd in der programmatischen Umsetzung oftmals von hinten aufgezäumt – die Standardeinstellungsmöglichkeiten in der DSP bestimmen, wonach optimiert wird. Das ist problematisch, da Funktionen wie die Kontaktklassenoptimierung nicht im Standard enthalten sind und die vorhandenen KPIs oftmals nicht ausreichend hinterfragt werden. Vielmehr werden einzelne Parameter wie die Sichtbarkeit eines Werbemittels untersucht – was nicht verkehrt, sondern sehr sinnvoll ist. Doch erst der Blick auf den Gesamtkontext erlaubt aussagekräftige Rückschlüsse auf die Wirkung einer Kampagne. Marketer müssen hinterfragen, welche Metriken zur Erreichung der Zielvorgaben sinnvoll sind und diese ganzheitlich und in Echtzeit betrachten, um über die Erfolgsmessung auf rein quantitative Ziele hinaus auch eine qualitative Beurteilung in die Kampagnensteuerung einfließen zu lassen. Die, induziert von der Digitalisierung, stetig komplexer werdenden Customer Journeys und zunehmende Granularität von Zielgruppen erfordern eine kundenzentrische Sicht, die Content und Kontext wechselwirkend betrachtet und den Impact der Nutzungssituation auf die wahre, situativ bedingte Wirkung eines Werbemittels hin beurteilt. Der Geschäftsführer und Sprecher des Mediaagentur-Verbandes OMG, Klaus-Peter Schulz, plädiert aus diesem Grund für eine interdisziplinarische Betrachtung des Rezipienten sowie der Rezeptionssituation und stellt die Frage: „Kann Statistik erklären, was in unserem Unterbewusstsein vor sich geht?“ Seines Erachtens nach bedarf es Grundlagenforschung unter Einbeziehung von Neurowissenschaften, um die Nutzungssituation besser zu verstehen und die aktuellen sowie durch die Digitalisierung bedingten Entwicklungen einzubeziehen.

Werbewirkung im Spannungsfeld technischer Komplexität

Klar ist, die isolierte Betrachtung von Kampagnen-Parametern ist in ihrer Aussagekraft limitiert und als Basis für die kontinuierliche Steuerung unzulänglich. Insbesondere hinsichtlich der unterbewussten Wahrnehmung eines Werbemittels oder einer Marke des Werbungtreibenden ist die Steuerung auf eine tatsächlich erreichte Kontaktdosis pro Nutzer ein wichtiger Wirkungshebel, einer Banalisierung des Werbemittels oder Überstrapazierung der Aufnahmebereitschaft vorzubeugen. Das Gros der Kampagnen wird auf ein Frequency Capping im Sinne einer maximal zulässigen Kontaktzahl, oder einer reinen Betrachtung der durchschnittlich erreichten Kontakte über alle Nutzer hinweg optimiert, wodurch Werbungtreibende großes Potenzial hinsichtlich der Wirksamkeit ihrer Kampagnen auf der Strecke lassen. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der hohen Komplexität der Steuerung über verschiedene Inventare, Formate und Devices hinweg, zum anderen tendieren Marketers in der Praxis dazu einmal Erlerntes beizubehalten, auch wenn andere Ansätze die besseren Ergebnisse hervorbringen würden. Dies zeigte sich in einer kürzlich von adlicious durchgeführten Studie unter Digital-Marketing-Entscheidern. Die Ergebnisse wiesen auf, dass lediglich ein Fünftel der Befragten, Kampagnen nach der tatsächlich erreichten Kontaktdosis optimieren. Stattdessen verlässt man sich auf weniger aussagekräftige Metriken wie den GRP (Gross Rating Point), der aufgrund seiner Limitierung auf die Darstellung des Verhältnisses zwischen Netto-Reichweite und Durchschnittskontakten in der Zielgruppe unzureichende Kontakte bei einem Großteil der Nutzer begünstigt, während ein kleinerer Teil überpenetriert wird. 

Es zeigt sich zunehmend, dass alte Glaubenssätze, wie die Optimierung nach GRP, an Relevanz verlieren und dass die Wechselwirkung zwischen Online und Offline eine zusätzliche Herausforderung darstellt. Während ökonometrische Modelle die Wirkungszusammenhänge auch für online induzierte Offline-Käufe nur näherungsweise abbilden können, setzt sich die Erkenntnis durch, dass Markenwerbung auch digital maßgeblich Einfluss auf Awareness, Markenpräferenz und Abverkauf hat. Wie sollte also eine Strategie aussehen, in programmatischen Ökosystemen übergreifend ganzheitlich, einheitlich und strukturiert vorzugehen und Kampagnen vom Rezipienten ausgehend als Ganzes und nicht nach Teilzielen zu optimieren?

Werbewirkung messbar und skalierbar machen

Analytische Ansätze wie der von adlicious zum Patent angemeldete qTKP erlauben einen Rundumblick auf die programmatische Kampagnensteuerung. In die Berechnung fließen Kosten, Ad Impressions, Formatgrößen, Sichtbarkeitsrate, Zielgruppenerreichung sowie die Anzahl an Nutzern aus der optimalen Kontaktklasse ein, wodurch eine mess- und vergleichbare Echtzeit-Betrachtung von Content und Kontext gewährleistet wird. Externe (Mess-) Tools und Funktionen in den DSPs helfen die Messung, Vergleichbarkeit und Optimierung effizient durchzuführen. Um nachweislich Aufschluss über den tatsächlichen Erfolg und die Effizienz ihrer Kampagne zu erhalten und die Werbewirkung messbar und skalierbar zu machen, müssen Werbungtreibende darauf achten, die Rezeption von Media-Maßnahmen ganzheitlich zu betrachten. Ziel jedes Werbungtreibenden sollte es sein, die Vergleich- und Optimierbarkeit seiner Maßnahmen vollständig auszunutzen und gleichermaßen Budgets effizient einzusetzen wie ihren Zielgruppen auf granularer Ebene ein personalisiertes Markenerlebnis zu bieten. Im Spannungsfeld zwischen Werbungtreibenden und Agenturen gilt es die Werbewirkung differenziert zu betrachten, eventuellen Zweifeln an der Wirksamkeit mit zielführenden Lösungsansätzen entgegenzutreten, um zu überzeugenden Marketingkonzepten zu kommen. Auch wenn weiterführende Werbewirkungsforschung unter Berücksichtigung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen – wie von Herrn Schulz gefordert: Neurowissenschaften- auf eine verbesserte Trennschärfe in der Betrachtung der Werbewirkung einzahlen und womöglich neue analytische Metriken hervorbringen. So beginnt die Maximierung der Wirkung von Kampagnen mit der Überlegung eines jeden Marketers wie folgt: Wie kann ich den richtigen Nutzer zur richtigen Zeit mit der richtigen Botschaft erreichen und wie genau korrelieren Kampagnen-Parameter bei der Messung des Kampagnenerfolgs?

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