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Programmatic Advertising
RTB und das Second Price-Problem

RTB und das Second Price-Problem

Arne Behr | 14.08.12

Das Second Price-Prinzip der RTB-Auktionen soll für hohe Gebote der Advertiser sorgen. Doch diese stehen sich paradoxerweise oft selbst im Weg.

Das Bieten auf Werbeplätze in Echtzeit verspricht Werbungtreibenden wesentlich effektivere Kampagnen und wesentlich genauer justierte Werbebotschaften. Aber gerade durch das vorherrschende Prinzip des zweiten Preises bietet sich Plattformen und Publishern auch die Möglichkeit, die Preise künstlich in die Höhe zu treiben. Das Resultat sind Käufer, die gegen sich selbst bieten.

Große Web Publisher benutzen oft eine Supply Side Plattform (SSP) oder Ad Exchange-Plattform, um den Verkauf ihres Inventar zu automatisieren und zu optimieren. Dort werden Premium- wie Restplätze angeboten und verkauft, was für den Publisher eine effizientere Vermarktung bedeutet, für den Werbetreibenden geringere Kosten für aufgewertete Werbeplätze. Für gewöhnlich gilt bei Real Time-Auktionen für Werbeinventar das Second Price-Prinzip: der Käufer, der den Zuschlag für ein bestimmtes Inventar bekommen hat, zahlt den Preis des zweithöchsten Gebotes plus einen Cent drauf.

Bietet ein Advertiser beispielsweise für eine Impression einen TKP von 2,50€, ein anderer aber 20€ für die gleiche Impression, erhält Bieter Nr. 2 den Zuschlag – aber nicht für 20, sondern für 2,51€. Es entsteht also eine große Lücke zwischen dem Höchstgebot und dem, was der Käufer tatsächlich an den Publisher zahlen muss. Diese Methode ist prinzipiell für die Käufer- wie für die Publisher-Seite attraktiv, nicht zuletzt führt es zu aggressiverem und höherem Bieten der Käufer in der Hoffnung, den Zuschlag zu bekommen, aber dennoch weniger bezahlen zu müssen.

Ein Vertrauensproblem

Genau hier offenbart sich eine Grauzone des RTB, die problematisch ist: auf Basis früherer Gebote aggregiert die Plattform nicht selten automatische Mindestpreise für Ads, ohne dass diese im konkreten Fall geboten sind. Über das sogenannte „Dynamic Floor Pricing“ werden auf diese Weise die Preise weiter in die Höhe geschraubt. Der Mechanismus setzt den letztendlich zu zahlenden Betrag in die Mitte zwischen den beiden Höchstgeboten – jedoch auf Basis des Bietverhaltens des Käufers in der Vergangenheit, nicht etwa des augenblicklichen Geschehens.

Diese Praxis ist mindestens undurchsichtig, für viele Advertiser kulminiert sie schlicht in einem Bieten gegen sich selbst und führt das Prinzip des Second Price-Modells damit ad absurdum. Eigentlich zum Schutz der Publisher vorgesehen, wird der Advertiser so wird nicht nur weniger aggressiv bieten beziehungsweise sein Werbebudget anderweitig verwenden, es entsteht ein insgesamtes Vertrauensproblem. Aus Intransparenz wächst so schnell ein Generalverdacht gegenüber Handelsplattformen wie Publishern.

Position beziehen

Andrew Cascale von TheMakegood vergleicht den Mechanismus mit einer eBay-Auktion für ein Baseballspiel. Ein Käufer, der herausfindet, dass es keinen realen Mitbewerber gab, der den Ticketpreis hätte in die Höhe treiben können, sondern er nur gegen einen automatisierten eBay-Mechanismus angeboten hat, werde diesen Preis nur einmal zahlen.

Für eine optimale Entwicklung des RTB-Marktes sei das Vertrauen der Advertiser Grundvoraussetzung. Als Beispiel nennt er den Paid Search Advertising-Markt, wo sich die faire und transparente Preispolitik von Google gerade auch am Anfang stets am tatsächlichen Marktwert orientiert habe. Mit misstrauischen Werbekunden wäre das enorme Wachstum, das Google als Marktplatz in der Folge erfahren hat, nicht möglich gewesen.

Letzten Endes liegt es an den Werbekunden selbst, diesen Missstand zum Thema zu machen und stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Die hauptsächliche Währung, die die ganze Maschinerie am Leben erhält, ist und bleibt ihr Werbebudget. Nicht das schlechteste Argument könnte man meinen.

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