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Technologie
Roboter erobern die Straßen: Ist das die Zukunft des Liefergeschäfts?

Roboter erobern die Straßen: Ist das die Zukunft des Liefergeschäfts?

Maja Hansen | 19.06.18

In Hamburg liefern die Starship-Roboter Pizza, Lebensmittel und Pakete aus. Mehrere Unternehmen machen bereits von autonomen Lieferungen Gebrauch.

Noch sind die kleinen Lieferanten auf den sechs Rädern ein ungewohnter Anblick im Straßenverkehr. Doch in Hamburg testen derzeit einige Firmen den Gebrauch der Roboter des Technologie-Startups Starship. Die Hansestadt ist der wichtigste Ort in Zentraleuropa, da bereits 2017 eine weitreichende Ausnahmeregelung für den Betrieb von Robotern erteilt worden ist. Dennoch müssen die kleinen Lieferanten bislang noch immer von einem Menschen begleitet werden. Sind Roboter die Zukunft des Liefergeschäfts?

Domino’s setzt auf autonome Pizzalieferung

Der Pizza-Gigant „Domino’s“ testet seit Mai 2017 die autonome Pizzalieferung in Kooperation mit Foodora in Hamburg. Zunächst startete die Testphase im Stadtteil Ottensen. Nach erfolgreicher Probezeit und vielen positiven Resonanzen weitete das Unternehmen das Roboterliefergebiet nach Eimsbüttel aus. Dabei unterstütze der kleine Bote die Mitarbeiter insbesondere während der Stoßzeiten im Lieferbetrieb, so der Geschäftsführer Karsten Freigang. Aufgrund der guten Erfahrungen sei eine Ausweitung in andere Stadtteile der Hansestadt nicht ausgeschlossen.

Der technologische Lieferant könne die Bestellung bis vor die Haustür liefern. Dort kann dann der Kunde die Box mit einem Code, der über SMS geteilt wird, öffnen. Treppen schafft der Roboter leider noch nicht. Bislang kam es noch zu keinem Diebstahl, so Karoline Bialon von Dominos gegenüber OnlineMarketing.de, da der autonome Lieferbote mit vielen Sicherheitsfeatures ausgestattet sei, wie zum Beispiel einem akustischen Alarmsignal und einer permanenten Verbindung zu einem der Operations-Center. Insgesamt legten die Roboter bereits 170.000 Kilometer in Hamburg zurück.

Allerdings räumte CTO Ahti Heinla gegenüber Business Insider ein, dass die Roboter teilweise Opfer von Gewalt werden. So kann es passieren, dass die kleinen Boten Tritte einstecken müssen. Bereits 2016 sei eine Vandalismustat verzeichnet worden: Einem Roboter wurde während der Lieferung das Fähnchen gestohlen. Jeder Roboter ist nämlich mit einem Fähnchen versehen, auf dem zu sehen ist, für welches Unternehmen der autonome Helfer gerade arbeitet.

Ein Roboter in Aktion auf den Straßen Hamburgs:

#MondayMotivation is… #Spring sunshine in #Hamburg 🌤🤖

Ein Beitrag geteilt von Starship Technologies (@starshiprobots) am

Skypegründer entwickeln Roboter

2014 gründeten Ahti Heila und Janus Friis das Unternehmen „Starship Technologies“ in Estland. Die Gründer entwickelten bereits „Skype“ und setzten mit kostenloser Telefonie über das Web einen technologischen Meilenstein. Seit April 2017 sind die Visionäre nun auch mit einem Büro in Hamburg vertreten und bringen die Roboter in der Hansestadt auf die Straße. Ausgestattet mit neun Kameras und einem Ultraschallsystem, werden die Roboter über das Satellitenortungssystem gelenkt. Gegebenenfalls können die autonomen Lieferboten aus dem Kontrollzentrum in Tallinn über die Kameraverbindung kontrolliert und gesteuert werden. Angestrebt wird aber, dass das System nach und nach die Straßenkarten „lernen“ soll, sodass eine komplett autonome Auslieferung möglich sei.

Bislang wird jede Roboterauslieferung noch von einem Mitarbeiter von Starship, sogenannten „Handlern“, begleitet. So können Passanten Fragen an die Begleiter stellen und es kann Aufklärungsarbeit geleistet werden. Fragen kommen nämlich zu Genüge, da ein Roboter im Straßenverkehr noch nicht zu den etablierten Teilnehmern gehört. Die Hamburger Behörden fordern, dass die elektronischen Boten weiterhin begleitet werden. Allerdings warte Domino’s, laut Karoline Bialon, nur noch auf die Genehmigung der Stadt, dass die Roboter ohne menschliches Beisein ausliefern dürfen. Sie erklärt:

Bis zur offiziellen Genehmigung der Stadt Hamburg, dass die Lieferroboter ohne Begleitung unterwegs sein dürfen, werden diese von einem Mitarbeiter von Starship Technologies begleitet.

Die Roboter fahren mit einer Geschwindigkeit von höchstens 6 km/h ausschließlich auf Gehwegen. Dank On-Board-Sensoren kann der technologische Bote Gegenständen, Fußgängern und anderen Hindernissen ohne Probleme ausweichen. Der sechsrädrige Lieferbote passe seine Geschwindigkeit an den Verkehrsfluss an. Mithilfe der modernen Sensortechnik soll die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleistet werden.

Auch Hermes testete autonome Zustellung in Hamburg

Von Oktober 2016 bis März 2017 testete der Paketdienst Hermes die autonome Auslieferung ihrer Pakete mittels des bislang namenlosen Roboters von Starship. Der Division Manager Strategy & Innovation Roger Hillen-Pasedag verkündet, dass die Roboter auch nach Ende der Testphase im März 2017 weiter in der Hansestadt ausliefern werden. Hermes wolle keine Paketboten ersetzen, sondern neue Zustellungsmöglichkeiten für verkehrsbelastete Innenstädte testen, um die Belieferung zu optimieren. So würden autonom lernende Systeme weiterhin ein Thema für den Paketdienst bleiben und zukunftsweisend sein.

Wo liegen die Vorteile gegenüber menschlichen Boten?

Doch warum ist der Einsatz der Roboter sinnvoll? Karoline Bialon erklärt, dass Domino’s an zukunftsorientierten Lösungen interessiert sei. Die Roboter würden eine weitere Möglichkeit bieten, Ware umweltfreundlich auszuliefern und die Pizzalieferflotte breiter aufzustocken, sodass noch mehr Kunden bedient werden könnten. Sie ergänzt weiterhin:

Die Roboter nutzen die Gehwege: Damit sind sie gegenüber anderen Lieferfahrzeugen wie PKWs und Motorrollern im Nahbereich flexibler und schneller – besonders bei hohem Verkehrsaufkommen, in Staus oder bei Sperrungen.

Hillen-Pasedag von Hermes sieht den größten Vorteil der Roboter darin, dass diese sieben Tage und rund um die Uhr eingesetzt werden können. So gestalten sich sowohl die Paketzustellung als auch -abholung zu allen Tages- und Nachtzeiten individueller. Die neuen Anwendungsszenarien müsse Hermes zunächst evaluieren, bevor darüber entschieden werde inwiefern der Ausbau der Roboternutzung zu gestalten sei.

Die Gründer selbst sehen das Potential ihrer Entwicklung in der Entlastung des stark steigenden Transportverkehrs in den Großstädten, der im Zuge des Onlinehandels entstehe. Ihre Vision liegt in einer innovativen Gestaltung der bereits bestehenden Lieferketten. Vor allem für den Nahbereich will Starship-Technologies eine zukunftsweisende Alternative bieten. „Die Möglichkeiten innerhalb der Logistikbranche sind riesig“, betont Hendrik Albers, der Starship-Chef in Deutschland.

© Starship Technologies – Screenshot

Auch kleine Unternehmen können von den Robotern Gebrauch machen

In Hamburg können auch kleinere Firmen die Roboter buchen. Auf Abruf können so Roboter gebucht werden, um Kurierdienste zu leisten. Dafür müssen sich Betriebe als Kooperationspartner registrieren lassen und über die Website die Auslieferung mit dem Roboter anfordern. Die Kosten sollen bisher ähnlich wie bei anderen Paketdiensten ausfallen. Mittelfristig werden die Preise dann aber viel niedriger sein, so der Deutschland-Starship-Chef Albers.

Einen weiteren Testmarkt sieht Hendrik Albers auch betriebsintern auf Firmenboden. Der Vorteil sei, dass es sich dann um privaten Grund handle und keine Begleitungspflicht für Roboter gelten würde. Mithilfe von Robotern sei es einfach, ohne zusätzlichen Personalaufwand zum Beispiel Akten, Ersatzteile oder Produkte innerhalb des Unternehmens zu transportieren.

Roboter: Die Paketboten der Zukunft?

Kritiker sind vom Einsatz der autonom fahrenden Roboter allerdings noch nicht überzeugt. Horst Manner-Romberg sagte gegenüber dem Abendblatt, dass die Lieferroboter nicht praxistauglich seien. Manner-Romberg ist in der Hamburger Unternehmensberatung MRU tätig, die auf Kurier-, Express-. Paket- und Postdienste spezialisiert ist. Er ergänzt, dass die Kosten bislang viel zu hoch seien. Dennoch räumt der Experte ein, dass auch er die Zukunft der Paketzustellung in autonomen Fahrzeugen sehe.

Das Potential, das die autonom liefernden Roboter an den Tag legen, ist also auch von Kritikerseite nicht zu leugnen. Fraglich bleibt, ob sich die Roboter der Firma Starship langfristig durchsetzen. Da die Fassungskapazität der Box nicht allzu groß ist, bleibt offen, ob sich die Nutzung rentiert. Doch da Hermes, Foodora und Domino’s sich deutlich begeistert zeigen, werden diese großen Unternehmen wohl die autonome Auslieferung ausbauen. Ob sie sich letztendlich als technologische Vorreiter entpuppen oder ob die Idee ins Leere läuft, bleibt zu beobachten. Die Entwicklung bleibt also spannend.

Kommentare aus der Community

Johannes K. am 19.06.2018 um 16:04 Uhr

Ergänzend dazu: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/technik/mein-roboter-und-ich-85399

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