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Social Media Marketing
Influencer Marketing ohne Fallstricke: Zum Status quo der Kennzeichnung
Prof. Dr. Stefan Engels, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht auf der Inreach. © T. Bauer | OnlineMarketing.de

Influencer Marketing ohne Fallstricke: Zum Status quo der Kennzeichnung

Tina Bauer | 30.11.16

Im Interview haben wir Medienanwalt Prof. Dr. Stefan Engels zum Status quo der Kennzeichnungspflicht befragt und Erkenntnisse zu den rechtlichen Fallstricken gewonnen.

Influencer Marketing ist die aufstrebende Disziplin im Digital Marketing. Während Brands immer mehr auf die reichweitenstarken User setzen, stehen die rechtlichen Rahmenbedingungen eher selten im Fokus der Kampagnen. Daher trafen wir Medienanwalt Prof. Dr. Stefan Engels auf der Inreach 2016 in Berlin und sprachen mit ihm im Interview über die Fallstricke und geltendes Recht im Digital Marketing.

Interview mit Prof. Dr. Stefan Engels, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, DLA Piper

OnlineMarketing.de: Welches sind Ihrer Ansicht nach die größten rechtlichen Fallstricke im Influencer Marketing für alle Beteiligten? Welche Verstöße sieht man oft?

Stefan Engels: Am häufigsten sehen wir noch immer die fehlende oder unzureichende Erkennbarkeit werblicher Inhalte beziehungsweise kommerzieller Kommunikation.

Also Schleichwerbung.

So wird dieses Fehlverhalten in der Tat umgangssprachlich genannt. Im Kern geht es darum, dass die Internetuser einen Anspruch darauf haben, klar und einfach zu erkennen, wer mit ihnen kommuniziert und vor allem warum. Erkennbarkeitsgebot ist der dafür passende Begriff. Bei rundfunkähnlichen Angeboten kommt dann noch als Anforderung die Abtrennung von redaktionellen Inhalten dazu.

Wie kann man denn den grauen Bereich umgehen?

Im Zweifel sollte man kennzeichnen. Wenn man sich nicht sicher ist, ob es sich bei der Darstellung eines zur Verfügung gestellten Produkts oder auch der Arbeit für einen Kunden um werblichen bzw. kommerziellen Inhalt handelt oder dieser ausreichend erkannt wird, sollte man vorsorglich kennzeichnen. So umgeht man rechtliche Risiken. Wer es differenzierter mag, kann sich drei Fragen stellen, die er vor jedem Post beantworten sollte:

  1. Ist etwas kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung?
  2. Wenn Ersteres zutrifft, ist dies ausreichend, also für den Durchschnittsuser auf den ersten Blick erkennbar?
  3. Ist dies nicht der Fall? Dann muss ich kennzeichnen.
Der Vortrag von Prof. Dr. Engels war nicht nur extrem unterhaltsam, sondern auch sehr lehrreich. © T. Bauer | OnlineMarketing.de
Der Vortrag von Prof. Dr. Engels war nicht nur extrem unterhaltsam, sondern auch sehr lehrreich. © T. Bauer | OnlineMarketing.de

Genügt dann ein Sponsored oder #Ad als Kennzeichnung? 

Je sicherer man gehen will, desto eher sollte man sich in geübten Bahnen bewegen. Demnach treffen es die Worte “Werbung” und “Anzeige” am ehesten. Alle anderen Begriffe sind nach Ansicht der bisher bekannten Rechtsprechung nicht ausreichend, um eine Werbung oder eine kommerzielle Kommunikation zu kennzeichnen. Es ist insoweit allerdings etwas in Bewegung: Die Landesmedienanstalten haben sich als Aufsicht für diesen Bereich bereit erklärt, andere Begriffe zu akzeptieren. Allerdings ist das nur die Medienaufsicht – am Ende des Tages werden die jeweiligen Gerichte entscheiden, was ausreicht. Wenn (insbesondere Zivil-) Gerichte entscheiden, können sie natürlich auf diese Praxis zurückgreifen, aber sie müssen es nicht. Wer also ganz sicher gehen will, sollte seine Inhalte mit den Worten “Werbung” oder “Anzeige” kennzeichnen.

Stichwort Zivilrecht: Wenn es zu einer Anklage kommt, wer klagt dann gegen wen? Und gibt es überhaupt schon Fälle, die nicht außergerichtlich geklärt wurden?

Das Influencer Marketing ist noch jung. Mir sind jedenfalls keine Fälle bekannt – viele werden aber auch gar nicht bekannt, weil sie eben außergerichtlich geklärt werden. Ich weiß aber, dass es im klassischen Online Marketing jetzt vermehrt Streit um die Fragen der Erkennbarkeit und ausreichenden Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation gibt. Da wurden auch schon einige Prozesse geführt, es geht Schritt für Schritt vorwärts. Je wirtschaftlich relevanter ein Bereich wird, desto eher wird er auch rechtlich durchwirkt – das bedeutet, dass das bereits bestehende Recht auch durchgesetzt wird.

Um die Frage zu beantworten, wer denn klagen würde: Zivilrechtlich sind es zum einen die Wettbewerber von Unternehmen, die Influencer Marketing betreiben. Daneben treten die Verbraucherschützer, die insbesondere der Einhaltung des Erkennbarkeitsgebotes nachgehen, oder sogenannte Wettbewerbsvereine – Vereine, hinter denen sich Wettbewerber verstecken (können), wenn sie nicht öffentlich in Erscheinung treten wollen. Die bekannteste Einrichtung dieser Art in Deutschland ist die Wettbewerbszentrale, die für lauteren Wettbewerb in Deutschland kämpft, für die gesamte deutsche Wirtschaft steht sowie auch von ihr getragen wird und die häufig solche Fälle angeht. Im Printbereich ist sie sehr aktiv, im Rundfunkbereich ist die Medienaufsicht zuständig.

Diese Streitigkeiten sind keine aktuelle Gefahr, aber sie rücken näher. Darauf müssen Unternehmen und Influencer sich vorbereiten und sich fragen, wie sie sich dauerhaft positionieren wollen. Übrigens: In der Haftung steht immer der, der nicht kennzeichnet, obwohl er hätte kennzeichnen müssen. Allerdings: Ist ein Dritter daran unmittelbar beteiligt, was allerdings belegt sein muss, dann kann auch der Dritte in Anspruch genommen werden, beispielsweise wenn der Marketer den Influencer für die Nichtkennzeichnung  bezahlt.

Wie, glauben Sie, wird sich das in der kommenden Zeit noch entwickeln? Wird das alles in fünf Jahren schon durchstrukturiert sein? 

Es wird Schritt für Schritt dem Recht zur Geltung verholfen werden. Solche Konferenzen, wie die Inreach, tragen ihren Teil dazu bei. Umso professioneller die Disziplin wird, desto größer und klüger werden auch die Influencer. Sicherlich wird es einige juristische Auseinandersetzungen geben, die, was die Kennzeichnung angeht, Klarheit bringen werden.

Es wird bis dahin aber auch weiter Fehlverhalten geben. Beispielsweise sollte im E-Mail Marketing mit Opt-ins gearbeitet werden, es gibt aber immer noch zu viele schwarze Schafe.

Vielen Dank für das Interview!

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