Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
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Programmatic Advertising
„Die größte Chance liegt in 2015 und den Folgejahren in der intelligenten Nutzung von Daten“ – Jürgen Seitz, HDM Stuttgart
Prof. Dr. Jürgen Seitz, Professor für Marketing, Medien und Digitale Wirtschaft der HDM Stuttgart

„Die größte Chance liegt in 2015 und den Folgejahren in der intelligenten Nutzung von Daten“ – Jürgen Seitz, HDM Stuttgart

Anton Priebe | 28.01.15

Prof. Dr. Jürgen Seitz, Professor der HDM Stuttgart, im Interview über Trends im RTA und die Einstellung seiner Studenten gegenüber der Branche.

Als Medienpartner der d3con im März 2015 in Hamburg stellen wir euch in den kommenden Wochen die Speaker der größten RTA-Veranstaltung Deutschlands vor. Auf dem Weg entlocken wir ihnen vorab schon viele interessante Aussagen über aktuelle Trends und Entwicklungen rund um das Thema Real-Time-Advertising.

Den Einstieg in die Online-Welt fand Prof. Dr. Jürgen Seitz dank des Schwergewichts Microsoft, bei dem er als Pre-Sales Consultant um die Jahrtausendwende beschäftigt war. Nach einem Stop bei WEB.DE  landete der heutige Hochschulprofessor bei der United Internet Gruppe, bei der er 2010 die Performance- und Digitalmarketing-Tochter United Internet Dialog GmbH gründete und deren Geschäfte führte. Seit 2013 lehrt Seitz als Professor für Marketing, Medien und Digitale Wirtschaft bei der Hochschule der Medien (HDM) Stuttgart.

Interview mit Prof. Dr. Jürgen Seitz, Professor für Marketing, Medien und Digitale Wirtschaft der HDM Stuttgart

OnlineMarketing.de: Was bringt das Jahr 2015 für die RTA-Branche in Deutschland und Europa?

Jürgen Seitz: 2015 wird für die RTA Branche in Deutschland und in Europa ein entscheidendes Jahr. Die großen amerikanischen Player, Facebook, Google und zukünftig auch Amazon schaffen Fakten auf ihren Plattformen und werden zunehmend zum de facto Standard im Bereich datengetriebener Display-Einkauf. Die deutschen und europäischen Anbieter müssen aggressive Schritte gehen, um hier mithalten zu können. Publisher müssen mehr und vor allem besseres Inventar mit Daten veredeln und programmatisch verkaufen. In Agenturen sollte RTA die Silos der Trading-Töchter verlassen, ganzheitliche Konzepte zur Datennutzung und deren Implementierung mit den Kunden sind die Loyalitätstreiber der Zukunft. Dienstleister müssen massiv in Vorleistung gehen, um den Protagonisten eine Alternative zur einfachen Schaltung über Facebook und Google zu geben. RTA wird auch in 2015 noch einmal signifikant wachsen, die Frage ist aber, wie viel bleibt von diesem Wachstum für welchen Anbieter?

Wo sehen Sie in Ihrem Geschäft die größten Chancen und Herausforderungen?

Die größte Chance liegt in 2015 und den Folgejahren in der intelligenten Nutzung von Daten. Die Dominanz von Facebook beim Audience Buying basiert auf dem überragenden Datenpotenzial von Facebook. Nicht umsonst sehen wir aktuell die Kooperationsmeldungen großer Agentur-Networks mit Atlas, dem AdServer-Play von Facebook. Die europäischen Anbieter nutzen Ihre signifikante Datenpotenziale kaum, aber es ist keine Kür mehr, dieses Datenpotenzial zu heben, vielmehr wird es zum Kern für ein erfolgreiches, zukunftsträchtiges Geschäft. Mit deutschen Start-up Unternehmen wie „The ADEX“ und dem amerikanischen Schwergewicht Krux ist eine zweite Welle von Datamanagement-Plattformenaktuell im deutschen Markt recht aktiv. Es wird spannend zu sehen, ob es diesen oder anderen Anbietern gelingt eine systematische DMP-Nutzung in Deutschland zu etablieren.

Die d3con 2014 in der Handelskammer Hamburg
Die d3con 2014 in der Handelskammer Hamburg, © d3con

Eine weitere Chance liegt, auch wenn es mittlerweile keiner mehr hören will, im Mobile Bereich beziehungsweise genauer gesagt in der Ansprache auf unterschiedlichen Devices. Auch hier hat Facebook gezeigt, dass es funktionieren kann und was viele Publisher immer noch als Bedrohung wahrnehmen, ist gleichzeitig eine ungenutzte große Chance, da die hohe Nutzungsintensität auf mobilen Endgeräten faktisch den Markt ausweitet.

Chance und Herausforderung zugleich sind die Themen Video und Native Advertising. Facebook wird nicht umsonst gerade ziemlich zum „Videobook“. Hier steht ein massiver Einstieg bevor, der den Markt noch einmal beflügeln wird, die Publisher aber vor die Herausforderung stellt, selbst schnell und kostengünstig attraktive Videoinventare aufbauen. Im Native Advertising sehe ich großes Potenzial, Publisher dürfen dies aber nicht als Ausweg aus dem Bedarf nach Technologie und Daten begreifen. Im Bereich der Distribution von Unternehmensinhalten wird bereits massiv automatisiert und Unternehmen wie BuzzFeed zeigen eindrucksvoll wie datengetrieben Native Advertising Ansätze sein sollten um erfolgreich zu sein.

Die größte Herausforderung sehe ich abschließend in der Agilität der handelnden Organisation. Sowohl Werbekunden als auch Publisher und Agenturen tun sich schwer mit der Dynamik und der Unübersichtlichkeit des Marktes. Es erscheint mir als die größte Managementaufgabe die Organisation für dieses agile Marktumfeld fit zu machen und mit aufstrebenden, kleinen, agilen Playern mitzuhalten. Eine Buy-Strategie – wie sie z.B. Ströer betreibt -, wird für viele Publisher, Agenturen und Technologie-Dienstleister das Mittel der Wahl sein.

Sie moderieren unter anderem das Panel zum Thema „Publisher, Vermarkter und SSPs“ – was hat sich aus Ihrer Sicht für die Supply-Side im letzten Jahr am stärksten verändert und wohin geht der Trend in 2015?

Auf der Supply-Side sehe ich drei große Änderungen. Erstens, Facebook ist auch zur attraktiven Traffic-Quelle für Publisher geworden und hat damit eine Generation neuer Plattformen nach oben gespült, die neue Inventare zur Verfügung stellen. Zweitens, Konsolidierung. Wir reden nicht mehr nur von der Konsolidierung, sondern die Konsolidierung findet aktiv statt. Es wird immer wichtiger Marktmacht aufzubauen und eine kritische Größe zu erreichen, reine Kooperationen reichen hier nicht aus. Drittens, der Fokus der Publisher wechselt von Displayformaten und der Optimierung der Effizienz innerhalb dieser Formate zur Generierung neuer Formate. Ich kenne keinen Anbieter, der nicht an nativen Formaten arbeitet oder seine Videostrategien noch einmal ausbauen möchte. Hier wird es spannend zu sehen, wie schnell programmatische Technologien Verbreitung finden.

Als hauptberuflich lehrender Professor erzählen Sie uns doch mal bitte – ist die RTA-Branche attraktiv für Ihre Studenten, oder sind auch bei denen die Ressentiments gegen zielgerichtete Werbung stark?

Die Ressentiments sind weitaus geringer als man meinen könnte. Natürlich gibt es auch unter Studenten die Datenschutz-Skeptiker und AdBlock-Nutzer, doch mindestens genauso viele Studenten wünschen sich, dass die Werbung noch genauer auf sie ausgerichtet ist und sie entsprechend seltener aber dafür relevanter angesprochen würden. Bei Remarketing stört zum Beispiel die meisten Studenten nur, dass sie noch Produkte angezeigt bekommen, die sie zum Beispiel bereits erworben haben.

Eine große Herausforderung in der Branche sehe ich aber in einem anderen Bereich. Die Unternehmen der Medien- und Marketingbranche müssen für die Absolventen attraktiv bleiben. Millennials sind vielschichtig und anspruchsvoll. Man muss ihnen spannende, sinnvolle Aufgaben liefern und vermitteln, dass man als Unternehmen mehr als nur Profit im Auge hat. Die Aussicht auf Karriere und Geld ist nicht mehr ausreichend. Die Werbebranche darf diese Veränderung nicht nur gegenüber ihren eigenen Kunden predigen, sondern muss sich auch selbst an das neue Denken der nächsten Generation anpassen. Unternehmen, denen dieser Shift gelingt, werden mittelfristig einen signifikanten Wettbewerbsvorteil erhalten.

Vielen Dank für das Interview!


OnlineMarketing.de ist offizieller Medienpartner der d3con 2015. Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit den Event-Organisatoren entstanden. Interessierte können sich hier für die d3con anmelden. Außerdem organisiert OnlineMarketing.de die Aftershow-Veranstaltung des Events.

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