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AdTech-Pionier John Nardone über Tracking ohne Google ID, Ad Fraud und Innovation

AdTech-Pionier John Nardone über Tracking ohne Google ID, Ad Fraud und Innovation

Anton Priebe | 08.03.19

Vor 25 Jahren brachte er die ersten Werbeanzeigen online - heute spricht der CEO von Flashtalking mit uns über aktuelle Entwicklungen in der Branche.

John Nardone fand seinen Einstieg ins Marketing bereits 1988 bei Ogilvy & Mather. Nach Stationen bei Procter & Gamble und Pepsi war er Teil des Teams, das 1994 die ersten Werbebanner ins Netz gestellt hat. Damals legte er mit Modem Media den Grundstein für die heutige Online-Werbung. Seitdem beschäftigte sich Nardone insbesondere mit Marketing Mix Modelling bei MMA und baute die DMP [x+1] auf, die 2004 an Rocketfuel ging. Aktuell ist er CEO der Datenaktivierungsplattform Flashtalking. Darüber hinaus ist John der Branche als Mitgründer des Internet Advertising Bureaus bekannt.

Im Interview spricht John Nardone über die alten Zeiten und was sich in den vergangenen Jahren verändert hat. Er erklärt, welche Rolle Technologie bei Personalisierung spielt und wie die Branche mit Ad Fraud sowie Brand Safety umgehen sollte. Abschließend gibt John den CEOs noch seinen wichtigsten Tipp mit auf den Weg.

Interview mit John Nardone, CEO von Flashtalking

OnlineMarketing.de: Erzählen Sie doch bitte ein wenig über Ihre Rolle bei Flashtalking und wie Sie dorthin gekommen sind.

John Nardone: Heute bin ich CEO von Flashtalking, aber in der Online-Welt bin ich schon seit 1994 unterwegs, quasi mit der Geburt dieser Branche. G.M. O’Connell, der Begründer von Modem Media, der weltweit ersten Digitalagentur, rekrutierte mich von Pepsi. Er überzeugte mich davon, dass wir an der Geschichte der Werbung im digitalen Raum mitschreiben könnten und forderte mich auf: „Hilf mit, die Regeln für einen ganz neuen Teil der Branche zu gestalten und die Werbelandschaft zu transformieren.“ Das fand ich spannend. Er überzeugte mich mit der Idee, dass ich, wenn ich zu Modem wechseln würde, der David Ogilvy für das digitale Zeitalter werden könnte!

Als ich G.M. neulich auf einer Feier traf, war er überzeugt davon, dass sich erneut eine riesige Chance auftut: die Verbindung von Voice und Werbung, die abermals einen völlig neuen Zugang zum Werbemittel eröffnet. Nach meiner Zeit bei Modem war ich elf Jahre auf der analytischen Seite der Branche tätig. 2015 bin ich dann zu Flashtalking gekommen, weil mir die Kreation in der Werbung fehlte. Nun, da Machine Learning-gestützte Creative Analytics und sprachaktivierte Werbung Realität werden, glaube ich, dass wir an der Schwelle zu etwas Revolutionärem stehen. Ich bin sehr gespannt, herauszufinden, wohin uns der Weg in diesem Jahr führen wird.

Gab es für Sie in den letzten Jahren eine besonders bedeutende Entwicklung in Bezug auf Werbetechnologien? Wie hat sich dadurch Ihr Blick auf die Branche verändert?

Der Wegfall der Google ID brachte für Flashtalking erhebliche Veränderungen mit sich. Wir vertraten schon lange die Meinung, dass es möglich sei, dem Markt bessere Daten zu liefern als das, was Google geboten hat. In den letzten Jahren haben wir uns u.a. mit der Entwicklung von fTrack, einer Lösung für Cookieless-Tracking, auf Produkte konzentriert, die auf dem Glauben fußen, dass Werbetreibende selbst über bessere Daten verfügen und diese nutzen sollten.

Besonders die Nutzung der Google-Plattform war im Markt fest verankert. In den Kundengesprächen haben wir darum immer wieder festgestellt, dass die Menschen nicht bereit waren, Google nicht mehr zu nutzen. Jetzt stehen sie vor den vollendeten Tatsachen und die Auswirkungen sind enorm. Als im letzten Jahr in Europa die Google ID wegen der DSGVO wegfiel, ist in der Branche zunächst die gesamte Dateninfrastruktur zusammengebrochen.

Kunden waren gezwungen, ihre AdTech-Wahl zu überdenken, was sich für uns als ausgesprochen positiv herausgestellt hat. Werbetreibende und Agenturen schauen sich nun unsere datenbezogenen Innovationen und Produkte genauer an und sagen, „Wow, dieses Zeug ist wirklich differenziert.“ Für mich hat sich herauskristallisiert, dass wir was tun können und es hat uns ermutigt, bestimmter auf dem Markt aufzutreten und uns als echte Alternative zu behaupten.

Was glauben Sie, wie Marketing- und AdTech-Unternehmen Daten zukünftig für personalisierte Marketingmaßnahmen nutzen werden?

Wenn ich mit Kunden spreche, weise ich sie oft darauf hin, dass sie als Team viel Zeit aufgewendet haben, um ihre Kunden zu verstehen sowie herauszufinden, wo und wie man die Zielgruppe erreicht. Das Ziel jedes Kunden sollte es doch sein, seine First-Party-Daten sinnvoll mit den Daten von anderen Quellen zu kombinieren. Um erfolgreich personalisierte Werbung auszuliefern, müssen Kunden verstehen, in welchem Kontext und unter welchen Umständen die Zielgruppe Kontakt mit Werbung bzw. der Marke hat. Sie müssen außerdem in der Lage sein, die Werbebotschaft im Laufe der Zeit anzupassen, wenn sich Kontext und Umstände ändern. Unser Ansatz konzentriert sich auf diese vollständige Formel:

Wer + Kontext + Umstände + Zeit.

Wird dies mit dem Wissen kombiniert, welches Gerät gerade genutzt wird, ob Handy oder Desktop oder Tablet, dann erlaubt es viele Einblicke auf Kontext und Umstände. In den USA konzentriert sich unser Ansatz auf diese komplette Gleichung. In Europa sind wir aufgrund der DSGVO stärker eingeschränkt.

Diese Denkweise in eine Werbestrategie und ein Kreativkonzept zu integrieren, erfordert ganz neue Fähigkeiten. Bei den Kreativteams und den Kunden ist dieses Paradigma noch nicht vollständig angekommen. Um die Vorteile der Technologie vollumfänglich nutzen zu können, bedarf es eines Lernprozesses, dem sich Flashtalking verschrieben hat.

Werden wir eine Einigung über die Standards für Brand Safety und Ad Fraud sehen? Welche Präventivmaßnahmen können AdTech-Anbieter ergreifen, um Brand Safety-Probleme zu beseitigen?

Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich von diesen Problemen höre, denn es gibt so viele Tools für Brand Safety und gegen Betrug. Aber auch hier ist es eben so, dass das Werkzeug nur so gut ist wie der Anwender. Offen gesagt, denke ich, dass die Agenturen und die Kunden in diesem Zusammenhang wirklich nachlässig sind, weil sich die Agenturen nicht die Arbeit machen wollen, private Marktplätze zu kuratieren. Sie wollen in der Lage sein, im offenen Web zu surfen, schnell und einfach Dinge zu kaufen und sagen zu können: „Ich habe das Tech-Tool gekauft, also habe ich alles getan, was ich tun kann.“ Aber damit ist es eben nicht getan.

Es ist Fakt, dass es Menschen mit betrügerischen Absichten gibt, diese werden nicht verschwinden. Also müssen Agenturen und Kunden sich damit abfinden, mehr zu tun, als nur mit dem Kauf einer Technologie ein Kästchen abzuhaken. Sie werden Strategien entwickeln müssen, die sich auf die Inventarqualität konzentrieren. Meiner Meinung nach bedeutet das, einen Schritt zurückzugehen und sich zu fragen: „Wie schließe ich mit seriösen Publishern Verträge ab? Ich möchte nach wie vor programmatische Buchungen vornehmen, aber zumindest möchte ich wissen, mit wem ich Geschäfte mache.“ Ja, das ist mehr Arbeit.

Haben Sie Ratschläge für die CEOs und Marketingverantwortlichen von AdTech-Unternehmen?

Zumindest in unserer Branche würde ich sagen, innoviert, innoviert, innoviert. Man darf nicht für einen Moment aufhören, innovativ zu sein. Die Veränderungen kommen immer schneller. Um am Ball zu bleiben, muss man schnell sein.

Zweitens ist das „Produkt“ mehr als nur die Technologie, die zur Verfügung steht. Ihr Produkt umfasst sowohl das intellektuelle Kapital, um die Technologie zu nutzen, als auch die Menschen, die helfen, sie für Ihre Kunden nutzbar zu machen. Gerade im Marketing benötigen Kunden und Agenturen Support.

Vielen Dank für das Interview!

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