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Die DSGVO als Deckmantel: Wie Google sein wettbewerbsschädigendes Handeln tarnt

Die DSGVO als Deckmantel: Wie Google sein wettbewerbsschädigendes Handeln tarnt

Ein Gastbeitrag von John Nardone | 24.05.18

Statt Offenheit und Transparenz im Sinne der DSGVO zu bieten, schottet Google sein geschlossenes Ökosystem scheinbar weiter ab.

Am 27. April gab Google seine neuen verschärften Beschränkungen auf die Verwendung der DoubleClick-ID bei der Nutzung seines Datenübertragungsdienstes bekannt. Mit der Folge, dass sie für eventuelle Analysen unbrauchbar werden. Das US-Fachmedium AdExchanger kommentiert diese Maßnahme kritisch: Google erschwert Werbetreibenden eine unabhängige Sicht auf die Daten, die aus den Anzeigenkäufen im eigenen Ökosystem generiert werden.

Diese Einschränkungen und dessen weitreichende Auswirkungen für Werbetreibende und die Ad Tech-Community rechtfertigt Google mit der neuen EU-weiten Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Es scheint allerdings eher darum zu gehen, die Zugbrücke immer weiter hochzuziehen und die ohnehin schon enorme Marktmacht dahingehend zu nutzen, die hauseigene Werbetechnik noch mehr zu begünstigen. Erst Anfang April verkündete Google, unter dem Vorwand der Einhaltung der DSGVO-Richtlinien und des Datenschutzes, die Mediaschaltung und das Pixel-Tracking auf YouTube einzustellen.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Lasst euch nicht täuschen: Das ist wettbewerbsschädigend und wird keinem außer Google selbst nützen. Was als Segen für die Privatsphäre propagiert wird, ist ein schwerer Schlag für die Transparenz.

Seit dem 21. Mai 2018 gilt in Europa die Aussetzung von Third Party AdServing auf YouTube. Google prüft derzeit, ob dieses Vorgehen weltweit ausgeweitet werden soll. In der Zwischenzeit wird die Einstellung von Third Party Tracking – ein Schritt, der seit über einem Jahr in Planung ist – zum gleichen Zeitpunkt wirksam.

Werbetreibende könnten durch die Beschränkung der DoubleClick-ID bei Reichweiten- und Häufigkeitsmessungen von Google-Kampagnen, verglichen mit anderen Plattformen, übervorteilt werden, denn sie be- und verhindert die Multi-Touch-Attribution durch Drittanbieter – auf YouTube würde das Pixel-Tracking sogar komplett verbannt werden.

Keine Sorge, liebe Werbekunden… Auch hier ist Google längst vorbereitet und bietet seine eigene Attributionslösung in Google 360 sowie eine neue geräteübergreifende Tracking-Lösung für Werbetreibende in Form eines eigenen Ads Data Hub – beides gleicht einer Black Box. Google scheint entschlossen, seine Hausaufgaben selbst zu bewerten und Dritte konsequent daran zu hindern, diese zu überprüfen.

Das zunehmende Vertrauensdefizit

Die Sichtbarkeit und Verantwortlichkeit innerhalb des eigenen Ökosystems einzuschränken, sind bedauerliche Schritte von Google. Sie kommen zu einer Zeit, in der sich der Suchmaschinenriese bereits in einer Glaubwürdigkeitskrise mit Werbetreibenden, Publishern und der Öffentlichkeit sieht. Das Unternehmen operiert in einem zunehmend geschlossenen Ökosystem, doch seine Möglichkeiten, die Benutzerdaten zu schützen und Brand Safety zu garantieren, sind weiterhin in Frage gestellt.

Nun benutzt Google die DSGVO als bequeme Entschuldigung für Änderungen, von denen sie wissen, dass diese schlecht für Werbetreibende sind und möglicherweise einen weiteren wettbewerbswidrigen Missbrauch der eigenen Macht darstellen.

Die Branche wurde vor kurzem von der Entscheidung seitens Facebook überrascht, Daten von Drittanbietern für Werbezwecke zu sperren, und das nachdem sie selbst eine massive Datenschutzverletzung begangen hatten. Auf den ersten Blick könnte man die Schritte von Google als Lehre aus dem Handeln des Duopol-Kollegen verstehen – die Umstände sind allerdings ganz anders.

Google ist fest entschlossen, sein System weiter abzuschotten, anstatt für Vertrauen und Transparenz zu werben.

Selbstverständlich gibt es betrügerische Marktteilnehmer und ja, Google hat die Pflicht, solche aus seinem Walled Garden fernzuhalten. Nun jedoch zu behaupten, sie können den Unterschied zwischen den schlechten und den guten Akteuren nicht erkennen, ist ein Schlag ins Gesicht für jene Experten, die in diesem Feld arbeiten. Die guten, etablierten Anbieter haben eine lange Historie als solide Branchenakteure – zusammen mit namhaften Kunden, die dies belegen. Googles Versäumnis, diese zu akzeptieren, spricht Bände über die wahre Absicht das eigene Ökosystem weiter zu schließen.

Der Wettbewerb läuft Sturm und die Forderungen werden lauter

Unsere Branche verliert langsam aber sicher das Vertrauen in den größten Akteur. Der Rückzug der Werbegemeinschaft befindet sich erst am Anfang. Doch das Unverständnis über diese Entwicklungen auf Kunden- und Agenturseite wächst stetig und wer den Markt beobachtet, kann erkennen, dass der Rückzug geschieht. Google reagiert entsprechend auf diese Entwicklung und weiß zu genau, dass Werbetreibende zunächst jammern und dann doch Zähne knirschend bleiben werden. Die Abhängigkeit ist zu groß, um sich komplett von ihnen abzuwenden. Es gibt Gespräche – unter Marken, Agenturen, Publisher und der gesamten Ad Tech Community – über die Dringlichkeit, die Abhängigkeit von Google auf lange Sicht zu reduzieren. Die Buy-Side wächst.

Es ist für Google noch nicht zu spät, den Verlauf der Geschichte zu ändern. Eine Kehrtwende wird allerdings nicht gelingen, wenn sie sich weiter von der Werbegemeinschaft abschotten. Der Weg nach vorn muss, wie in so vielen Branchen, offen und transparent sein. Das beinhaltet auch die Aufnahme legitimer Branchenakteure, die seriöse Werbetreibende unterstützen und ihnen die Möglichkeit bieten, Service und Kontrolle innerhalb der Google-Mauern zu erlangen. Es kann Regeln geben, denn Daten können und müssen geschützt werden. Werbetreibende müssen dafür in der Lage sein, mit weiteren Partnern zusammenzuarbeiten, um Google für die Milliarden von Dollar, die sein Ökosystem durchlaufen, zur Rechenschaft ziehen zu können.

Google kann seine Aktivitäten nicht mehr weiter verschleiern und Mitbewerber blockieren. Sie müssen ein neues Kapitel aufschlagen und Partner wie auch Mitbewerber miteinbeziehen. Nur so können sie transparent, rechenschaftspflichtig und – am wichtigsten – vertrauenswürdig werden.

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