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Social Media Marketing
Content Marketing: Gated oder Ungated, das ist hier die Frage

Content Marketing: Gated oder Ungated, das ist hier die Frage

Ein Gastbeitrag von Mukund Ramachandran | 11.03.19

Mit welcher Content-Strategie erreichst du deine Kunden? Ein Experiment klärt, wie sich die Entscheidung auf eure Lead-Generierung auswirkt und was ihr verbessern müsst.

Gated oder Ungated Content ist eine uralte Debatte im Content Marketing, bei der es zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen gilt. Mit reinem Lehrbuchwissen kommen Marketer bei dieser Entscheidung oft nicht weiter. Deshalb werden in diesem Beitrag nicht nur die Vor- und Nachteile von Gated und Ungated Content aufgezeigt. Es werden die Hauptmotivatoren beider Seiten herausgebrochen und mit den Ergebnissen unseres eigenen Experiments verglichen. Wir decken spannende Zusammenhänge zwischen Content Gating und dem Lead Nurturing-Prozess auf, über die ihr möglicherweise noch nicht nachgedacht habt. Zum Schluss werden euch weitere Optionen dargelegt, die euch bei der Ansprache und Pflege von Leads helfen.

Pros & Cons

Jedes Unternehmen, das eigene Inhalte produziert, muss sich zwangsläufig fragen, wie diese Inhalte den Usern zur Verfügung gestellt werden. Soll man interessierten Besuchern Ungated Content bieten, die Inhalte also frei zugänglich für jeden machen? Oder ist es effizienter die Inhalte nur im Austausch gegen Informationen anzubieten? Besucher müssen dann beispielsweise ein Frageformular ausfüllen, bevor sie die Inhalte herunterladen können.

Als Leiter eines Marketing-Teams kenne ich diese Debatte nur zu gut. Sie war ein wiederkehrendes Thema bei unseren wöchentlichen Meetings und wurde immer wieder für verschiedene Inhalte wie Fallstudien, Reports oder Leitfäden diskutiert. Natürlich gibt es auf beiden Seiten gültige Argumente. Ein paar davon haben sich in der langen Debatte behauptet. Hier sind sie auf einen Blick zusammengefasst:

Die wahren Beweggründe

Auch wenn man alle Argumente fein säuberlich einander gegenüberstellt, beantwortet das leider noch nicht die Frage, welche Content-Strategie für euer Unternehmen am sinnvollsten ist. Dazu ist es nötig, die individuellen Marketing-Ziele in die Beurteilung einfließen zu lassen. Im Prinzip haben wir zwei Beweggründe, die eine essenzielle Rolle für euer Content Gating spielen.

1. Verschlüsselte Inhalte zur Lead-Generierung

Lead-Generierung ist für jedes Unternehmen, das Beziehungen zu neuen oder bestehenden Kunden aufbauen möchte, von entscheidender Bedeutung. Durch die Frageformulare sammelt ihr Informationen der Besucher, die mit eurer Marke interagieren und offenbar Interesse an euren Inhalten haben. Durch die Identifizierung kann diese Gruppe in den Lead Nurturing-Prozess aufgenommen werden.

Ein paar einfache Fragefelder können den entscheidenden Unterschied machen, wenn es darum geht einen Besucher zu klassifizieren und in einen Kunden zu verwandeln. Wir wollen die Hürde so niedrig wie möglich halten und verlangen daher nur drei simple Informationen von unseren Besuchern: Name, Firma und E-Mail.

2. Frei zugängliche Inhalte zur Steigerung der Brand-Awareness

Kein Zweifel – durch frei zugängliche Inhalte kommen eure Besucher leichter an die Informationen, die sie interessieren, die Bekanntheit eurer Marke wird gesteigert und ihr erreicht ein größeres Publikum. Wenn also euer Hauptziel darin besteht, mehr Klicks auf eure Inhalte zu bekommen, ist das ein klares Argument für Ungated Content. Die Idee dahinter ist, dass eure Marke mit all den nützlichen Informationen erst einmal in Vorleistung geht und später dafür belohnt wird, indem sich die Leser in relevanten Momenten an eure Marke erinnern und Entscheidungen zu euren Gunsten treffen. Je größer das Publikum ist, desto besser stehen die Chancen, dass sich die erbrachte Vorleistung auszahlt.

Während Lead-Generierung also ein klares Argument für Gated Content darstellt und Brand-Awareness für Ungated Content stehen, gibt es noch ein paar andere Dinge, über die ihr nachdenken solltet, bevor ihre eine Entscheidung für eure Content-Strategie trefft.

Kosten/Nutzen-Relation

Die Entscheidung über eure Content-Strategie hängt auch von ganz pragmatischen Gesichtspunkten ab. Welche Ressourcen stehen eurem Unternehmen zur Verfügung? Das wiederum ergibt sich aus der Größe und der finanziellen Situation des Unternehmens. Für gewöhnlich nehmen kleine Firmen ein größeres Risiko auf sich, wenn sie ihre Inhalte frei zur Verfügung stellen und auf die Kontaktinformationen potentieller Kunden verzichten. Bei wenigen Ressourcen und kleinem Budget sollten die Inhalte nicht allein zur Steigerung der Brand Awareness investiert werden. Denn es ist zweifelhaft, ob sich diese Investitionen auf kurze Sicht bezahlt machen.

Mehr Ungated Content als man denkt

Auch wenn ihr eure Fallstudien, Reports oder Webinare mit Frageformularen verschlüsseln wollt, produziert ihr vermutlich eine ganze Reihe an wertvollen Inhalten, die frei zugänglich sind. Das können Blogbeiträge zum Thema Thought Leadership, Videos, Infografiken, Anleitungen und vieles mehr sein. Macht euch das bewusst und setzt diese Inhalte noch besser in Szene. Springt auf neue oder aktuelle Themen auf, vertretet eine spezielle Sichtweise in einer Diskussion, bietet eurer Zielgruppe Unterhaltung oder exklusive Inhalte, die sie woanders nicht finden. Denn guter Ungated Content kann ebenfalls vielversprechende Besucherinteraktionen wie Demo-Anfragen, Newsletter-Abonnements usw. liefern.

Besucher erwarten kostenlose Inhalte

Ein Gegenargument zu Gated Content ist die Erwartungshaltung der User. Heutzutage sind die Leute gewohnt, Inhalte frei nutzen zu können. Ob nun Online-Navigationsdienste oder Unterhaltung auf Streaming-Plattformen, im Informationszeitalter gibt es überall kostenlose und frei zugängliche Inhalte. Also erwarten eure Besucher das auch von eurer Marke. Wenn die Bedürfnisse nicht schnell genug erfüllt werden, sucht der User woanders und ist schneller weg, als ihr Ungated sagen könnt.

Ein eigenes Experiment aufsetzen

Bis zu unserem Experiment hatten wir unsere Fallstudien, Reports und Leitfäden ausschließlich als Gated Content mit einem Frageformular angeboten. Wir wollten diese Besucherdaten unbedingt haben um sie in unsere Lead Nurturing-Prozesse einzufügen.

Die Hürde bei dem Gated Content wollten wir so niedrig wie möglich halten und verlangen daher nur drei einfache Informationen in unseren Frageformularen: Vollständiger Name, E-Mail-Adresse und Firmenname.

Um herauszufinden, welche Content-Strategie für unsere Marke die richtige ist, haben wir ein kontrolliertes Experiment über einen längeren Zeitraum durchgeführt. Da wir davon ausgegangen sind, dass verschiedene Inhalte verschiedene Zwecke für unsere Besucher erfüllen, haben wir zwei separate Experimente entwickelt: eines fokussierte sich auf unsere Leitfäden und Reports und ein anderes auf unsere Fallstudien.

In jedem Experiment wurden 50 Prozent unserer Besucher auf Landing Pages mit Gated Content geleitet, während die anderen 50 Prozent eine Version mit freiem Download zu sehen bekamen. Bei der Version mit frei zugänglichem Content ersetzten wir das Frageformular durch einen Call-to-Action-Button mit der Nachricht “No email required”. Den Besuchern sollte sofort klar sein, dass dieser Download Button ohne Angabe von Informationen funktioniert.

Hier seht ihr eine Gegenüberstellung der beiden Landing Pages:

Version A: Gated Content

Version B: Ungated Content

Unsere Haupthypothese

Besucher, die zuerst ein Frageformular ausfüllen müssen, brechen eher den Download-Prozess ab als Besucher, die freien Zugriff auf die Informationen haben. Insgesamt laden mehr Besucher Ungated Content herunter als Gated Content.

Doch nur für diese Erkenntnis haben wir den Test nicht durchgeführt. Die viel interessantere Frage für uns war, ob das Fehlen des Frageformulars andere Nebeneffekte oder Auswirkungen auf Metriken wie Demo-Anfragen haben würde.

Die Ziele unseres Experiments

  1. Unterschiedliche Entwicklung der Click-Through-Rates (CTR) nachweisen.
  2. Nachfolgendes Wachstum der Demo-Anfragen den Versuchsgruppen zuordnen.

Unser Ergebnis

Nach 144 Tagen erreichten unsere Messungen eine statistische Signifikanz und wir konnten mit der Analyse beginnen. Dadurch konnten wir einige interessante Zusammenhänge aufdecken.

Zunächst sahen wir, dass die Downloads von Fallstudien bei der Gruppe Ungated Content um 62 Prozent höher waren als bei der Gruppe Gated Content. Die Downloads der Leitfäden und Reports waren bei der Gruppe Ungated Content um 15 Prozent höher als bei der Gruppe Gated Content. Besucher, die auf eine Landing Page mit Ungated Content geleitet wurden, neigten also eher dazu, unsere PDF-Dateien herunterzuladen. Damit war unsere Haupthypothese bestätigt.

Bemerkenswert sind allerdings die Zusammenhänge zwischen Downloadverhalten und Demo-Anfragen. Denn Besucher, die ein Frageformular für den Download einer Fallstudie ausgefüllt hatten, neigten mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99 Prozent eher dazu, auch eine Demo-Anfrage zu stellen. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass Besucher, die bereit sind das Frageformular auszufüllen, wirklich mit unserer Marke in Kontakt treten wollen – und somit ist das Ausfüllen des Frageformulars auch ein wichtiger Indikator in unserem Lead Nurturing-Prozess. Bei den Downloads der Leitfäden und Reports haben wir für die Gruppe Gated Content vier Prozent mehr Demo-Anfragen festgestellt. Diese Zahl war jedoch nicht signifikant.

Unsere Entscheidung im Content Gating

  • In Bezug auf Fallstudien: Wir möchten, dass mehr Menschen unsere Fallstudien lesen und der Anstieg um 62 Prozent bei der Gruppe Ungated Content ist immens. Deshalb haben wir uns entschlossen, unsere Fallstudien für alle Besucher frei zugänglich zu machen. Außerdem haben wir am Ende jeder Seite der Fallstudien ein Formular für eine Demo-Anfrage angefügt. Sodass die Leser unserer Fallstudien ermutigt werden, mit uns Kontakt aufzunehmen. Durch diese Änderungen erhoffen wir uns, dass mehr Menschen unsere Fallstudien lesen und zusätzlich mehr Demo-Anfragen gestellt werden.
  • In Bezug auf Leitfäden und Reports: Da die Auswirkungen des A/B-Tests in diesem Experiment nicht eindeutig waren, haben wir beschlossen, alle Leitfäden und Reports hinter einem Frageformular verschlossen zu halten. Es ist noch unklar, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Herunterladen von Leitfäden und Reports und den Demo-Anfragen gibt. Solange das der Fall ist, wollen wir wissen, wer unsere Leitfäden herunterlädt und haben weiterhin die Möglichkeit in direkten Dialog mit diesen Besuchern zu treten.

Ihr könnt Besucher auch anonym tracken

Der Hauptgrund, warum Unternehmen nicht auf Frageformulare verzichten wollen, sind die wertvollen Kontaktinformationen, die sie zur Lead-Generierung benötigen. Doch es gibt Möglichkeiten, unbekannte Besucher zu identifizieren, ohne dass diese ein Frageformular ausfüllen müssen. Anonymes Besucher-Tracking erlaubt es Marketern umfassende Besucherprofile zu erstellen.

Nur zwei bis drei Prozent unserer Website-Besucher geben ihre E-Mail an, doch das heißt nicht, dass wir nichts über die anderen knapp 98 Prozent wissen können. Durch verschiedene Techniken wie Cookie Matching, Erfassen von Surfgewohnheiten, umgekehrter IP-Identifikation, Data Onboarding oder Contextual Targeting können Marketer die anonymen Besucherprofile mit wichtigen Informationen bestücken und somit auch diesen Besuchern ein personalisiertes Online-Erlebnis bieten.

Jetzt zu euch

Daten geben uns nicht immer einen klaren Weg vor. Die Entscheidung wie wir dieses neue Wissen einsetzen, liegt immer bei uns. Durch unsere Experimente kann ich nun begründbare Entscheidungen über unser Content Gating zu treffen. Ich weiß, welche unserer Inhalte stark von Frageformularen beeinflusst werden und welche Zusammenhänge es mit unseren Demo-Anfragen gibt. So kann ich einen Mix aus Gated und Ungated Content erstellen, der perfekt auf das Verhalten unserer Besucher abgestimmt ist.

Jetzt seid ihr an der Reihe, eigene Experimente durchzuführen. Das Verhalten der Besucher variiert von Marke zu Marke. Daher können die Ergebnisse anderer Experimente nicht auf das eigene Unternehmen bezogen werden. Seid skeptisch gegenüber alten Handlungsweisen und erhebt eure eigenen Daten, um eigenen Schlüsse zu ziehen! Zusammenhänge zwischen den Downloads eurer Inhalte und anderen Stufen im Lead Nurturing-Prozess dürfen nicht vermutet werden, ihr müsst sie belegen. Besonders spannend ist es, eure Inhalte zu kategorisieren und getrennt zu betrachten. Hier könnten Überraschungen auf euch warten.

Kommentare aus der Community

Niklas Lewanczik am 15.03.2019 um 08:32 Uhr

Die Auslegung von Art. 7 – insbesondere Abs.4 – DSGVO lässt unserer Meinung nach Raum für Interpretationen. Hierzu finden sich viele diverse Meinungen.

Auf unsere Nachfrage beim BVDW erklärte uns der Experte, dass aus Sicht des Verbands durch
Art. 7 Abs. 4 kein „hartes Kopplungsverbot per se“ enthält. Demnach sei ein Incentive gegen die Hergabe der E-Mail-Adresse nach wie vor möglich. So heißt es weiter:

„Es wird keine anderweitige Kopplung hergestellt, anders als etwa bei Erwerb einer Ware gegen Geld und dort die Bedingung, zusätzlich eine Werbeeinwilligung zu erteilen. Erwägungsgrund 42 a.E. steht da aus unserer Sicht in keinem Falle entgegen.“

Dies nur als ergänzende Perspektive.

Die genaue Formulierung des Artikels findet ihr hier:

https://dsgvo-gesetz.de/art-7-dsgvo/

Beste Grüße

Antworten
Sabine Küsters am 11.03.2019 um 16:19 Uhr

Verstößt man nicht nach der aktuellen DSVGO gegen das Kopplungsverbot, wenn man Freebies “gated“ d.h. nur gegen Kontaktdaten-Herausgabe von den Usern zum Download bereitstellt?
Meines Erachtens ist es eine erzwungene Einwilligung und damit nicht DSVGO konform.
Anders sieht es aus, wenn man den gleichen “Gated Content“ alternativ dazu auch kostenpflichtig zur Verfügung stellt ohne Kontaktdaten-Abfrage z.b. mit Bezahlung über PayPal. Solange der User die Wahl hat, ist es meiner Meinung nach DSVGO konform, ansonsten eigentlich nicht oder?
Gruß
Sabine Küsters

Antworten
Michael Brütsch am 12.03.2019 um 08:29 Uhr

Meiner Meinung nach hat das Kopplungsverbot nichts mit Gated Content (oder dem Lead Magnet) zu tun.

Was mit diesem Kopplungsverbot erreicht werden soll (und was ich z.B. hier: https://datenschutzbeauftragter-hamburg.de/2017/04/strengeres-koppelungsverbot-nach-der-ds-gvo/ oder hier: https://www.it-recht-kanzlei.de/faq-datenschutz-grundverordnung.html#abschnitt_51 herauslese und was auch völlig sinnvoll ist), ist dass man sich nicht mit einer Datenschutz-Checkbox den Freifahrtsschein für alle zukünftigen Werbeaktionen einholen kann.

Also diese 2 typischen Beispiele:
1. Dass ich nicht mehr massenweise E-Mail-Adressen per „Gratis“ Gewinnspiel sammeln darf, und diese dann mit völlig irrelevanten Spam-Mails (aka „Newsletter“) zumülle oder gar weiterverkaufe.
2. Dass man beim Kauf in einem Online Shop nicht automatisch den Newsletter aufgebrummt bekommt, sondern diesen selber aktiv auswählen kann (aber nicht muss!).

Dieses konkrete Beispiel wird übrigens am häufigsten erwähnt: Die Entkoppelung vom Einkauf und der gleichzeitigen automatischen Pflicht-Newsletter-Anmeldung ohne aktive Einwilligung.

Aber wie gesagt, das ist nur meine Meinung (nachdem ich einen in der Schweiz relativ beliebten 3’900 Wörter Artikel dazu geschrieben habe: https://8020webdesign.ch/dsgvo-vernuenftig-umsetzen/), rechtlich bleibt natürlich alles etwas schwammig :-)

Beste Grüsse aus der (ebenfalls DSGVO betroffenen) Schweiz,
Michael Brütsch

Antworten
Michael Holzinger am 11.03.2019 um 22:55 Uhr

Interessante Frage. Sehr interessant sogar. Die wohl bislang gar nicht zu Ende gedacht wurde, auf Gesetzgeber-Seite. Wie noch viele weitere Einzelfälle aus der realen Praxis, die längst noch zu prüfen wären.

Bin auf mögliche Antworten hier gespannt.

MfG Michael Holzinger

Antworten
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