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Technologie
Alexa, Siri & Co. – Wie unsere digitalen Mitbewohner das Marketing auf den Kopf stellen

Alexa, Siri & Co. – Wie unsere digitalen Mitbewohner das Marketing auf den Kopf stellen

Ein Gastbeitrag von Patrick Benner | 25.04.19

Wer ist Mitbewohner, Kumpel und Türsteher in einem? Richtig: Siri, Alexa, Cortana & Co. Sprachassistenten sind klar auf dem Vormarsch und definieren die Beziehung von Menschen zu Marken völlig neu.

Termine koordinieren, Musik anschalten und Bestellungen erledigen: Bereits jeder vierte Haushalt in Amerika organisiert den Alltag mit Alexa, dem Sprachassistenten von Amazon. Auch hierzulande soll bis zum Jahr 2020 die Hälfte aller Suchanfragen ohne Bildschirm erfolgen. Überhaupt hält Künstliche Intelligenz (KI) immer selbstverständlicher Einzug in unser Leben. Statt Antworten zu googeln und Smartphone-Apps zu nutzen, lassen wir uns von unseren digitalen Mitbewohnern erzählen, wie das Wetter wird, was gerade in der Welt passiert oder dass wir demnächst neue Glühbirnen besorgen sollten. Alexa übernimmt auch gleich die Bestellung und wird so zum digitalen Rundum-Service, der uns mit jeder neuen Anfrage näher kennenlernt und dadurch immer besser hilft. Für Werbetreibende ist das natürlich hochinteressant. Denn was heißt es eigentlich für Marken, wenn KIs zukünftig wie Marktschreier fungieren und gleichzeitig bestimmen, welche Glühbirne im digitalen Warenkorb landet?

Nicht Alexa, sondern den Kunden überzeugen

Online-Recherche zu Produkten kann richtig lästig sein. Besonders bei ‚Low Involvement Products’ wie Deorollern oder Batterien haben Menschen die Qual der Wahl. Während sich User aktuell noch durch unzählige Suchtreffer scrollen, unterbreitet Alexa exakt einen Vorschlag. Weitere Produktempfehlungen trifft die KI nur auf Anfrage, wenn etwa die erste Offerte nicht auf Gegenliebe trifft. Die Menschen müssen und können so nicht einfach aus unzähligen Angeboten wählen.

Viele Unternehmen stehen damit aber vor echten Herausforderungen. Denn berücksichtigt die KI die Marke im Auswahlprozess nicht, landet sie seltener im Warenkorb. Fragt der Nutzer Alexa beispielsweise nach einem beliebigen Duschgel, ist die Wahrscheinlichkeit von Alexa vorgeschlagen zu werden, eher gering. Und hierauf haben Marken wenig Einfluss, denn die Mechanismen, die hinter Alexas Produktauswahl stehen, sind bisher nicht vollständig bekannt. Daher gilt es, die eigene Marke im Relevant Set der Kunden zu verankern, sodass nur noch die bereits getroffene, konkrete Produktentscheidung an den digitalen Mitbewohner weitergeben wird. Wenn also der Konsument an diesem Punkt der Customer Journey bereits weiß, dass die morgendliche Routine mit dem Duft des neuen AXE Duschgels starten soll, wird er die Anfrage im Dialog mit dem Sprachassistenten klar formulieren. Klassische Marken, über die schon jetzt als Gattungen gesprochen wird, sind hier natürlich klar im Vorteil. Versteht Amazons Assistentin den Befehl „Alexa, bestell mir ein paar Tempos!” also als Aufforderung, Papiertaschentücher zu kaufen oder schon als konkrete Markenentscheidung?

Doch auch jüngere Marken haben den Shift, als Gattung wahrgenommen zu werden, durch gelungenes Brand Building erreicht: GoPro wird oft synonym für „Action Cam“ verwendet und „Bionade“ ersetzt nicht selten umgangssprachlich die „Bio Brause“. Beide Marken verdanken ihren Status sicherlich auch dem Umstand, jeweils als erste die Produktgattung ins Mindset der Masse gebracht zu haben – Pionierarbeit zahlt sich immer aus. Auch Marktführerschaft hilft, im Relevant Set zu erscheinen: Wem fällt auf Anhieb ein Konkurrent von O.B. in der Tampon-Sparte ein? Gewonnen haben Marken, wenn den Konsumenten der eigentliche Gattungsbegriff gar nicht mehr geläufig ist. Besonders im englischsprachigen Raum liegt hier die „Coke“ klar vorne – selbst wenn man eine Pepsi will. Oder im pharmazeutischen Bereich die Marke Valium – wie hieß der Wirkstoff noch gleich? Es gilt also, den Konsumenten zu überzeugen, nicht den Sprachassistenten. Der Weg dahin führt in den meisten Fällen über gelungenes Brand Building.

Die Rückkehr der natürlichen Sprache

Experten sind sich einig, dass Tastaturen in den nächsten 15 Jahren weitestgehend verschwinden werden und Sprache die Kommunikation mit digitalen Medien dominieren wird. Das bringt altbewährte SEO-Taktiken durcheinander. Denn während eingetippte Suchbegriffe für gewöhnlich unspezifische Keywords sind, funktioniert Sprache intuitiv. Das wirkt sich auch auf die Interaktion mit Sprachassistenten aus: Laut Amazon sind die Hälfte aller an Alexa gestellten Fragen keine praktischen – wie Anfragen nach dem Wetter, Produkten oder weiteren Informationen. Menschen teilen mit der KI Erlebnisse, Wünsche und Gefühle, wie „Okay Google, ich bin Onkel geworden“. Und nach einer Untersuchung von Google fühlt sich der Dialog mit Sprachassistenten für 41 Prozent der Nutzer so an, als rede man mit einem Freund. Siri, Alexa, Cortana & Co. sollen unsere Kumpel werden, die in unser Zuhause vordringen und bei jeglichen Lebensentscheidungen unterstützen. Im Gegensatz zur Google-Recherche stellen User den Sprachassistenten daher oft W-Fragen und schlagen einen viel umgangssprachlicheren Ton an. Anstelle „Sonnenuntergang heute“ in ein Suchfeld zu tippen, kommt die Frage „Alexa, wann geht heute die Sonne unter?“. Eben wie im Gespräch mit einem Freund fragt der Nutzer mit ausformulierten Sätzen um Rat.

Welche Fragen ihre Kunden umtreiben, ist daher für Marken super relevant. Die dazu passenden Antworten können beispielsweise in Form von FAQs, How-Tos oder inhaltstarken Artikeln über Siri und Alexa ins Ohr der Kunden gelangen und so das eigene Unternehmen ins Bewusstsein der User rücken. Hersteller von Spirituosen können zum Beispiel darauf spekulieren, dass Konsumenten den digitalen Assi nach Cocktailrezepten fragen. Das auf der Markenwebseite erhältliche Rezept sollte so aufbereitet sein, dass der Titel eines Rezepts nicht einfach „Moscow Mule“ lautet, sondern bereits die potenzielle Frage des Konsumenten wiedergibt: „Wie mache ich einen Moscow Mule?“. Ferner bietet es sich an, den Inhalt so zu gestalten, dass er vorgelesen funktioniert. Statt also Zutatenliste und Anleitung zu trennen, wie man es aus Kochbüchern kennt, empfiehlt es sich, im voice-optimierten Rezept so konkret wie möglich zu sein: Man vermischt nicht „Wodka mit Limettensaft“, sondern „6cl Wodka Gorbatschow mit 1cl frisch gepresstem Limettensaft und 9cl Ginger Beer“. Schließlich soll Alexa nicht ständig zwischen Zutaten und Zubereitung springen müssen.

Für viele Unternehmen bedeuten entsprechende Optimierungen aber erst einmal viel Arbeit. Denn: Bisher sind optimierte Keywords das Zentrum jeder guten SEO-Strategie. Dialogtauglichen Content müssen viele Marken hingegen erst noch produzieren.

Fürs Brandbuilding schon heute wichtig

Im Voice Marketing sind noch viele Fragen offen. Wird sich Alexa beispielsweise auch für Marken öffnen, die nicht bei Amazon erhältlich sind? Welche Rolle werden Verpackungen und der stationäre Point of Sale noch spielen? Und was passiert mit DM, Aldi und Co, wenn der Sprachassistent sich um die Einkäufe kümmert?

Große Teile unseres digitalen Alltags werden weiterhin mit Bildschirmen funktionieren. Sicher ist aber auch, dass Sprachassistenten heute schon als Gatekeeper für Informationen und Werbung fungieren – diese Rolle wird in Zukunft noch weiter zunehmen. Die notwendigen Maßnahmen, um als Marke auf den digitalen Türsteher zum Kunden zu reagieren, spielen dem Brandbuilding heute schon in die Karten. Deshalb müssen sich Unternehmen jetzt mit dem Thema auseinandersetzen. Immerhin spricht gerade die junge Generation schon selbstverständlich mit Siri & Co. Nicht mehr lange und diese Zielgruppe erledigt ihren Wocheneinkauf selbst. Mit Sprachassistent versteht sich.

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