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Programmatic Advertising
Es gibt jetzt einen Pranger für Klickbetrug: AdFraud.io

Es gibt jetzt einen Pranger für Klickbetrug: AdFraud.io

Anton Priebe | 13.12.18

AdFraud.io bietet dir die Chance, anonym vermeintlichen Betrug bei der Videowerbung öffentlich zu machen.

Mit AdFraud.io geht eine Website online, die Transparenz in das Thema Werbebetrug bringen soll. Die Seite gibt jedem die Möglichkeit, Fraud zu melden und setzt die Marktteilnehmer unter Druck.

Digitaler Pranger für Fraud bei Videowerbung

AdFraud.io betitelt sich selbst als „Initiative gegen Werbebetrug“. Die Macher der Website bleiben derweil anonym, was bei einem solch heiklen Thema verständlich ist. Die Seite wurde laut Whois-Abfrage am 30. November von Panama aus angemeldet und läuft über NameCheap. Auf der „Über uns“-Seite heißt es lediglich, dass hinter der Initiative ein „Team aus Branchenexperten“ steht. Die Mission ist so simpel formuliert wie hart umzusetzen: Aufklärung durch Transparenz.

AdFraud.io hat sich auf Videowerbung fokussiert. Ob andere Formate angekreidet werden können, bleibt zunächst unklar. Noch finden sich nur eine handvoll Fälle, die übersichtlich mit Namen der jeweiligen Kunden, Agenturen, Anbieter, Publisher und Werbeformaten aufgelistet sind. So lernt der Besucher unter anderem hier, dass die HUK Coburg aktuell die Omnicon-Tochter OMD für nicht sichtbare Werbevideos auf fragmutti.com bezahlt. Für die Ausspielung ist Teads verantwortlich.

Screenshot der Website AdFraud.io

Jeder der derzeit 15 Fälle ist fein säuberlich dokumentiert und mit Beweisvideos sowie knappen Lösungsvorschlägen angereichert. Dabei geht es bislang immer um die fehlende Sichtbarkeit bei der Ausspielung der Werbung. Vereinzelt handelt es sich auch um mehrfache Viewzählung oder ähnliches. Die Macher geben den Akteuren in den einzelnen Fällen die Möglichkeit Stellung zu beziehen.

Bringen die Initiatoren einen Stein ins Rollen?

AdFraud.io wirkt zunächst wie eine bunte Sammlung an technischen Fehlern bei der Ausspielung von Videokampagnen. Inwiefern es sich hierbei tatsächlich um Betrug im eigentlichen Sinne handelt, bleibt fraglich. Invalid Traffic trifft es bisher wahrscheinlich besser. Auch das Ausmaß des Schadens ist von außen nicht abzuschätzen. Das Prüfverfahren selbst bleibt intransparent und als Experte kann sich jeder bezeichnen.

Fraud-Experte Jochen Schlosser, Chief Strategy Officer bei Adform, beurteilt die Website kritisch:

Derzeit sammelt die Beschwerdeplattform AdFraud.io handwerkliche Fehler im Rahmen des Kampagnensetups. In komplexen Kampagnen kann soetwas passieren, auch ohne böse Absicht und zwar jedem. Hinzu kommt, dass von außen natürlich immer schwer einzuschätzen ist, welche Absprachen zwischen Publisher, Advertiser und auch Agentur getroffen worden sind. Das ganze per se Fraud, also Betrug, zu nennen und hiermit Absicht und kriminelle Energie zu unterstellen, ist nicht in Ordnung. Richtiger Betrug, den wir unter Namen wie Hyphbot oder 3ve kennen, ist etwas vollkommen anderes. Ob die Seite solche Fälle inklusive detaillierter technischer Whitepaper verfügbar macht, wird sich zeigen. Nur dann wird es einen echten Mehrwert im Kampf gegen Adfraud geben.

Auch der Justiziar Michael Neuber vom BVDW zeigt sich wenig begeistert und ergänzt:

Das Portal verletzt die geltenden Datenschutzbestimmungen, allein schon weil kein offizieller Betreiber ersichtlich ist. Der BVDW hat einen Teil seiner Mitglieder zu diesem Portal informiert, betroffene Mitglieder sollten sich dazu mit ihren Anwälten in Verbindung setzen.

Doch ob Absicht oder nicht, kleine oder große Auswirkungen – es geht um die grundlegende Diskussion, dass bei der Videowerbung Geld verbrannt wird und Handlungsbedarf entsteht. Ohne saubere Auslieferung verschenkt der Kunde im Endeffekt Budget an die Mediaagentur, den technischen Dienstleister sowie den entsprechenden Publisher. Die Macher gehen damit ein Thema an, das sonst lieber unter den Tisch gekehrt wird. Denn wer will schon zugeben, dass bei aller programmatischen Revolution und Messbarkeit immer noch Probleme auftauchen? Programmatic ist schließlich die Zukunft des Advertising.

Regelmäßig werden Botnetzwerke enttarnt, die Millionen, wenn nicht gar Milliarden Euro Schaden anrichten. Natürlich könnte es sein, dass die Seite dazu genutzt wird, um Mitbewerber anzuschwärzen. Aber sie gibt dem Fraud immerhin eine Plattform. Ob sie aktiv zum Einsatz kommt, bleibt abzuwarten. Die Initiative setzt darauf, dass die Fälle gemeldet werden und nur, wenn die Marktteilnehmer die Website ernst nehmen, kann daraus etwas Größeres entstehen. Das Potential ist da – die Branche fordert selbst Transparenz.

Kommentare aus der Community

Thorsten am 13.12.2018 um 15:41 Uhr

Fragwürdig finde ich es schon deshalb, weil hier eine Seite ohne Impressum und validen Kontakt gibt. Schon alleine aus dem Grunde, würde ich die Informationen auf der Seite wenn überhaupt nur als „Information“ denn als Wegweiser nutzen.

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